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Jägerin der Nacht 03 - Dawnbreaker

Jägerin der Nacht 03 - Dawnbreaker

Titel: Jägerin der Nacht 03 - Dawnbreaker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelynn Drake
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eine ganz gute Älteste abgeben.
    Im Sommer 1468 sah ich die weißgrauen Felsen des Machu Picchu zum ersten Mal, über sechzig Jahre bevor die Inkas durch die spanischen Konquistadoren nahezu ausgelöscht wurden. Gerade hatten die Inkas den Bau ihrer Stadt im Himmel abgeschlossen. Mehr als vierzig Ackerfurchen wanden sich spiralförmig um die Bergflanke, und es gab eine große Anzahl reetgedeckter Häuser. Die riesigen Steine waren perfekt zugeschnitten und wie ein kompliziertes Puzzle ineinandergefügt, das von den Menschen nach einem Plan der Götter selbst zusammengesetzt worden war. Dort oben in den Wolken labten sich die Inkas am atemberaubenden Ausblick auf das große Gebirge, beteten die Sonnen an und verehrten den Mond.
    In jenem Jahr jedoch beobachtete der Inkakaiser Pachacuti voller Sorge die seltsamen Wesen, die unerwartet in das Zentrum seines Reiches in den Bergen hinabgestiegen waren. Ihr braunes Haar, die goldene Haut und die schier unglaublichen Kräfte wiesen sie schnell als mächtige Kinder des Sonnengottes Viracocha aus. Pachacuti war überglücklich, den Sonnenkindern zu Diensten zu sein, selbst wenn das Menschenopfer bedeutete. Aber diese mächtigen Wesen hatten ihn auch in eine unglückliche Lage gebracht. Sie hielten eine Tochter des Mondes gefangen. Während die Sonnenkinder es sich überall in Machu Picchu wohl sein ließen, war das Mondkind gefesselt und musste immerzu eine Augenbinde tragen.
    Tagsüber wurde ich in einer finsteren, feuchten Höhle gefangen gehalten, die mit dem Tempel des Mondes an der Bergflanke verbunden war, vor neugierigen Blicken und den bohrenden Strahlen der Sonne verborgen. Und jede Nacht, wenn ich erwachte, wurde ich zum Totenfelsen zurückgeschleppt, wo man mich folterte, bis die Dämmerung sich wieder drohend näherte.
    Jetzt, nach über fünfhundert Jahren, fand ich mich erneut im Schatten des Machu Picchu wieder und war entsetzt. Die Herberge Zur Zuflucht war das einzige Hotel in Laufweite der Inkaruinen. Die meisten Touristen reisten per Bus aus Aguas Calientes an, nachdem sie zuvor die lange Reise aus Cuzco hinter sich gebracht hatten. Bis jetzt hatte die Regierung die Erschließung der näheren Umgebung mit strengen Auflagen versehen, um die Region und die Spuren der Geschichte unbeschadet zu erhalten. Aber ich war mir sicher, dass sich das bald ändern würde. Hier entstand ein Touristenmagnet, und das Land suchte nach Wegen, um aus dem wachsenden Interesse Kapital zu schlagen.
    Stefan und ich trennten uns, sobald wir die Straße erreichten. Als mein Fuß die Erde vor der Herberge berührte, war ich nur einen Moment lang leicht irritiert, aber es gab keine Macht, die darauf wartete, sich wieder in meinen Körper zu drängen. Cynnia hatte mir meine Orientierung zwischen den verschiedenen Kräften zurückgegeben, die hier in der Luft lagen. Die Erde prickelte, bebte und dröhnte noch immer vor Energie, die sich aber nicht mehr in meinem Leib staute. Die Erdenergie pulsierte durch meinen Körper und verursachte mir ein Ziehen in den Knochen und einen pochenden Schmerz im Hinterkopf, aber das war nichts im Vergleich zu den Qualen, die ich zuvor im Palast von Knossos oder bei der Quelle in Ollantaytambo erlitten hatte.
    Als sich Stefan nach Süden dem uralten Pfad zuwandte, spürte ich, wie ein beachtlicher Teil unserer Nachtwandler-Truppen ihm zusammen mit ihren menschlichen Wächtern folgte. Die übrigen beobachteten sie schweigend und nervös aus den Schatten. Sie fühlten sich nicht wohl in der Gegenwart von Danaus und Cynnia. Sehr zu ihrem Verdruss hatten wir Shelly mit der Anweisung in der Herberge zurückgelassen, mit den ersten Sonnenstrahlen geradewegs nach Cuzco aufzubrechen und von dort aus in die Vereinigten Staaten zu reisen, ohne sich noch einmal umzudrehen. Sie hatte als Wächterin von Cynnia gute Arbeit geleistet, während Danaus und ich anderweitig beschäftigt gewesen waren, aber sie war vollkommen unfähig, sich dem kommenden Kampf zu stellen. Trotz ihrer Proteste verbot mir das mein Gewissen einfach. Und ich wusste, dass Danaus es mir ebenfalls nicht erlauben würde.
    Als ich durch den Touristenzugang trat, zog ich den Browning und die Glock unter den Achseln hervor, wobei ich mir wünschte, dass ich stattdessen mein Schwert umklammern könnte, das ich mir auf den Rücken geschnallt hatte. Kühl und schwer, wie sie waren, lagen mir die Schusswaffen aber erstaunlich gut in der Hand. Den Pistolen fehlte es vielleicht an Stil und Raffinesse,

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