Jägerin der Nacht 03 - Dawnbreaker
Familie sein willst, musst du dich schon irgendwie nützlich machen", sagte ich gereizt. „Wer hat die Befehle gegeben?" „Ich weiß nicht genau. Knox meinte, ihr hättet jeden auf der Insel getötet", sagte sie.
Ich warf einen Blick zurück und sah, wie sie sich im Eingang herumdrückte. War sie gestern Abend noch ganz versessen darauf gewesen, jeden Winkel meines Hauses zu erforschen und den Anblick in sich aufzusaugen, scheute sie sich jetzt, meine Welt zu betreten und meinem Blick standzuhalten. Sie fürchtete mich wieder, und das war auch notwendig, weil sie, anders als Tristan, mir gegenüber nicht völlig loyal war.
„Fast", entgegnete ich. „Die Naturi, die dort gefangen gehalten wurde, ist noch am Leben. War sie schon bei deiner Ankunft dort eingesperrt?" „Ja. Sie haben sie jedes Mal geschlagen, wenn sie den Mund aufgemacht hat. Sie hat immer Handschellen getragen. Sie wollten mich dazu zwingen, ihr Blut zu trinken", erklärte Amanda hastig.
Ich blieb neben meinem Schreibtisch stehen und stellte eine silberbeschlagene Sanduhr auf den Kopf. Möglicherweise war es die Wahrheit, was Amanda gesehen hatte, aber ebenso gut konnte alles inszeniert gewesen sein. In Sachen Naturi traute ich weder Cynnia noch meinem Glück. Es wäre einfach zu vermessen gewesen, darauf zu spekulieren, dass ich jemanden in meiner Gewalt hatte, der mir wirklich helfen konnte, an Rowe und vielleicht sogar Aurora heranzukommen.
Der schwarze Sand strömte in ständigem Fluss aus dem oberen Glasbehälter und türmte sich in der unteren Halbkugel zu einem kümmerlichen Häufchen auf. Uns allen lief die Zeit davon. Die Nacht ging zur Neige, und ich musste entscheiden, was mit Cynnia werden sollte, bevor Danaus und ich nach Peru aufbrachen. Ich musste mich außerdem ernsthaft bemühen, etwas Erdmagie zu lernen, bevor ich zu den Inkaruinen hinaufkletterte. Zugleich hatte ich das Gefühl, ich müsste zwischen Tristan und Amanda alles wieder in Ordnung bringen. Was, wenn ich nicht vom Machu Picchu zurückkommen würde? Ich wollte sicher sein, dass Tristan in Savannah sicher und glücklich war, und Voraussetzung dafür war, dass er sich mit Amanda gut verstand. Zu viel zu tun und zu wenig Zeit.
Ich fuhr mit den Fingern die gläserne Wölbung der Sanduhr nach, während ich mir wünschte, ich könnte die Sekunden in die Länge ziehen. „Bleib heute hier. Tristan wird dir einen sicheren Schlafplatz zeigen. Ich muss noch ein paar Sachen regeln." „Es ist schon spät, Mira", gab Tristan zu bedenken. „Kann das nicht bis morgen warten?" „Allzu viele nächste Tage wird es für mich nicht mehr geben", sagte ich stirnrunzelnd und löste meine Hand von der Sanduhr. „Ich werde noch vor Sonnenaufgang zurück sein."
„Es tut mir wirklich leid, Mira", sagte Amanda und suchte nach meinem Blick, aber ich weigerte mich, die Augen von der Schreibtischplatte zu heben. „Ich wollte dich nicht beleidigen. Es .. es hegt an den Naturi. Ich .. " „Bei mir brauchst du dich nicht zu entschuldigen", sagte ich und schlüpfte dann leise aus dem Zimmer, damit Tristan und Amanda sich endlich alleine den Erlebnissen der Schlacht stellen konnten, die sie beide auf so unterschiedliche Weise überlebt hatten.
Ich hatte mich kurz in Tristans Gedanken eingeschaltet, als ich ihn im Forsyth Park gefunden hatte, und gesehen, wie sich der Kampf in allen blutigen Einzelheiten wieder und wieder vor seinem inneren Auge abspielte. Er hatte sich zu wehren gewusst und mehrere der Wölfe getötet, die über ihn hergefallen waren. Sie hatten ihn umzingelt und von Amanda getrennt, während die Naturi sie geschnappt hatten. Er hatte sich wacker geschlagen, aber es hatte nicht gereicht, um Amanda zu retten. Obwohl es tatsächlich kaum jemand geschafft hätte, sie in Sicherheit zu bringen, gab er sich selbst die Schuld an seiner Gefangennahme. Sie musste ihrerseits begreifen, dass er für sie eingetreten war und sich für ihre Rettung ausgesprochen hatte, als alles dafür sprach, sie fallen zu lassen. Ich hatte das Gefühl, dass hier und jetzt die einzige Chance für die beiden war, und ich wünschte ihnen dabei alles Gute.
Es waren die letzten Tage des Sommers, aber davon war in Savannah nichts zu spüren. Die Luft war immer noch heiß und schwer vom Duft der Blumen und der Erde. Inzwischen war es weit nach Mitternacht, und der Verkehr war fast zum Erliegen gekommen. Ich war mir aber sicher, dass in den Bars unten am Flussufer immer noch einiges los war. Dennoch hielt ich
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