Jägerin der Nacht 03 - Dawnbreaker
zu.
Das weiße Licht verblasste, und langsam kehrte mein Sehvermögen zurück. Ich sah Aurora vor uns stehen, zum ersten Mal seit über fünfhundert Jahren. Mit dem langen goldenen Haar, der tief gebräunten Haut und den majestätischen weißen Gewändern, die um sie herum im Wind tanzten, sah sie aus wie eine Sonnengöttin. Während sie mich anstarrte, breitete sich ein bösartiges Lächeln auf ihrem makellosen Antlitz aus.
Sie erkannte mich; sie wusste, wer ich war und was ich getan hatte. Dank der Kräfte von Danaus und Jabari, die mich immer noch erfüllten, spürte ich die Wut und Furcht der Naturi, die sich nun um ihre Königin scharten. Nur ein paar Dutzend von ihnen hatten es geschafft, viel weniger, als sie gehofft hatten. Zahlenmäßig waren sie uns überlegen. Aber wir hatten ihre Einfallstore geschlossen und mehr als zwanzig von ihnen getötet.
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es in der Zeit, die ich gebraucht hatte, um alle Tore zu schließen, dem gesamten Volk der Naturi gelungen sein sollte, sich zu befreien. Auf der anderen Seite mussten noch mehr von ihnen eingesperrt sein. Allerdings bezweifelte ich, dass Aurora sich um diejenigen kümmerte, die zurückgeblieben waren. Sie war frei.
28
Langsam kehrte das Bewusstsein in mein träges Gehirn zurück, dicht gefolgt von Schmerz. Mein Körper schmerzte so unermesslich, dass ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch ein Wimmern ausstieß. Dann öffnete ich widerstrebend die Augen und stellte zu meiner Überraschung fest, dass ich immer noch an Ort und Stelle war. Ich lag am Boden, und Steine bohrten sich in meinen Rücken. Um mich herum erhob sich weißgrauer Fels, also musste ich wohl immer noch auf dem Hauptplatz liegen. Der endlose schwarze Samt der Nacht erhellte sich langsam zu einem trüben Grau. Die Dämmerung nahte.
Als ich langsam den Kopf drehte, fiel mein Blick zuerst auf Sadiras leblosen Körper. Sie starrte blicklos in den Himmel, ein Pfeil ragte aus ihrer Brust. Irgendjemand hatte ihr mit einem Glückstreffer das Herz durchbohrt. Sie war schnell gestorben.
Als ich den Kopf in die andere Richtung drehte, spürte ich, wie sich etwas ausgesprochen Spitzes in meine Wange grub. Ich folgte der Spitze mit den Augen und entdeckte Rowe, der über mir stand und mein eigenes Schwert auf mich gerichtet hielt, sodass sich die Spitze in meine Haut bohrte. Wie zu erwarten war, lag ein breites Grinsen auf Rowes Gesicht. Warum auch nicht?
Schließlich glaubte er, dass er gewonnen hatte. Aber so schnell gab ich noch nicht auf. Nicht solange wie ich mich noch bewegen konnte. „Lange nicht gesehen", sagte ich leise, mit einer Stimme wie Sandpapier. Mein Hals war immer noch wund von dem Geschrei vorher. Während ich in der Hoffnung, Rowe damit abzulenken, weiterredete, streckte ich meine Kräfte aus.
Danaus war ganz in der Nähe - und am Leben. Zu meiner Überraschung war auch Jabari dicht bei mir. Der Uralte der Nachtwandler hätte sich aus dem Staub machen und im vergleichsweise sicheren Venedig im Schoß des Konvents wieder auftauchen können, sobald sich das Kriegsglück gegen uns gewendet hatte.
Stattdessen war er geblieben, aber das bedeutete nicht, dass er uns noch lange Gesellschaft leisten würde.
„Ja, es ist schon zu lange her, Prinzesschen", schnurrte Rowe. „Entschuldige, dass ich dich nie in deiner kleinen Domäne besucht habe, aber es gab wichtigere Angelegenheiten, die meine Aufmerksamkeit erforderten. Nun, das spielt jetzt alles keine Rolle mehr. Jetzt bist du mein."
„Schauen wir doch mal, ob du mich auch halten kannst", sagte ich und erwiderte sein Grinsen. Ich stemmte die leeren Hände neben mir auf den Boden und wuchtete mich langsam in eine sitzende Position. Mein ganzer Körper schrie bei dieser Bewegung protestierend auf, und ich wimmerte unwillkürlich, bevor ich es mir verkneifen konnte. Rowe begleitete jede meiner Regungen aufmerksam mit dem Schwert, jederzeit bereit, mir den Kopf abzuschlagen, wenn ich mich zu schnell bewegte.
„Was hast du jetzt mit ihr vor?" Die Stimme klang vertraut, und als ich aufsah, entdeckte ich Cynnia, die ein paar Schritte hinter Rowe stand.
Wieder zeigte sie die wunderschönen weißen Flügel, die sie halb ausgebreitet hatte, als ob sie gleich abheben wollte. Ich vermutete, dass das ein Anzeichen für Nervosität war. Der Außenseiter, auf den sie gesetzt hatte, war nun doch nicht als Erster über die Ziellinie gegangen, und plötzlich war sie wieder auf ihre eigenen Leute
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