Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker
Das war alles Tierblut." „Sie testen verschiedene Orte aus", überlegte ich laut, während ich meinen Blick über die Fotos schweifen ließ. „Was soll das heißen?"
Ich grinste. „Das ist alte Magie. Man sollte doch meinen, dass du dich ein bisschen mit alter Magie auskennst, Danaus", sagte ich spöttisch. „Mit dem nächsten Opfer wird das Siegel gebrochen, und dazu brauchen sie so viel Macht, wie sie bekommen können. Da Aurora in der anderen Welt festsitzt, müssen sie möglichst viel Energie von der Erde beziehen. Und deshalb müssen sie den Ort mit der größten Aufladung finden. Also testen sie die verschiedenen Orte mit kleineren Zaubern und versuchen, den besten Ort zu finden." „Aber Danaus sagte, es gebe insgesamt drei Opfer", warf James ein und zog die Augenbrauen zusammen. „Wenn wir sie nicht aufhalten. Das erste diente sozusagen dazu, die Pumpe betriebsbereit zu machen und die Energie aus der Erde zu holen. Mit dem zweiten wird das Siegel gebrochen, und das dritte öffnet das Tor."
„Und du glaubst nicht, dass sie einen der Orte benutzen werden, die mit den Symbolen gekennzeichnet sind?" „Nein, dann hätten sie ihre Spuren verwischt. Sie hätten das Blut entfernt und den Zauber beendet. Konark wurde benutzt, und die anderen sechs wurden markiert." „Also gibt es nur fünf Möglichkeiten: Stonehenge, Machu Picchu, Dead Vlei, Abu Simbel und die Osterinsel", las James von seiner Liste ab. „Nimm sofort Kontakt zu Themis auf', sagte Danaus. „Sie sollen Leute an diese Orte schicken."
Dann richtete der Jäger seinen grimmigen Blick auf mich, und spätestens jetzt waren die Heiterkeit und Unbeschwertheit dahin, die uns zuvor den Abend versüßt hatten. Ich seufzte. „Wir müssen Sadira finden, und zwar schnell." Wir konnten nicht untätig dasitzen und darauf hoffen, dass Jabari Rowe aufspürte. Wir hatten keine Zeit mehr. Wenn die Naturi so intensiv nach einem Ort suchten, stand die nächste Opferung wahrscheinlich unmittelbar bevor. Mich machte allerdings stutzig, dass bis zum nächsten Neumond noch fast eine Woche vergehen würde. Ich ahnte, wann sie zuschlagen wollten, aber um mir Gewissheit zu verschaffen, brauchte ich Sadira. „Wartet!", rief James und sprang auf. „Ich kann euch helfen!"
Mit der Hand am Türpfosten drehte ich mich zu ihm um. „Geh zurück zu Themis, James Parker. Geh zurück und warne die anderen!" Meine Stimme klang plötzlich furchtbar matt. Ich hatte Mitleid mit diesem jungen Mann, der sein Leben dem Studium der Kreaturen verschrieben hatte, die in der Finsternis lauerten. Das war einer der größten Unterschiede zwischen Naturi und Nachtwandlern: Im Gegensatz zu den Naturi empfanden wir gelegentlich Mitleid.
16
Wir fuhren mit dem Taxi zurück zum Hotel. Neben Danaus in den Rücksitz des dunklen Wagens geschmiegt, breitete ich meine Kräfte aus und versuchte zum ersten Mal seit fast fünfhundert Jahren, Sadira zu finden, was mir eigentlich nicht hätte schwerfallen sollen. Bei jedem anderen Vampir dauerte es länger, bis meine Kräfte sich zu ihm vortasteten und ich ihn schließlich aufspürte. Aber mit Sadira verhielt es sich anders. Sie war meine Schöpferin. Unabhängig von Zeit und Ort sollte ich eigentlich immer direkt Verbindung mit ihr aufnehmen können. Ich hätte sie sofort finden müssen. Meine Kräfte hätten von ihr angezogen werden müssen wie ein Blitz vom Blitzableiter, aber es fühlte sich an, als existiere sie gar nicht. Doch wenn sie tot gewesen wäre, hätte ich das gewusst. Ich hätte es gespürt.
Irgendetwas stimmte nicht. Erst Jabari, und nun Sadira. Alle anderen Nachtwandler konnte ich spüren, aber ausgerechnet die zwei nicht, die von besonderer Bedeutung waren.
„Sind Naturi in der Stadt?", fragte ich Danaus. Er antwortete nicht gleich, und die Stille in dem schmuddeligen Wagen wurde nur ab und zu von den kratzigen, verzerrten Stimmen im Taxifunk durchbrochen. Ich schaute aus dem Fenster und sah mir die Häuser und Geschäfte am Straßenrand an, während wir uns der Themse und dem Savoy Hotel näherten, das nicht weit vom Bahnhof Charing Cross entfernt war.
„In der unmittelbaren Umgebung nicht." Als Danaus die Stimme erhob, war es, als erwachten wir aus einem Traum. „Eher irgendwo am Stadtrand." „Du weißt es nicht genau?" Ich taxierte ihn aus dem Augenwinkel. „Es ist schwierig", sagte er mit verkniffener Miene. „Es ist, als wäre alles von dichtem Nebel verhüllt." Er klang frustriert. „Das liegt an dieser Insel!" Ich
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