Jägerin der Nacht 03 - Dawnbreaker
„Stimmt", nickte ich. „Weiß du noch, wie man den anderen Zugang zum Inkapfad findet?" „Ja." „Dann führe die Hälfte der Nachtwandler und Menschen den Inkapfad hinauf." „Und was machst du inzwischen?", erkundigte er sich und kam einen Schritt auf mich zu.
„Danaus und ich bringen die andere Hälfte durch den Touristenzugang hinauf, antwortete ich. „Meine Aufgabe besteht darin, dich zu beschützen, sonst nichts." Bei diesen Worten richtete sich Stefan ein wenig auf und sah mich von oben herab an. Wenn er glaubte, dass er mich beeindrucken konnte, indem er eine bedrohlichere Haltung annahm, hatte er sich wirklich geschnitten. „Wir müssen sie in die Zange nehmen", entgegnete ich. „Ihr Ziel wird darin bestehen, uns aufzuhalten, bis sie das Tor öffnen und Verstärkung durchbringen können. Du führst deine Truppe über den Inkapfad zum Haupttor. Halte dich von dort aus nach Osten; wir treffen uns vor dem Tempel des Kondors. Dort wurden früher Menschenopfer abgehalten." Ich unterdrückte ein Schaudern, als Erinnerungen an den Anblick von Menschen auf mich einstürmten, die langsam auf einem Altar zu Tode gefoltert wurden, während ihr Blut in ein Auffangbecken plätscherte.
„Werden sie dort das Tor öffnen?" „Das weiß ich nicht", gab ich zähneknirschend zu. „Ich schätze aber, dass sie es entweder dort, auf dem heiligen Platz oder auf dem Hauptplatz tun. Ich habe die Gegend, so gut ich es von hier aus kann, gescannt. Sie haben über ein Dutzend Menschen in der ganzen Stadt verteilt, deshalb kann ich mir nicht ganz sicher sein." „Ich bleibe bei dir", sagte Stefan kopfschüttelnd.
Ich trat von Cynnia weg und stellte mich dicht vor ihn. In Stefans Rücken, genau hinter seiner rechten Schulter, sah ich Danaus in Stellung gehen, aber ich wusste, dass er sich ohne mein Zeichen nicht rühren würde. Jetzt, da ich so dicht vor Stefan stand, konnte ich ihm ohne Weiteres in die Augen sehen, aber er war auch nicht gerade der Typ, der klein beigab. Wir waren beide zu sehr daran gewöhnt, unseren Willen zu bekommen.
„Du bist der Älteste hier", sagte ich, „und der Einzige, der sowohl mit der Stadt als auch mit den Naturi vertraut ist. Ich brauche einen klugen Kopf als Anführer der zweiten Gruppe." Wortlos starrte er mich an und wog meine Worte sorgfältig ab. Ich hatte die Wahrheit gesagt. Mir fiel kaum jemand anders ein, den ich die andere Bergflanke hätte hinaufschicken wollen. Stefan mochte mich vielleicht nicht, aber er hatte kein Problem damit, sich durch die Naturi zu metzeln. „Wenn wir sie in die Zange nehmen, zwingt sie das, ihre Kräfte zu dritteln, wenn sie es mit unseren beiden Truppenteilen zugleich aufnehmen und dabei immer noch den Ritualplatz bewachen wollen. So werden wir einfach mehr von ihnen vernichten können."
Er lächelte mich leise an. „Jetzt verstehe ich, warum alle so sicher waren, dass der freie Platz im Konvent dir zufallen würde. Das Befehlen scheint dir im Blut zu liegen." „Ich wollte nie einen Sitz im Konvent", fauchte ich. Aber dafür war es jetzt zu spät. Ich gehörte zum Konvent, und langsam musste ich mir das klarmachen, bevor es mich noch den Kopf kostete. Andererseits bestand meine Hauptsorge im Augenblick darin, die nächsten vierundzwanzig Stunden zu überleben, damit ich in meine eigene Domäne in Savannah zurückkehren konnte.
„In Ordnung", sagte er und lächelte so breit, dass ich seine Eckzähne deutlich erkennen konnte. Hatte ich es mir doch gedacht. Stefan kam es vor allem darauf an, die Tausendjahresmarke zu knacken. Er hatte mit Tabors verwaistem Sitz geliebäugelt und würde auch jetzt nicht zögern, meinen Platz einzunehmen, sollte ich heute Nacht im Kampf gegen die Naturi fallen.
Schmunzelnd kehrte ich ihm den Rücken zu und ging langsam zu meinem Stuhl zurück. Dort blieb ich stehen und ließ die Linke leicht auf der Lehne ruhen. „Du wirst einen hervorragenden Ältesten abgeben." Als Stefan versuchte, sich darüber klar zu werden, ob ich ihn auf den Arm nehmen wollte, verschwand augenblicklich das Lächeln aus seinem Gesicht.
„Mira." Danaus' tiefe Stimme erinnerte mich wieder an die vor uns hegende Aufgabe. Ich sah zu dem Jäger hinüber und nickte knapp. Kein weiteres Palaver. Keinen Aufschub in der Hoffnung auf ein Wunder in letzter Sekunde mehr. ,Also los." Ich war überrascht. Meine Stimme klang stark und fest, ja sogar zuversichtlich. Ich war eine bessere Lügnerin, als ich angenommen hätte. Vielleicht würde ich ja auch
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