Jägerin der Nacht: Firestarter (German Edition)
eine weitere Tasse ein, ein wenig erleichtert, weil Mira es mit dem Ärger wenigstens nicht übertrieben hatte. Wenn sie bei Themis ein bisschen Staub aufgewirbelt hatte, war das vermutlich gar nicht mal so schlecht. So langsam kam ich dahinter, dass ich bisher ein völlig falsches Bild von Vampiren gehabt hatte, und das stellte alles infrage, weshalb ich dem Bund überhaupt beigetreten war. »Gibt es sonst noch irgendwas, das ich wissen sollte?«
»Nicht viel. Ryan hat in letzter Zeit die meisten Jäger nach Paris, London oder ins Hauptquartier zurückbeordert. Er glaubt, dass die Lage im Moment zu … angespannt sei, und war der Ansicht, dass wir uns fürs Erste besser zurückziehen und die eigenen Reihen schützen sollten. Soweit ich weiß, waren zuletzt nur noch Farkas und Collins im Einsatz.«
»Und haben was getan?«, erkundigte ich mich, während sich in meiner Magengrube ein unbehagliches Gefühl ausbreitete. Ich löste die Rechte von der Kaffeetasse und ließ sie auf der Sessellehne ruhen.
»Farkas ist auf einer kurzen Erkundungsmission in der Türkei. Irgendwas mit Unruhen im herrschenden Werwolfrudel der Region. Collins’ Auftrag lautete, sich um einen Vampir zu kümmern, der in der Ukraine untergetaucht ist.« James rückte seine Brille zurecht.
»Seit wann ist Collins denn in der Vampireinheit?«, knurrte ich und krampfte die Rechte um die Sessellehne, bis das Holz leise knarrte.
James schluckte vernehmlich und richtete sich im Sessel auf. »Seit letzten Monat.«
»Er hat längst nicht genug Erfahrung und hätte nie allein losgeschickt werden dürfen«, bellte ich. »Wer hat ihn für die Vampire eingeteilt?«
»Ich glaube, das war Ryan.« James drückte sich tiefer in den Sessel, um mir nicht ganz so nah sein zu müssen. »Collins wurde angewiesen, den Vampir ausschließlich tagsüber zu verfolgen. Wenn es ihm nicht gelingt, seinen Unterschlupf aufzuspüren, soll er Verstärkung rufen.«
»Das ist der sichere Tod für Collins«, murrte ich. Ich löste die Hand von der Sessellehne und griff erneut zum Kaffee, um den schlechten Geschmack hinunterzuspülen.
»Ich habe gehört, es geht nur um einen jungen Vampir«, wandte James ein, um meine Wut ein wenig zu besänftigen. Ohne Erfolg.
»Junge Vampire sind kein bisschen weniger gefährlich als alte, höchstens unvorsichtiger. Ich habe bei der Einteilung für Vampireinsätze das letzte Wort. Ryan weiß das.« Ich lehnte mich im Sessel zurück und starrte wütend in die leere Kaffeetasse.
Warum hatte man mich nicht um Erlaubnis gefragt? Derrick Collins war erst seit ein paar Jahren bei Themis und nur bei einer Handvoll Vampireinsätzen als Verstärkung dabei gewesen. Er hatte nicht genug Einsatzerfahrung, um es mit einem Nachtwandler aufzunehmen, nicht einmal mit einem Welpen. Die Vampireinsätze waren immer meine Sache gewesen. Nur ich selbst ging allein auf die Jagd, weil ich der Einzige war, der fähig genug, schnell genug und erfahren genug war, um es nachts mit ihnen aufzunehmen.
Ryan hatte seine Kompetenzen überschritten. Der Zauberer hatte einen unerfahrenen Jäger in eine äußerst gefährliche Lage gebracht, und ich scheute mich zu fragen, warum. So etwas war schon früher passiert. Er hatte auch James mit nach Kreta genommen, wo die Naturi eines ihrer Rituale geplant hatten. In diesem Fall musste ich Mira zustimmen. Der Forscher hatte in dieser Gefahrensituation nicht das Geringste zu suchen, und doch hatte Ryan ihn als potenziellen Köder mitgebracht.
Ryan war äußerst gelehrt und äußerst umsichtig, aber mit seinen Methoden war ich keineswegs immer einverstanden. Um seine übergreifenden Pläne zu verwirklichen, hatte er keine Skrupel, Informationen für sich zu behalten und hier und da auch mal jemanden über die Klinge springen zu lassen. Und ich hegte nicht den geringsten Zweifel, dass ich, wenn auch kein einfacher Bauer, doch immer noch eine Schachfigur für ihn war, die er nach Belieben hin und her schieben wollte.
»Wann ist das Treffen mit Ryan angesetzt?«, fragte ich.
James stand auf und steckte die Hände in die Hosentaschen. »Er hat gesagt, du sollst einfach rüberkommen, wenn du so weit bist. Zimmer 705.«
Ich brauchte eine Dusche, eine Rasur und frische Klamotten, bevor ich bereit war, einem Zauberer gegenüberzutreten. »Sag ihm, ich brauche noch eine halbe Stunde.«
James nickte knapp und ging ohne ein weiteres Wort aus dem Zimmer. Ich saß einen Augenblick lang da und starrte auf die zerwühlten Laken meines
Weitere Kostenlose Bücher