Jaegerin der Daemmerung
kurz hinter dir. Es könnte eine Falle sein.
Ich spüre Kinder. Blut. Terror. Das Rufen der Wölfe. Das war Mikhails Art, ihm mitzuteilen, dass er nicht warten würde.
Während Mikhail flog, gesellte sich erst zu seiner Rechten und dann zu seiner Linken eine Eule. Er erkannte beide: Razvans Schwester Natalya und ihr Seelenpartner Vikirnoff. Keiner von ihnen stellte Fragen, während sie so schnell wie möglich auf die um Hilfe rufenden Wölfe zueilten. Über ihnen braute sich ein Sturm zusammen - ein Sturm, in dem heiße Wut mitschwang. Gleißend weiße Lichtflecken erleuchteten die Ränder der Wolkenformation. Eisspeere regneten herab in dem Versuch, die fliehenden Tiere aufzuhalten.
Ein Vampir, stellte Mikhail fest. Er verfolgt das Wolfsrudel und was auch immer sie beschützen. Obwohl er bereits so schnell flog, wie es ihm möglich war, versuchte er, noch schneller vorwärtszukommen, und ließ dabei die anderen hinter sich.
Mikhail, zischte Gregori mit warnendem Unterton. Wir wissen doch gar nicht, was uns erwartet.
Ich glaube, das ist klar. Mikhail, der dem Grollen seines Leibwächters keine Beachtung schenkte, flog tiefer unter die Bäume, als das herabfallende Eis sogar durch die dichten Kronen drang.
Ein Wolf heulte auf. Ein Kind schrie. Eine Frauenstimme kreischte. Mikhail konnte sie jetzt deutlich hören.
»Nehmt die Kinder. Lasst uns zurück, dann seid ihr schneller«, ertönte die Stimme eines Mannes. »Wir werden versuchen, ihn aufzuhalten.«
Als das Rudel antwortete, war Mikhail sich nicht sicher, ob es zustimmte oder protestierte. Der Wind steigerte sich zu einem schrillen Heulen, fuhr mit der Kraft eines Hurrikans durch die Bäume und entwurzelte dabei einige. Als diese gegen andere geschleudert wurden, fielen noch mehr Bäume wie in einer Dominoreihe um - in Richtung der Flüchtenden.
Die Kraft des kalten Windes schleuderte die drei Karpatianer zurück in den Himmel, in den Eisregen. Als Mikhail etwas Spitzes am Arm spürte, verwandelte er sich in Dunst, obwohl er dadurch nicht mehr so schnell vorankam. Der Sturm legte noch an Stärke zu und lud dabei Unmengen von Schnee ab, bis ein Fortkommen in der Luft unmöglich wurde.
Am besten, wir landen und laufen ihnen entgegen.
Gregori, der in der Zwischenzeit aufgeholt hatte, brummte Unverständliches. Vikirnoff nahm schweigend zur Kenntnis, dass der Prinz auf der Erde landete, und postierte sich so, dass er ihn schützen konnte, während sie weiterliefen. Natalya bildete die Nachhut, um einen Angriff von hinten zu verhindern.
Dieses Rudel Wölfe ist anders als die anderen, bemerkte Vikirnoff irgendwann. Und sie benutzen den alten Pfad, um alle um Hilfe zu rufen. Und sie rufen uns, nicht ihre Artgenossen.
Das müssen die Wölfe sein, die zu Ivory Malinov gehören, erklärte Mikhail.
Er hatte Natalya längst die Nachricht überbracht, dass ihr Zwillingsbruder noch lebte und dass es ihm gelungen war, sich aus Xaviers Kerker zu befreien. Zusammen mit Gregori hatte er sie über alles informiert, was sich zugetragen hatte. Auch dass Gregori der Überzeugung war, dass Razvan nur dann Gewalttaten verübt hatte, wenn Xavier die Kontrolle über seinen Körper oder sein Bewusstsein übernommen hatte. Wie ein Lauffeuer hatte sich die Nachricht von Ivorys und Razvans Wiederauftauchen unter dem karpatianischen Volk verbreitet - und dass sie Seelenpartner waren.
Mikhail wusste, dass die meisten Karpatianer Razvan mit Misstrauen begegneten, allen voran Vikirnoff, der in der Vergangenheit Natalya unzählige Male vor ihrem Bruder beschützt hatte. Es war für Natalya schwer gewesen, den Verlust ihres Bruders zu akzeptieren. Und nun waren beide besorgt. Mikhail konnte jedoch nichts weiter tun, als immer wieder zu betonen, dass Razvan zu Unrecht einen schlechten Ruf genoss, dass er nicht der Kriminelle und Verräter war, für den ihn die karpatianische Welt hielt, aber ihm war klar, dass jeder sich sein eigenes Bild von dem Mann machen musste.
Ich kann keinen Karpatianer wittern, weder männlich noch weiblich. Vikirnoff lief in exakt demselben Tempo wie der Prinz, um ihn zu beschützen, während er sich zwischen den verschneiten Bäumen durchschlängelte. Wie kann es sein, dass die Wölfe uns verstehen und mit uns in Kontakt treten können? Wie kommt es, dass sie so schwere Lasten auf ihrem Rücken tragen und dennoch so schnell laufen können?
Scheint, als wären sie ein Teil unseres Volkes. Mikhail, der keine Erklärung für dieses eigenartige Phänomen hatte,
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