Jägerin der Dunkelheit - Feehan, C: Jägerin der Dunkelheit - Shadow Game (Ghost Walkers # 1)
Unwetter losgefahren bist und mich abgeholt hast. Es tut mir leid, dass ich dich aus den Federn geholt habe, aber ich war hoffnungslos übermüdet und ich wollte nicht die ganze Nacht über in der Firma bleiben.«
»Ich bin froh, dass du mich angerufen hast, Miss Lily. Wir haben uns alle Sorgen um dich gemacht. Warum haben so viele Wächter den Wagen durchsucht? Das haben sie doch sonst nie getan.« Der Chauffeur drehte sich zu ihr um und sah sie mit einer hochgezogenen Augenbraue an, verkniff es sich aber, auch nur ein einziges Wort über das Verschwinden und Wiederauftauchen der klatschnassen Wagen in der Garage zu verlieren.
»Tut mir leid, John, es geht um eine streng geheime Angelegenheit, eine militärische Verschlusssache.« Sie schlüpfte aus dem Wagen und wankte vor Ermattung. Sie konnte den Wind hören, der an den Garagentoren rüttelte, und ein Schauer überlief sie. »Was für eine grässliche Nacht.«
Er warf einen Blick auf sie, als er die Fahrertür öffnete. »Du hast heute nichts gegessen, stimmt’s? Nicht einen einzigen Bissen.«
Lily beugte sich vor und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn. »Hör auf, dir solche Sorgen um mich zu machen, John. Ich bin kein zartes kleines Mädchen, sondern eine gestandene Frau.«
»Ich habe das Gefühl, ich werde mir immer Sorgen um dich machen, Lily. Diese Geschichte mit deinem Vater … Es tut mir verflucht leid.« John schüttelte den Kopf. »Ich
dachte, sie würden ihn vielleicht doch noch finden, aber so lange Zeit würde er niemals von dir fernbleiben. Und wenn es eine Entführung gewesen wäre, um ein Lösegeld zu erpressen oder von mir aus auch irgendwelche Geheimnisse, dann hätten wir längst etwas von den Entführern gehört.«
Lily konnte die Falten des Alters in seinem Gesicht sehen, den Graustich seiner Haut. Sie legte ihre Hand auf seinen Arm. »Ich weiß, wie gern du ihn hattest, John. Es tut mir für uns beide leid.« Sein Kummer schlug ihr entgegen, tief und echt, und riss Wunden in ihre ungeschützte Seele.
Mitgefühl wogte in ihr auf, als sie ihren Chauffeur musterte. John wirkte plötzlich zerbrechlich auf sie und keinen Tag jünger, als er war. Das überrumpelte sie. Sie wollte John nicht verlieren.
»Er war mein Freund, Lily, meine Familie. Ich kannte deinen Vater schon, als er noch ein kleiner Junge war. Mein Vater hat für seine Familie gearbeitet. Ich glaube, zu der Zeit, als er in diesem Haus aufgewachsen ist, war ich sein einziger Freund. Sein Leben hier war die Hölle. Seine Eltern und Großeltern hatten eine Art Experiment durchgeführt, um ein Kind von herausragender Intelligenz zu bekommen, das Produkt ihrer Zucht mit den richtigen Genen. Er war ungeliebt, nichts weiter als ein Züchtungserfolg. Seine Eltern haben nie mit ihm geredet, es sei denn, um darauf zu bestehen, dass er fleißiger lernt. Sie haben ihm nie erlaubt, Sport zu treiben oder mit Spielsachen zu spielen. Nicht einmal der Umgang mit anderen Kindern war ihm erlaubt. Sie wollten ein hoch entwickeltes Gehirn, und alles, was er getan hat, sogar schon als Kind, sollte ausschließlich diesem Zweck dienen. Und als du … aufgetaucht bist«, sagte er, »hat sich Peter gelobt, nicht so
zu sein wie seine Eltern. Ich habe oft mit ihm über seine Vergesslichkeit geredet. Ich weiß, dass es dich verletzt hat, wenn er sich nicht an wichtige Ereignisse in deinem Leben erinnern konnte.« Er schüttelte betrübt den Kopf. »Er hat dich geliebt, Lily. Auch wenn er sich noch so seltsam benommen hat, er hat dich wirklich sehr geliebt.«
Aber Peter Whitney war wie seine Eltern gewesen. Genauso wie seine Eltern. Er war in ihre Fußstapfen getreten, bis ihm etwas die Augen geöffnet hatte. Lily schlang ihre Arme um John, als er aus dem Wagen stieg, und zog ihn an sich. »Weiß jeder in diesem Haushalt, dass ich nicht seine leibliche Tochter bin?«
John Brimslow zuckte zusammen und riss den Kopf zurück, um finster auf sie hinunterzublicken. »Wer hat dir das gesagt?«
»Er selbst«, sagte sie. »In einem Brief.«
Er fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht und packte dann ihre Arme. »Du hast Peter alles bedeutet.« Er räusperte sich. »Und mir auch. Uns allen. Du hast Sonnenschein in unser Leben gebracht, Lily. Rosa konnte nie eigene Kinder bekommen. Arly ist mit zahllosen Frauen ausgegangen, aber er konnte keinen Menschen über einen längeren Zeitraum in seiner Nähe ertragen. Wir alle sind unangepasst, Lily, eine Familie von gesellschaftlichen Außenseitern. Über mich
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