Jägerin der Nacht: Firestarter (German Edition)
Altstadt‹ anpries. Um den Eingang hatten sich in losen Grüppchen Menschen versammelt, kauften Karten und vereinbarten mit der jungen Frau an der Theke Reservierungen. Als die Frau endlich den Blick hob, winkte Mira ihr zu. »Hi, Emmy!«, rief sie so aufrichtig fröhlich und erfreut, wie ich sie noch nie zuvor erlebt hatte. Ich war echt verblüfft.
»Mira!«, rief Emmy zurück. Auch ihre Miene erhellte sich schlagartig. »Lass mich schnell die Kunden bedienen, dann komme ich zu dir.« Ich sah mit neu erwachtem Interesse zu, wie die junge Frau die Menge abfertigte, Geld kassierte, Namen abstrich und Karten aushändigte, die wohl für eine nächtliche Tour durch die Stadt gedacht waren. Obwohl mir nicht ganz einleuchtete, warum jemand nachts eine Besichtigungsfahrt machen sollte, da der größte Teil der beeindruckenden Bauten dann in Dunkelheit gehüllt sein würde.
Als die Schlange endlich abgearbeitet war, ging Mira zur Theke und zog mich, als ich kurz zögerte, hinter sich her. Allerdings ließ mich die Nachtwandlerin lange genug los, um die junge schwarze Frau hinter der Theke fest in die Arme zu schließen.
»Danaus«, sagte Mira, kaum hatten sich die beiden voneinander gelöst. »Das ist eine sehr liebe Freundin von mir. Emma Rose. Sie kümmert sich um den Kartenverkauf für die Kutschtourengesellschaft, die hier in Savannah Fahrten durch die Altstadt organisiert.«
»Ist mir eine Freude, dich kennenzulernen, Danaus«, sagte Emma Rose und streckte mir die Hand hin.
»Ebenso«, sagte ich grantig und drückte ihr hastig die Hand, um sie gleich wieder loszulassen und einen Schritt vom Tresen zurückzuweichen. Ich fühlte mich unwohl in dieser Situation. Nachtwandler, Lykanthropen, Zauberer und meinetwegen auch Naturi – damit wurde ich spielend fertig. Menschen waren mir allerdings im Lauf der Jahre fremd geworden. Ich hatte das Gefühl, nicht länger zu ihnen zu gehören, eigentlich schon seit meiner Jugend, seit ich mich überhaupt erinnern konnte.
Doch Mira ließ nicht zu, dass ich mich aus dieser freundschaftlichen Begegnung heraushielt. Sie hakte sich schnell wieder bei mir unter und hielt mich unbarmherzig fest, während sie sich Hals über Kopf in eine Plauderei über allerlei Wehwehchen und das Liebesleben der Stadtbewohner stürzte. Als sich eine neue Schlange bildete, räusperte ich mich vernehmlich, um Mira unauffällig an den Grund unseres Ausflugs zu erinnern.
Mira sah mich finster an und wandte sich dann wieder Emma Rose zu. »Dann will ich dich mal nicht länger aufhalten. Ich wollte noch mal mit Nate sprechen. Arbeitet er heute Abend?«
»Ja, er müsste eigentlich jeden Moment auftauchen«, sagte Emma Rose mit einem raschen Blick auf den vor ihr liegenden Zettel.
»Habt ihr bei der nächsten Tour noch was frei? Ich muss etwas Wichtiges mit ihm besprechen.«
»Na klar! Wir waren den ganzen Abend noch nicht ausverkauft. Ist eben die Jahreszeit. Viel zu kalt«, erklärte Emma Rose und winkte ab.
Mira griff in die Gesäßtasche und zog die kleine schwarze Lederbrieftasche hervor, aber Emma Rose bedeutete ihr, das Geld stecken zu lassen. »Das lass mal schön bleiben. Du springst doch sowieso wieder nach der Hälfte ab, wie immer.«
»Danke, Emmy«, sagte Mira und umarmte ihr Gegenüber erneut. »Wir sehen uns später.«
Wir gingen zu dem Grüppchen, das auf die nächste Rundfahrt wartete. Mira drückte sich an mich, und ich starrte ihr auf den Scheitel.
»Für Menschen hast du wohl nicht besonders viel übrig, oder?«, fragte sie sanft. Die Frage überraschte mich. Sie musterte mich von unten herauf, und ihre violetten Augen schienen tief in mein Innerstes zu blicken.
»Menschen … sind … sind schon okay«, stotterte ich, unsicher, was ich jetzt sagen sollte. »Warum fragst du?«
»Wegen deines Verhaltens, wenn du mit ihnen zu tun hast. Emmy. James. Daniel. Du bist dann immer so distanziert und kalt. Du schaust ihnen nicht in die Augen und sagst kaum ein Wort. Was hast du denn gegen Menschen?«
»Ich habe überhaupt nichts gegen sie«, widersprach ich und krümmte mich innerlich, als ich mir selbst zuhörte und merkte, wie abwehrend ich mit einem Mal klang.
»Liegt es daran, dass du nicht mehr wirklich zu ihnen gehörst? Bist du etwa neidisch?«
»Ich bin doch nicht neidisch!«, erwiderte ich heftig und bereute es im selben Moment, als ich die Blicke der Umstehenden bemerkte. Ich beugte mich tiefer zu Mira und senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Ich habe keineswegs etwas
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