Jägerin der Nacht 03 - Dawnbreaker
Ausnahme.
Während ich in Danaus' Schoß lag, schloss ich die Augen und konzentrierte mich auf die unterschiedlichen Energien, die ich jetzt in mir, um mich herum und durch mich hindurchströmen fühlte. Da war zum einen die Seelen- oder auch Blutmagie, die Grundlage meiner Existenz. Sie war kühl und beruhigend und erfüllte mich ganz, während sie die Wunde an meinem Herzen schloss. Außerdem umflossen mich Danaus' Kräfte, umsichtig und besorgt, ohne sich den Weg in meinen geschwächten Leib zu bahnen. Er verharrte an der Außenseite und wartete auf Einladung oder doch zumindest auf Anzeichen dafür, dass meine Wunde nicht so heilte, wie er es erwartete.
Und ich konnte nun auch die Kraft der Erde spüren, die warm und hell aus der Tiefe in mich hineinströmte. Die Energie pulsierte um mich herum und in meinem Inneren, als hätte sie einen eigenen Herzschlag. Die Macht schien mich genauso schnell wieder zu verlassen, wie sie hereinfloss, als ob sie erkannt hätte, dass sie sich in eine Tote verirrt hatte.
„Mira?", fragte Stefan brüsk mit seiner kalten Stimme und brachte mich damit wieder zurück in die Gegenwart und die Zwickmühle, in der ich mich befand. Ich schlug die Augen auf und sah, dass er Cynnia an den Haaren gepackt hielt und ihr die Messerklinge so heftig an die Kehle drückte, dass ihr ein blutiges Rinnsal über den Hals rann. Einen Augenblick zögerte ich und fragte mich, ob wir sie weiterhin am Leben lassen mussten. Sie hatte mein Problem mit der Erdmagie gelöst, und ich hatte den Eindruck, dass ich jetzt von Shelly lernen konnte, wie man diese Magie einsetzte. Außerdem hatte ich den Verdacht, dass auch eine lebendige Cynnia gegenüber Rowe als Faustpfand nicht ausreichen würde, um ihn davon abzuhalten, das Opfer durchzuführen. In dieser Hinsicht musste ich mich auf Nyx verlassen.
„Ich wollte dich nicht umbringen!", weinte Cynnia, als ich mich weiterhin nicht rührte. „Du brauchtest eine Verbindung zur Erde. Nachtwandler verlieren diese Verbindung, wenn sie wiedergeboren werden. Ihr seid ganz und gar Geschöpfe der Seelenmagie und der Bori." Ich spürte, wie Danaus unter mit zusammenzuckte, als die Sprache auf die Bori kam, dennoch rührte er sich nicht und sagte kein Wort. Es gab immer noch einiges, was der Jäger und ich über unsere jeweilige Herkunft zu diskutieren hatten, aber jetzt war nicht der Moment dafür.
„Und Blut, das direkt aus meinem Herzen in die Erde floss, hat meine Verbindung zur Erde wiederhergestellt", sagte ich und schloss die Augen, während ich meine Kräfte zu sammeln versuchte. Die Wunde war nicht allzu tief und auch schon fast wieder verheilt. Leider hatten das Kräftemessen zwischen den beiden Energien in der früheren Phase des Kampfes und der Blutverlust mich völlig erschöpft. Ich brauchte dringend eine saftige Mahlzeit. „Kannst von Glück sagen, dass du richtig geraten hast", murmelte ich und verzog einen Mundwinkel zu einem schiefen Grinsen.
„Ich habe nicht geraten!", stieß sie hervor. „Stefan, du kannst sie loslassen. Sie hat mich nicht umgebracht", sagte ich mit müder Stimme. Als ich die Augen aufmachte, rieb sich Cynnia den Hals. Ihre rechte Hand war von meinem Blut verschmiert. „Jedenfalls habe ich nicht ausschließlich geraten", gab sie kleinlaut zu. „Mir war klar, dass du einen Weg finden musstest, der Erde dein Blut zurückzugeben. Wir mussten das Tor öffnen. Ich konnte nur hoffen, dass ich dich bei der Prozedur nicht umbringen würde."
Ich verbiss mir das Lachen und gestattete mir, die Augen wieder zu schließen. Seufzend scannte ich gewohnheitsmäßig die Umgebung, um gewissermaßen alle, auch während ich geschwächt war, im geistigen Blick zu behalten. Dabei fiel mir etwas Merkwürdiges auf. Ich spürte, wie sich Cynnia bewegte, merkte, wie sie sich von mir entfernte und zu Shelly hinüberging, um gebührenden Abstand von Stefan zu halten. Am liebsten hätte ich vor Freude losgebrüllt und gelacht wie eine Irre. Stattdessen musste ich mich damit begnügen, Danaus' Hand zu drücken und mir auf die Unterlippe zu beißen, während ich mich mit immer noch geschlossenen Augen aufrappelte.
Was?, fragte er in meinem Kopf. Ich weiß nicht, wovon du sprichst, wiegelte ich ab, aber die Worte klangen einfach viel zu begeistert. Du bist über irgendwas viel zu glücklich. Wahrscheinlich darüber, dass ich immer noch am Leben bin. Nein. Sag's mir, oder ich finde es auf eigene Faust raus, Mira, sagte er, womit er mir praktisch androhte,
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