Jägerin der Nacht 03 - Dawnbreaker
holte tief Luft, nahm all meine Kräfte zusammen und versuchte, einen Feuerball zu erschaffen, der über der Senke schweben sollte. Stattdessen bekam ich zwanzig Bälle aus tosenden, prasselnden Flammen überall auf dem Plateau verteilt.
„Holla", murmelte ich. Eigentlich hatte ich so was Ähnliches wie „Ach du Scheiße!" auf Altgriechisch sagen wollen, aber mein Mund versagte mir den Dienst. Ich starrte auf die flackernden Feuerbälle im Fußballformat. Das war schon etwas anderes als die niedlichen, tennisballgroßen Leuchtfeuerchen, die ich normalerweise produzierte. Natürlich zapfte ich auch gerade zwei Kraftquellen zugleich an, und beide suchten nach einem Ventil. Die Macht der Erde war mir zwar sofort in den Leib geflossen, konnte mich aber nicht entzweireißen, weil ich mich gleichzeitig immer noch großzügig an der Seelenenergie in der Umgebung bediente. Ich konnte nur hoffen, dass die Naturi nicht auf die Idee kamen, erst mal das Dorf in der Nähe auszulöschen, bevor sie sich um uns kümmerten.
Danaus warf mir einen düsteren Blick zu, behielt seine sarkastischen Kommentare aber klugerweise für sich. Er hatte in den letzten Tagen genug Zeit mit mir verbracht, um zu wissen, dass ich das nicht mit Absicht gemacht hatte. Gemeinsam mit ihm und Stefan ging ich darauf zu, blieb aber in ein paar Metern Entfernung stehen, weil ich nicht den Wunsch verspürte, mich noch näher heranzuwagen. Das Tor war nicht mehr als ein lang gezogener Kreis von etwa einem Meter Durchmesser, der ein Stück in den Boden eingesunken war und sich durch den üppigen grünen Grasbewuchs vom Schotter und den Felsen der Umgebung abhob.
„Wie schließen wir dieses Tor?", erkundigte sich Stefan. „Gar nicht", sagte Cynnia und trat einen halben Schritt zurück. Ich tat es ihr gleich. Die Nähe zum Kraftfluss jagte mir Schauer über die Haut, als ob Tausende von Ameisen unter meiner Kleidung marschierten. Sie reckte die Arme über das Tor, als würde sie sich die Hände über einem Feuer wärmen. Ich zweifelte nicht daran, dass sie den Lockruf der herausströmenden Energie spüren konnte, aber bis jetzt hatte sie sich im Griff. „Man kann es nur blockieren, sodass die Naturi es nicht benutzen können", erklärte sie.
„Schnappt euch ein paar von den großen Steinen aus den Ruinen und stapelt sie über der Öffnung. Schichtet sie zu einer Pyramide oder so auf. Ist mir egal!", schrie ich. Ich packte Cynnia an der Schulter und zog sie von der Öffnung weg. Um sie und die in Hülle und Fülle vorhandene Kraft musste ich mir keine Sorgen machen, selbst wenn die eisernen Handschellen ihre Fähigkeit, Magie einzusetzen, eigentlich blockieren sollten. Ich bezweifelte ernsthaft, dass das Eisen ihre Kräfte völlig ausschaltete, besonders in Anbetracht der Energiemenge, die hier in der Luft lag.
„Und die Naturi werden sie nicht einreißen?", fragte Danaus scharf, offenbar nicht länger in der Lage, seinen Sarkasmus zu zügeln. „Sicher werden sie das, aber nicht vor Neumond, hoffe ich", knurrte ich den Jäger an. „Schaff einfach ein paar Jungs von Themis hierher, die sie tagsüber bewachen."
Danaus öffnete den Mund zu einer Erwiderung, die mir aber dank eines Naturi-Pfeils, der durch die Luft gesaust kam, erspart blieb. Er konnte gerade noch den Kopf zurückreißen, um dem Minipfeil mit der Giftspitze auszuweichen.
Drei Naturi mit Pistolenarmbrüsten erklommen das Plateau als Erste und feuerten dabei Bolzen ab, die ihre Opfer lähmen sollten, bevor sie ihnen den Todesstoß versetzten. Ich wich zwei auf mein Herz gezielten Geschossen aus und leerte den Browning in die drei Angreifer, bevor sie dazu kamen, zur nächsten Angriffsphase überzugehen. Die Naturi waren übel zugerichtet, atmeten aber noch.
Ich war einfach eine erbärmliche Schützin - es wurde Zeit, dass ich endlich mal zielen lernte. Mit einem dumpfen Aufschlag warf ich die leere Pistole zu Boden, zog mein Kurzschwert aus der Scheide und rannte zu ihnen. Ein paar rasche Hiebe später kullerten ihre Köpfe von den Leibern, und ich war mit einem frischen Blutanstrich versehen.
Ein Wimmern am Rand des Plateaus erregte meine Aufmerksamkeit. Cynnia stand dort hinter Shelly und lugte der Hexe über die Schulter. Ihre weit aufgerissenen grünen Augen schimmerten im Schein des Feuers. Einen Augenblick lang spürte ich tief in mir eine gewisse Befriedigung. Endlich sah sie mich als das Monster, das ich in Wirklichkeit war, als die Albtraumgestalt, die seit unzähligen
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