Jägerin der Nacht: Firestarter (German Edition)
Probleme auf einmal. Ihre jüngeren Schwestern hatten sich gegen ihre Pläne gewandt, die Menschheit zu vernichten, sodass das Volk der Naturi in zwei Parteien zerfiel. Hatte sie zuvor geglaubt, dass ihr nur die Nachtwandler Widerstand leisten würden, so hatte Aurora nun auch gegen die eigenen Leute zu kämpfen.
»Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie aus der Deckung kommt«, sagte ich, doch Mira schüttelte den Kopf.
»Nein, zuerst wird sie ihre Stellung als Königin festigen, ihre Leute wieder hinter sich vereinen und ihre Schwestern aus dem Weg räumen wollen. Sie braucht so viele Naturi wie möglich unter ihrem Kommando, wenn sie es mit Nachtwandlern und Menschen zugleich aufnehmen will. Wir haben noch Zeit.«
Mit geballten Fäusten ließ Mira den Blick durch den Raum wandern, nahm aber anscheinend nichts bewusst wahr. »Kannst du hier in der Stadt noch mehr von ihnen spüren?«, fauchte sie plötzlich und maß mich mit finsteren Blicken.
»Nein. Keine weiteren Naturi in der näheren Umgebung«, antwortete ich.
Mira nickte mir abwesend zu und sah dann wieder aus dem Fenster. Wut und Enttäuschung schienen langsam aus ihrem Körper zu weichen. Doch als sie die Stimme wieder erhob, lief mir ein kalter Schauer über den Rücken und legte sich wie eine Hand in meinen Nacken.
»Wir müssen sie loswerden, Danaus. Du musst mir einfach helfen. Sosehr du mein Volk auch hasst, wir sind keine große Gefahr für die Menschen, die du beschützt. Aber die Naturi werden uns alle auslöschen, wenn wir nichts unternehmen. Du musst mir helfen.«
»Hast du das mit dem Konvent besprochen?«, fragte ich. Mira sah mich unverwandt aus den zusammengekniffenen Augen an und trat einen kleinen Schritt zurück, sodass die rechte Schulter das Fenster hinter ihr berührte. Der Konvent war das Herrschaftsgremium aller Vampire unter ihrem Regenten, und nach allem, was ich wusste, rangierte Mira auf seiner Liste der meistgehassten Personen gleich hinter den Naturi.
»Was hat denn das mit den Naturi zu tun?«, fragte sie. Ihr Tonfall gewann plötzlich wieder an Schärfe.
»Ich möchte nur gerne wissen, ob ich dich nur vor den Naturi beschütze oder ob auch noch Mitglieder des Konvents hinter dir her sind.«
»Du hast mich gar nicht zu beschützen. Deine Aufgabe besteht allein darin, mich bei meinen Ermittlungen zu unterstützen. Wenn wir nebenbei noch ein paar Naturi erwischen, umso besser. Den Konvent überlässt du mir.«
»Ist Jabari auf der Jagd nach dir?«, setzte ich nach. Jabari war nicht bloß irgendein Konventsmitglied; der Älteste hatte Mira einst sehr nahegestanden. Vor über fünfhundert Jahren hatte der ägyptische Vampir sie in Machu Picchu gerettet, nur um sie vor ein paar Monaten in England beinahe umzubringen.
»Nein, er braucht mich lebend. Er hat immer noch Verwendung für mich.« Mira sah einen Augenblick beiseite und blickte mich dann wieder an, wobei sie das Kinn ein wenig reckte und die lilafarbenen Augen verengte. »Ich kenne die Pläne des Konvents nicht, und ich will sie auch gar nicht kennen. Ganz ohne Zweifel wäre es ihnen allen lieber, wenn ich tot wäre, aber die Ältesten haben schon mehr als tausend Jahre kommen und gehen sehen. Zeit spielt für sie keine Rolle. Wenn sie meinen Tod wollen, haben sie es damit nicht eilig.«
»Du kannst Ryan nicht trauen.« Die Wörter entschlüpften mir zu meiner eigenen Überraschung. Das hatte ich eigentlich gar nicht sagen wollen. Was ging es mich an, welche Pläne sie mit dem Zauberer ausheckte? Aber ich glaubte an den Wert eines fairen Kampfes. Ich glaubte daran, dass man seinen Feind kennenlernen musste, an Ehre und an Pflichterfüllung: Dinge, die, wie ich wusste, auch Mira etwas bedeuteten. Um ihrer Fähigkeiten willen wurde sie sowohl von den Naturi als auch vom Konvent gejagt. Und Ryan hatte seine eigenen Gründe, um sie für seine Zwecke einzuspannen. Sie sollte sich wenigstens darüber im Klaren sein, auf was sie sich da einließ.
Mira musterte mich überrascht und verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. Sie neigte den Kopf leicht nach links, sodass ihr das Haar wie ein rubinroter Wasserfall über die Schulter floss.
»Wenn er sich zwischen der Unterstützung des restlichen Konvents und dir entscheiden muss, lässt er dich von einem Moment auf den anderen fallen«, fuhr ich fort, als sie nicht antwortete.
Die Nachtwandlerin lachte leise und kam ein paar Schritte auf mich zu. Der Duft von Lilien wehte mir entgegen, als ich tief Luft holte, um mich
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