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Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker

Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker

Titel: Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelynn Drake
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sonst kippte ich noch aus den Latschen.
    Doch abgesehen von meinen Schmerzen quälte mich ein sonderbares Gefühl. Ich war noch nie so angeglotzt worden. Diese kultivierten Briten begafften mich, als wäre ich ein Ungeheuer oder eine Attraktion aus einer Kuriositätenshow. Oder ein böses Wunder, wenn man bedachte, dass ich gerade noch mit dem Tod gerungen hatte. Der Keller, in den Danaus uns führte, unterschied sich gründlich von allem, was ich bisher in dieser Richtung gesehen hatte: Er war trocken und roch nicht nach Schimmel. Die Regale, die den Großteil der Wände bedeckten, quollen über vor Büchern und alten Schriftrollen. Ich wäre gern ein Weilchen dort geblieben, um in den Geschichten zu blättern, die diese Leute zusammengetragen hatten. Das meiste davon war vermutlich tendenziös und fehlerhaft, aber es wäre interessant gewesen zu erfahren, welches Bild die Menschen von den Kreaturen hatten, die sie umgaben.
    Am Ende des Raums befand sich eine massive Holztür mit eisernen Beschlägen, die mich sofort an ein altes Verlies erinnerte. Danaus musste gehörig seine Muskeln spielen lassen, als er sie öffnete. Dann tastete er rechts von der Tür nach dem Lichtschalter, und als er ihn fand, ging unter der Decke eine nackte Glühbirne an. In dem Lagerraum, der sich vor uns auftat, befanden sich diverse verstaubte Kisten und Schachteln, in denen zweifelsohne irgendwelche merkwürdigen Artefakte aufbewahrt wurden, die für diese Leute von besonderem Wert waren. Sadira betrat den Raum und runzelte die Stirn.
    „Es ist ja nur für einen Tag", beschwichtigte ich sie. „Braucht ihr Decken oder so?", fragte Danaus. „Nein", entgegnete ich mit einem leisen Kichern. Sadira, Tristan und ich waren praktisch tot, sobald die Sonne aufging. Wir brauchten solche Annehmlichkeiten nicht, obwohl es natürlich schön war, in weichen Kissen aufzuwachen. „Nur Essen für Michael und Gabriel; das wäre nett. Das hier ist nicht gerade die beste Art und Weise, den Tag zu verbringen." Er sah mich lange und prüfend an. „Sie bedeuten dir wirklich etwas", murmelte er dann, als könne er es nicht glauben. „Sehr viel sogar", entgegnete ich matt und betrachtete meine Engel. „Ich bin doch kein Ungeheuer! Ein Teil von mir ist immer noch menschlich, das hast du selbst gesagt." Ich war zu müde, um gegen die falschen Vorstellungen aufzubegehren, die er von Nachtwandlern hatte.
    Da erschien James mit einem großen Korb in der Tür. Ich trat zur Seite, damit Gabriel ihm die Sachen abnehmen konnte. James wendete sich gleich wieder zum Gehen und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Nach der langen Nacht sah er ziemlich zerzaust aus, und seine Krawatte trug er auch nicht mehr.
    „Wenn ihr wollt, lösen wir die beiden zwischendurch ab, damit sie mal Pause machen können", bot Danaus an. „Nein!", entgegnete ich bestimmt und war augenblicklich hellwach. „Hier geht sonst niemand ein und aus." Ich drehte mich zu Michael und Gabriel um, die inzwischen begonnen hatten, den Raum zu inspizieren. „Und ihr öffnet niemandem außer Danaus die Tür. Niemandem!" Die beiden nickten mir nur kurz zu, bevor sie mit ihrer Tätigkeit fortfuhren.
    Ich trat zögernd ein paar Schritte in den Raum und drehte mich zu Danaus um, der zur Tür gegangen war und den großen Eisenschlüssel aus dem Schloss zog. Er gab ihn mir, damit ich von innen abschließen konnte. Ich fragte ihn nicht, ob es der einzige Schlüssel für diese Tür war, denn falls nicht, wollte ich es weder wissen noch von ihm belogen werden.
    „Träum was Schönes!", sagte ich und rang mir ein müdes Lächeln ab. Danaus hob langsam die Hand und strich mir eine Haarsträhne aus der Stirn. Seine herrlichen saphirblauen Augen studierten mein Gesicht, als wolle er sich meine Züge genau einprägen. „Du auch", sagte er schließlich und schloss die Tür.
    Meine Hand zitterte, als ich den kalten Schlüssel ins Schloss steckte und herumdrehte. Nach dem knirschenden Geräusch zu urteilen, das dabei ertönte, war diese Tür schon lange nicht mehr abgeschlossen worden. Ich warf Gabriel den Schlüssel zu. Michael saß in der Ecke und war schon dabei, den Proviantkorb zu durchstöbern. Es war eine lange Nacht gewesen, und ich hoffte, dass die beiden wenigstens ein bisschen Schlaf fanden, wenn sie abwechselnd Wache schoben, denn wer wusste schon, was uns als Nächstes erwartete.
    Sadira und Tristan hatten sich bereits auf den staubigen Boden gelegt und hielten sich fest umschlungen. Sie hatten die

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