Jägerin der Nacht 03 - Dawnbreaker
ertragen", neckte ich ihn. Tristan beugte sich vor und hauchte mir einen raschen Kuss auf die Schläfe, während seine Freude in einer stürmischen Energiewelle zu mir herüberschwappte. Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Nach über hundert Jahren bekam er endlich sein Leben zurück. Ich konnte nur hoffen, dass ich es ihm nicht nur zurückgab, damit die Naturi es ihm sofort wieder wegnahmen.
Als er sich aufrichtete, reckte er die Arme über den Kopf und blinzelte ein paarmal. Die Nacht hauchte mit einem letzten schweren Seufzer ihr Leben aus, während wir beide darangingen, uns für den Tag zur Ruhe zu begeben. Der Nachtwandler legte sich ins Bett und drehte sich dann auf die Seite, um mich ansehen zu können. „Glaubst du, dass sie sich der Familie anschließen werden?", fragte er. Ich verzog das Gesicht und ließ die Wärme und das Glück fahren, die noch wenige Augenblicke zuvor den Raum erfüllt hatten. „Ja", flüstere ich. „Das glaube ich."
Eine Familie zu gründen würde mit zugutekommen, weil es mir dabei helfen würde, meine Kontrolle über die Nachtwandler der Stadt zu festigen. Natürlich hatte die Sache einen hohen Preis. Es würde sowohl Knox als auch Amanda ins Fadenkreuz rücken, und ich fragte mich ängstlich, ob es mir gelingen würde, sie vor dem Konvent und den Naturi zugleich zu beschützen.
4
In der folgenden Nacht traf mich Danaus barfuß und von Flammen umlodert in meinem Hinterhof an. Eine dichte Wand aus Bäumen umschloss mein Haus und verbarg die Show, die ich abzog, vor den Blicken der Nachbarn. Und was für eine Show! Eine ganze Stunde lang hatte ich Feuerbälle und Flammenzungen heraufbeschworen, bis es aussah, als hätte ich einen Zusammenstoß mit einem Kometen gehabt. Ich versuchte zu wiederholen, was auf Kreta geschehen war, aber ohne Erfolg.
Im Palast von Knossos war eine derart mächtige Kraftwelle aus der Erde gestiegen, dass sie in meinen Körper gefahren war, wo ich sie einsetzen konnte, um Feuer zu erschaffen. Das war etwas anderes gewesen als meine gewöhnliche Beherrschung des Feuers. Zuvor war die Macht immer aus mir selbst gekommen, und mit der Zeit hatte sie mich restlos erschöpft. Auf Kreta hatte es eine andere Kraftquelle gegeben - die Erde.
Ich musste lernen, diese Kraftquelle anzuzapfen, wenn ich auch nur die geringste Chance haben wollte, die Naturi zu besiegen. Leider hatte ich bisher kein Glück damit.
Ich spürte Danaus' Blick auf mir, während ich Dutzende verschiedener Kampfsporthaltungen ausprobierte, die ich im Lauf der langen Jahrhunderte gelernt hatte. Ich mühte mich ab, ein ruhiges Zentrum zu finden, während ich zugleich meine Fähigkeit einsetzte. Aber im Feuer gab es keine Ruhe. Es war pure Energie, die aufblühte und lichterloh brannte, voller Leidenschaft und zügelloser Ekstase.
„Ich wette, du könntest deinen Namen schreiben, wenn du die Hand schnell genug bewegen würdest", sagte Danaus, als er nur noch ein paar Schritte von mir entfernt war. Ich warf ihm über die Schulter ein Grinsen zu und kreuzte die Hände über der Brust, während in gezackten, flackernden Buchstaben mein Name vor mir aufflammte. Er schwebte ganze fünf Sekunden lang in der Luft, bevor er endlich verlosch. „Angeberin", murmelte er und schob sich eine Haarsträhne hinters Ohr, als der Wind auffrischte.
Mein langer schwarzer Rock blähte sich im Wind, und ich ließ alles Feuer, das ich heraufbeschworen hatte, verglühen und schließlich ausgehen, bis der Hinterhof in völlige Dunkelheit getaucht war. Nur spärliches Licht fiel noch aus dem Haus auf uns, wo Tristan im ersten Stock am Computer saß. Als ich zum letzten Mal nachgesehen hatte, hatte sich der Nachtwandler mit meiner Kreditkarte in der wunderbaren Welt von iTunes ausgetobt.
„Eine Übung?", fragte Danaus. „Nicht ganz", sagte ich und betrachtete meine leeren Hände. Enttäuschung machte sich in mir breit, bis ich fast mit den Zähnen knirschte. Ich schaffte es nicht allein. Ich brauchte Hilfe. „Weißt du noch, was auf Kreta passiert ist? Als ich meine Kraft eingesetzt habe?" „Ja, die Macht der Erde hat dich überwältigt." Danaus legte den Kopf schief, als er mich ansah. Offenbar bemerkte er jetzt erst meine nackten Füße. „Das willst du also wiederholen. Mira, du konntest es nicht kontrollieren .. "
„Ich weiß, aber ich muss es lernen. Es muss einfach eine Möglichkeit geben." „Hattest du nicht gesagt, dass Nachtwandler gar keine Erdmagie ausüben oder die Erde auch nur
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