Jaegerin der Daemmerung
ließ Mikhail ihn auf telepathischem Weg wissen.
Lass die Frauen fünf Minuten mit ihr alleine, alter Freund, und die Anarchie bricht über uns herein.
Mikhail wurde wieder ernst. Was ist mit Razvan?
Der Junge trägt mehr Ehrgefühl als Verstand in sich.
Der Junge ist älter als du, konnte Mikhail sich nicht zu erwähnen verkneifen.
Er hat viel durchgemacht, aber er ist kein Verräter. Nicht mehr oder weniger als ich. Nach einer kurzen Stille hob Gregori den Blick und sah mit seinen silberfarbenen Augen zum Prinzen, der zugleich sein ältester Freund war. Als Lara voller Angst in meine Augen starrte, wusste ich, dass sie Xavier kannte. Wir tragen dasselbe Erbe in uns, sind gebrandmarkt, weil wir uns mit etwas abgegeben haben, das wir hätten in Ruhe lassen sollen.
Beiden war klar, dass es sich um eine Entschuldigung handelte.
Mikhail schlug Gregori freundschaftlich auf die Schulter. Das war vor langer Zeit, wie so viele Dinge, und am Ende ist es gut ausgegangen.
Das zumindest hat Razvan gesagt.
Als Gregori einen Schritt auf Ivory zuging, wich sie zwar nicht zurück, doch ein wachsames Funkeln trat in ihre Augen, und ihr Körper versteifte sich, so als rechnete sie insgeheim mit einem Angriff. Mit der respektvollen Geste karpatianischer Krieger umfasste der Heiler Ivorys Unterarme. »Kulkesz arwaval —joηesz arwa arvoval - Geh mit Stolz und kehre mit Ehre zurück.«
Ohne ihre Antwort abzuwarten, tat Gregori dasselbe bei Razvan. »Kulkesz arwa-arvoval, ekäm - Geh mit Stolz, mein Bruder. Wir haben erst vor Kurzem erfahren, dass Xavier noch lebt, und wissen vermutlich viel weniger über ihn als ihr beide. Doch falls ihr Interesse an unserem Wissen habt, so teilen wir es gerne mit euch.«
Anders als Razvan konnte Ivory ihr Unbehagen nur schwer überspielen. Sie rückte von Gregori ab und warf besorgte Blicke in den immer heller werdenden Himmel.
Razvan nahm Ivorys Hand und führte sie langsam von den anderen weg. »Wir werden uns wiedertreffen«, sagte er, überzeugt davon, dass es so kommen würde. Es würde ein wenig dauern, bis Ivory begriff, dass sie, indem sie den Jungen gerettet hatte, wieder Teil der karpatianischen Welt geworden war. Gregori und die anderen würden zu ihr aufsehen, sie als eine gleichwertige Kriegerin und, was ihren ärgsten Feind betraf, als eine schier unerschöpfliche Wissensquelle betrachten.
Er konnte spüren, wie sie sich innerlich immer mehr zurückzog. Nach außen blieb sie unverändert gelassen und freundlich, wenn auch distanziert, doch innerlich zitterte sie wie Espenlaub. Immer weiter zog er sie von den anderen fort, übernahm damit die alleinige Verantwortung für ihren Abgang. Es war ihm einerlei, was die anderen von ihm dachten. Er hatte schon vor Urzeiten gelernt, mit Verdammnis zu leben. Er war der am meisten verachtete lebende Karpatianer überhaupt, sogar noch geringer eingestuft als die Vampire. Obwohl Mikhail und Gregori entschieden hatten, ihm freundlich zu begegnen, war ihm das Misstrauen in den Augen der anderen nicht entgangen. Weder wollte er noch hatte er es nötig, dass die anderen ihn akzeptierten - mit Ausnahme von Ivory.
Lauf in die entgegengesetzte Richtung, in der unser Zuhause liegt. Der Schnee wird unsere Fußabdrücke verwischen, aber es wäre ein Leichtes, der Spur unseres Blutes zu folgen. Sobald wie möglich halten wir an, um unsere Wunden zu schließen.
Razvan achtete kaum darauf, was sie sagte. Er hörte nur unser Zuhause. Sein Magen machte einen Satz. Zuhause. Unser Zuhause. Die Vorstellung war beruhigend und Furcht erregend zugleich. Als er seinen Blick durch das dichte Schneetreiben auf sie richtete, sah er, dass sie das Gesicht von ihm abgewandt hatte. Die Art und Weise, wie sie durch den Schnee glitt, erinnerte mehr an eine Eisprinzessin als an eine legendäre Jägerin.
Im Schutz einer Baumgruppe machten sie Rast und suchten sich selbst nach Parasiten ab. Jede noch so kleine Wunde und jeder Kratzer wurde verschlossen. Am meisten hatten ihre Beine gelitten.
»Die Attacken der Fledermäuse sind am effektivsten, wenn sie auf dem Boden sind«, erklärte Ivory.
Razvan schaute zu ihr hinüber, obwohl Ivory seinem Blick geflissentlich auswich. Als er erkannte, warum sie sich so verhielt, machte sein Herz einen Hüpfer: Sie war nervös. Die Vampirjägerin, die mit allen Wassern gewaschene Kriegerin war nervös, nur weil sie mit ihrem Seelengefährten alleine war. Er hatte nicht gedacht, dass sie noch unsicherer sein könnte als
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