Jägerin der Nacht 03 - Dawnbreaker
rechte Knie. „Auch wenn uns die Naturi noch sosehr im Nacken sitzen, hier zu leben fühlt sich trotzdem besser an, als von Sadira herum geschubst zu werden. Ich habe mich nur gefragt, ob du mir erlauben würdest, mit jemandem eine Beziehung anzufangen."
Seit Tristan in mein Leben getreten war, hatte er mich wieder daran erinnert, dass wir körperliche Wesen waren. Jedes Mal, wenn er mir nahe war, legte er mir die Hand auf den Arm oder die Schulter. Dabei machte er sich keineswegs irgendwie an mich ran. Der körperliche Kontakt gab ihm Sicherheit, also ließ ich es zu, so gut ich es ertragen konnte. Unglücklicherweise war ich meiner eigenen Art seit langer, langer Zeit nicht mehr nahe gewesen. Ich war das nicht mehr gewohnt, und seine Berührung hatte eine zugleich beruhigende und enervierende Wirkung auf mich.
Ich stieß ein Stöhnen aus, rutschte im Sessel herum und zog die Knie unter seiner Hand weg. „Bitte sag jetzt nicht, dass es um Amanda geht", murmelte ich, während ich mir entnervt mit der Hand durchs Haar strich. „Was stimmt denn nicht mit Amanda?", fragte er heftig. „Sie ist gefährlich, Tristan. Sie hat eine gewalttätige Ader, und sie würde dich bei lebendigem Leibe auffressen. Sie ist die Alpha bei den Küken." „Warum behältst du sie bei dir, wenn sie so gefährlich ist?" „Weil sie gut darin ist, die Küken im Zaum zu halten. Sie ist zu klug, um mir dumm zu kommen. Sie weiß, dass ich sie sonst im hellsten Sonnenschein mit einem Pflock durchbohren würde."
„Also erlaubst du mir nicht, dass ich mich mit ihr treffe", sagte Tristan. Ich musterte ihn einen Augenblick lang mit gerunzelter Stirn. Ganz kurz fragte ich mich, ob er sich hinter meinem Rücken mit ihr treffen würde, falls ich Nein sagte, ließ den Gedanken aber sofort wieder fallen. Nachdem er es geschafft hatte, fast ein Jahrhundert unter Sadiras Knute zu überleben, hegte ich keinen Zweifel daran, dass er tun würde, was ich ihm sagte, selbst wenn es ihn unglücklich machte. Natürlich war mir ebenso klar, dass auch Sadira seine Bitte abgelehnt hätte, um ihn vor einem schlechten Einfluss zu schützen.
„Gab es niemanden mehr seit Violetta?", fragte ich nahezu im Flüsterton. Wir hatten nie über seine Ehefrau aus seinem menschlichen Leben gesprochen. Sie war vor über hundert Jahren im Kindbett gestorben. Selbstverständlich mussten wir auch gar nicht über seine Vergangenheit sprechen, weil ich sie schon kannte.
In dem Moment, in dem ich ihn für mich beansprucht hatte, hatte ich sein Blut und seinen Verstand in mich aufgenommen und dabei auch seinen Wesenskern und seine sämtlichen Erinnerungen in mich eingesaugt. Einst war Tristan mit einer schönen jungen Frau verheiratet gewesen. Dieses glückliche Leben war nach ihrem Tod zusammengebrochen, sodass Sadira mit Leichtigkeit die Lücke füllen und den geschwächten Mann in ihren Bann ziehen konnte.
„Nur Sadira. Und jetzt dich", antwortete er. „Möchtest du dir nicht vielleicht für den Anfang jemanden suchen, der mehr .. " „. . wie Violetta ist?", vollendete er den Satz, und seine Stimme überzog sich mit einem Eispanzer. „Jemanden wie sie gibt es kein zweites Mal. Niemals. Da bin ich mir sicher. Das ist etwas, das mich für den Rest dieses langen Daseins verfolgen wird." „Ich dachte eher an jemanden, der rücksichtsvoller ist. Sanfter. Jemanden, der dir ähnlicher ist."
Ein zaghaftes Lächeln vertrieb den Kummer und den Schmerz aus seinen großen Augen, als er zu mir aufsah. Ich hatte den Eindruck, dass er innerlich über mich schmunzelte. „Ich glaube, einen wie mich gibt es auch kein zweites Mal." Ich streckte die Hand aus, fuhr ihm mit den Fingern durch das braune Haar und strich es ihm aus der Stirn. „Stimmt." „Wenn du nicht willst, dass ich mich mit ihr treffe, mache ich es auch nicht", bot er an.
„Das kann ich nicht. Ich kann dir schließlich nicht sämtliche Freiheiten wegnehmen. Ich bin vielleicht nicht glücklich darüber, aber ich kann dich nicht davon abhalten, Amanda zu treffen, wenn du das wirklich willst", sagte ich und ließ die Hand sinken. Trotz all meiner Vorbehalte wusste ich doch, dass Amanda eine gute Seele war und sich als wertvolle Lehrmeisterin herausstellen mochte. Sie konnte auf sich selbst aufpassen, und ich hoffte im Stillen, dass sie etwas von dieser Fähigkeit an Tristan weitergeben würde.
„Ich darf sie treffen?", fragte er, unfähig, seine Fassungslosigkeit zu verbergen. „Ja, wenn sie bereit ist, dich zu
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