Jägerin der Nacht: Firestarter (German Edition)
versuchte, die Augen zusammen. Dann sprang sie plötzlich auf und warf mich vor lauter Hast beinahe um. Während ich mich noch aufrappelte, stürmte sie bereits voran. Ihre Gefühle strömten ungefiltert auf mich ein; ich fühlte mich von Furcht und Zorn erfüllt.
»Durchleuchte die Umgebung!«, bellte sie. Sie hielt die Hände seitlich ausgestreckt und die Finger leicht gekrümmt, als wollte sie beim ersten Anzeichen von Ärger ein paar Feuerbälle heraufbeschwören.
Ich ließ meine Kräfte über den Park schweifen und dann immer weiter, bis ich mehrere Häuserblocks unter meinem Schirm hatte. Da draußen war absolut nichts. Ein Grüppchen Nachtwandler und ein paar Lykanthropen, aber keine Spur von den Naturi, die sie mit Sicherheit gemeint hatte. Ich sah mich weiter um, scannte schließlich das gesamte Stadtgebiet, doch zu meiner Überraschung gab es nicht einen einzigen Naturi in der Gegend.
»Da ist nichts«, sagte ich und rief die Energie wieder in mich zurück. Sie glitt dabei auch über Mira und brachte einen unerwarteten kühlen Schauer von ihr mit, als hätte sich ein Teil ihrer Aura mit meiner Energie vermischt.
»Das ist doch nicht möglich«, antwortete sie und wirbelte herum, um mich mit irritierten Blicken zu durchbohren. Sie deutete auf einen über hundert Meter entfernten Baum, doch ich konnte nichts erkennen. »Genau da habe ich einen gesehen!«
»War es Rowe?«, fragte ich und trat an ihre Seite. Meine Augen suchten die Umgebung des Baums ab, doch nichts rührte sich. Der einäugige Naturi war der einzige uns bekannte Naturi, der auf magischem Weg teleportieren konnte. In London hätte er Mira auf diese Weise fast erwischt.
»Nein«, flüsterte sie, wandte sich von dem Baum ab und kehrte zu der verwaisten Parkbank zurück, von der sie gerade aufgesprungen war. Ich sah ihr zu, wie sie den Kopf schüttelte, als wollte sie einen bösen Gedanken vertreiben, während sie die schmalen Schultern hängen ließ. Ihre Angst war verflogen, doch dafür nagte jetzt wachsende Verwirrung an ihr.
»Wer war es denn? Ein Naturi, den du schon einmal gesehen hast?«, forschte ich weiter. Wenn es noch einen anderen Naturi mit Rowes Fähigkeit gab, nach Belieben zu kommen und zu gehen, mussten wir das unbedingt wissen. Die Naturi waren umso gefährlicher, je mehr von ihnen der Feuermacherin zu nahe kommen konnten.
»Es war nichts«, murmelte sie. »Nur eine optische Täuschung durch die Schatten und die Dunkelheit.«
In meiner Magengrube breitete sich ein ungutes Gefühl aus, und ich setzte eine düstere Miene auf. Wenn mich nicht alles täuschte, hatten Nachtwandler die beste Nachtsicht, die man sich denken konnte. Und mit den Straßenlaternen und dem Mondlicht war es hier nicht wirklich dunkel. Wie hatte Mira da einen Schatten für einen Naturi halten können? War das derselbe Schatten gewesen, den sie schon vor dem Haus gesehen hatte, in dem die Erstkommunion stattgefunden hatte? Und hatte er etwas mit dem weinenden Kind aus dem Gewächshaus zu tun? Irgendetwas spielte mit der Einbildung der Nachtwandlerin – und machte sie damit für ihre Umgebung umso gefährlicher.
»Mira … «, begann ich, doch dann versagte mir die Stimme. Wie sollte ich ihr klarmachen, dass meiner Meinung nach etwas absichtlich versuchte, sie um den Verstand zu bringen?
»Es ist nichts, Danaus«, sagte Mira und sah mich wieder an. Sie setzte ihren Weg durch den Park fort, und ich fiel in ihren Schritt ein, ohne meine wachsende Sorge um die Nachtwandlerin verdrängen zu können. »Wir müssen uns darauf konzentrieren, den Mörder zu finden«, fuhr Mira fort, nachdem wir ein paar Häuserblocks zurückgelegt hatten.
So wanderten wir durch das nächtliche Savannah, die Feuermacherin und ein Vampirjäger mit einem Bori in der Seele. Ich zweifelte nicht daran, dass die Bori uns bald aufspüren würden.
23
Bis zum Sonnenaufgang blieben uns noch ein paar Stunden, als Mira mich an ihrem Haus absetzte. Sie hatte irgendwas von weiteren Nachforschungen gemurmelt, und ich sagte nichts dazu, als ich aus dem Wagen stieg. Die Nachtwandlerin hatte für einen Abend wahrhaftig genug durchgemacht – genau wie ich. Als ich auf der obersten Stufe der Verandatreppe angekommen war, drehte ich mich um und sah ihr nach, wie sie in ihrem schicken Wagen davonbrauste und im dichten Schatten der Bäume verschwand.
Statt ins Haus zu gehen, stieg ich aber die Stufen wieder hinunter. Obwohl es schon spät war, wusste ich genau, dass ich ohnehin keinen Schlaf
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