Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker
und unbekannten Bands aus. Abgesehen davon war der Campus ein hervorragender Futterplatz für Nachtwandler. „Soll ich sie rufen?" „Nein, sprich nach dem Konzert mit ihr und erklär ihr alles. Sie soll dir helfen, den Frieden zu wahren."
Die beiden sahen sich zwar überhaupt nicht ähnlich, aber weil sie beide hellblonde Haare hatten, nannte ich sie oft meine „Doublemint Twins". Amanda war nicht einmal fünfzig Jahre alt, aber sie fühlte sich in der Vampirwelt so wohl wie ein Fisch im Wasser und schien nicht die Schwierigkeiten zu haben, mit denen viele ihres Alters zu kämpfen hatten. Ich hatte keine Ahnung, wer ihr Schöpfer war. Sie war vor zehn Jahren einfach in meinem Revier aufgetaucht und hatte sich gleich ganz wunderbar eingefügt. Mit ihrem heiteren und zugleich absolut brutalen Wesen hatte sie natürlich rasch einen besonderen Platz in meinem Herz erobert. Trotz ihrer jungen Jahre hatte sie die jüngeren Nachtwandler gut im Griff. Wenn Knox mein Stellvertreter war, dann hatte Amanda ganz diskret den Posten der Sicherheitschefin erobert.
„Und was ist mit dem Schlächter?" „Er verschwindet aus meinem Revier, bevor ich gehe."
Ich hatte noch nicht entschieden, was ich mit dem Jäger machen würde, aber ich wollte ihn auf keinen Fall in der Stadt lassen. Es war schwierig: Einerseits war er zu gefährlich, um am Leben zu bleiben, andererseits aber zu wichtig, um getötet zu werden. Ich wartete immer noch darauf, in welche Richtung der Zeiger letztlich ausschlagen würde.
Knox öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch in diesem Moment klopfte es. „Bring ihn rein!", rief ich und erhob mich rasch. Ich hatte gespürt, dass der Türsteher im Anmarsch war, und wusste, dass er nur aus einem einzigen Grund kam: Mein Gast war eingetroffen. „Pass gut auf und benutz deinen Verstand!" Knox erkannte an meinem Ton, dass unser Gespräch damit beendet war. Er reagierte mit einem knappen Nicken und verließ den Raum, als Barrett Rainer hereinkam.
Angesichts seiner breiten Schultern und seiner stämmigen Statur verwunderte es eigentlich nicht, dass Barrett Rainer ein Werwolf war. Der Mann war ein gut hundertdreißig Kilo schweres Muskelpaket, aber er bewegte sich mit der Anmut eines Raubtiers. Was die meisten jedoch überraschte, war, dass er der Anführer eines der mächtigsten Rudel des Landes war. Das Rudel von Savannah war zwar nicht das größte - das von Montana war ihm zahlenmäßig überlegen -, aber seine Mitglieder waren mit aller Sorgfalt aufgezogen und ausgebildet und manche auch wegen ihrer Stärke, Schnelligkeit und Intelligenz aufgenommen worden.
Und an der Spitze der Truppe stand Barrett Rainer mit seinem goldbraunen Haar und den kupferfarbenen Augen. Wie seine Vorgänger war er von Geburt an auf seine jetzige Rolle vorbereitet worden. In dieser Hinsicht stellte das Rudel von Savannah eine Ausnahme dar: Es war von Anfang an immer von einem Abkömmling der Rainers angeführt worden.
Es war diese Beständigkeit, die es mir ermöglicht hatte, das Verhältnis zu den Lykanthropen in der Region zu verbessern. In den meisten Fällen kamen Nachtwandler und Gestaltwechsler nicht gut miteinander aus, weil jede Seite versuchte, ein Territorium ganz für sich zu erobern. Nur durch ständige Verhandlungen mit Barrett, seinem Vater und seinem Großvater war es mir gelungen, einen dauerhaften Frieden zu erreichen. Was nicht heißen soll, dass es nicht gelegentlich zu Reibereien kam, doch zumindest hatten wir bei uns, wie es in anderen Regionen der Welt der Fall war, keine heimlichen Kämpfe und Spannungen, die den Waffenstillstand gefährdeten.
Barrett fuhr sich mit seinen Wurstfingern durchs Haar und zerzauste es nur noch mehr. Er trug einen grauen Anzug, aber keine Krawatte, und die oberen beiden Knöpfe seines Hemds waren offen. Es war kurz vor zwei Uhr. So schnell, wie er hergekommen war, hatte ich ihn vermutlich erwischt, als er im Begriff war, sein Restaurant Bella Luna auf der anderen Seite der Stadt zu verlassen.
„Du siehst furchtbar aus", sagte er, als die Tür hinter Knox ins Schloss fiel. „Danke für das Kompliment", entgegnete ich grinsend. „Du siehst auch nicht gerade frisch aus." „Vor ein paar Nächten war Heumond. Wir sind alle noch ein bisschen kaputt." Barrett zuckte mit den Schultern, doch selbst diese kleine Bewegung wirkte ein wenig steif und langsam.
Genau kannte ich mich nicht damit aus, aber der Heumond war der Vollmond nach der Sommersonnenwende und hatte bei allen
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