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Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker

Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker

Titel: Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelynn Drake
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Augen geschlossen und waren im Begriff einzuschlafen. Wir konnten theoretisch zu jeder Tageszeit schlafen, aber wenn die Sonne aufging, hatten wir gar keine andere Wahl. Diesem Wechselspiel waren wir alle unterworfen: Nachts waren wir gleichsam Götter unter den Menschen, mit unseren Fähigkeiten, die ihnen unbe-greiflich waren, doch sobald die Sonne aufging, verkümmerten wir zu wehrlosen toten Körpern. Ich setzte mich auf eine Kiste, lehnte mich gegen die Wand und streckte die Beine aus. Mit vor der Brust verschränkten Armen starrte ich die gegenüberliegende Wand an. Obwohl ich hundemüde war, wollte ich die Augen nicht schließen. Ich wollte nicht, dass die Morgendämmerung kam und mir die Fähigkeit raubte, mich zu verteidigen.
    Aber sie kam natürlich trotzdem. Ich spürte, wie die Nacht ihren letzten Seufzer tat und langsam dem Tageslicht wich. Die Sonne tauchte allmählich am Horizont auf, und warme Gelb und Rosatöne eroberten Stück für Stück den grauen Himmel, wie ich es in meiner Jugend so oft beobachtet hatte. Ich war zwar erst mit fünfundzwanzig wiedergeboren worden, aber meine Erinnerungen an die Morgenröte stammten allesamt aus meiner Jugendzeit. Es war immer herrlich gewesen, an den Strand zu gehen und zu beobachten, wie die Sonne langsam aufging und ihre Strahlen über das Meer schickte, während die Schreie der Möwen den Himmel erfüllten.
    Als es draußen hell wurde, verkrampfte sich mein ganzer Körper in dem Bemühen, meine Kräfte zu halten. Aber trotz aller Anstrengung verließen sie mich Stück für Stück und versickerten in der Erde. Das Letzte, was ich spürte, als mir die Augen zufielen, war die intensive, schützende Wärme von Danaus, der vor der Tür Wache hielt. Mit dem letzten bisschen Kraft, das ich noch hatte, versuchte ich, meine Sinne auszubreiten, um diese Wärme in mich aufzunehmen. Ich musste mich einmal mehr über den Jäger wundern. Er hätte Tristan und mich einfach im Wald zurücklassen können, wo ich langsam verblutet wäre, und währenddessen hätte er zu Themis zurückkehren können, um Sadira zu vernichten. Obwohl er mich und meinesgleichen für die Wurzel allen Übels hielt, hatte er mich bereits zwei Mal vor Rowe gerettet und beschützte mich nun, in meinen schwächsten Stunden, sogar vor seinen eigenen Leuten.

23
    Mit einem Angstschrei auf den Lippen schlug ich die Augen auf. Ich war wieder in Machu Picchu gewesen, und Nerian hatte sich mit dem Messer in der Hand über mich gebeugt. Diesmal hatte ich auf dem Intihuatana-Stein gelegen, und er hatte mir das Herz aus dem Leib schneiden wollen. Es dauerte einen Moment, bis ich wieder zu mir kam. Ich blinzelte mehrmals und sah Michael vor mir, der mein Gesicht in seinen warmen Händen hielt, doch ich wich vor ihm zurück und drückte mich an die kalte Wand. Sadiras sorgenvoller Blick lastete schwer auf mir. Ich konnte ihr die Beunruhigung nicht verdenken. Ich sollte sie beschützen, doch ich wurde langsam von Albträumen in den Wahnsinn getrieben, die ich eigentlich gar nicht haben sollte.
    „Ich dachte, du hättest die Albträume hinter dir gelassen", sagte sie. Ihre Stimme war so weich und sanft, dass ich unwillkürlich an einen Flanellschlafanzug denken musste. Sie stand mit Tristan an der Tür, der den Arm um ihre schmalen Schultern gelegt hatte. Er war so starr und regungslos wie eine Statue geworden, während er danach trachtete, sich Sadira mental zu entziehen, doch ich sah kurz Besorgnis in seinen Augen aufflackern. „Sie sind wieder da", entgegnete ich. Es überraschte mich nur mäßig, dass sie sich bei Jabari nach mir erkundigt hatte. Ich sprang von der Kiste herunter und zuckte schmerzerfüllt zusammen. Die Verletzungen waren zwar weitgehend verheilt, doch etwas angeschlagen war ich immer noch. „Aber egal. Das geht auch wieder vorbei. Wie spät ist es?"
    „Zwei Stunden nach Sonnenuntergang." Ich hätte beinahe laut geflucht. Ich war zwar nicht gerade eine Frühaufsteherin, aber so lange hatte ich noch nie geschlafen. Die wiederkehrenden Albträume und die Verletzungen hatten mich ziemlich ausgelaugt, und die Erschöpfung zwang mich, länger zu schlafen. Dadurch war ich nicht nur anfällig für Angriffe von Menschen und Naturi, sondern auch für die von anderen Nachtwandlern.
    „Verschwinden wir von hier." Ich streckte auffordernd die Hand aus, und Gabriel warf mir den Schlüssel zu. Er sah ein wenig zerknittert und müde aus, aber sonst ganz in Ordnung. Michael trug den Arm nicht mehr in der

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