Jägerin der Nacht: Firestarter (German Edition)
Füller heraus. Dann schlug er eine neue Seite in seinem Notizbuch auf und begann eifrig hineinzukritzeln. »Musst du sonst noch irgendwas wissen?«
»Warum sie nach Savannah gekommen ist«, warf ich ein.
»Und ob sie Verwandte oder Freunde hat, die ›Außenseiter‹sind«, ergänzte Mira.
Ich warf ihr einen fragenden Blick zu, während James sich weiter Notizen machte. Die Frage kam mir seltsam vor. Aber James schrieb sich alles auf, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Kann nicht schaden, das mal zu überprüfen.« Mira zuckte die Achseln und starrte wieder aus dem Fenster.
James hatte sich als ziemlich geschickt darin erwiesen, die seltsamsten Informationen zusammenzutragen, und würde wahrscheinlich schon am späten Nachmittag mit den Antworten zurückkehren. Langsam gewöhnte ich mich an die kleinen Macken und die unstillbare Neugier meines Assistenten. Aber wir würden sowieso nicht für immer zusammenarbeiten. Seit ich bei Themis angefangen hatte, hatte ich mehr als zwei Dutzend Assistenten kommen und gehen sehen. Ich hatte sie alle überlebt.
Miras leise Stimme lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf die Probleme, die uns im Moment beschäftigten. Sie sprach so verhalten, dass die Worte in erster Linie an sie selber gerichtet sein mussten. »Warum hier? Vielleicht denken wir auch gerade zu viel nach.«
»Wie meinst du das?«, fragte ich und kam ebenfalls zum Fenster.
»Was, wenn wir nach einer Verschwörung suchen, wo es gar keine gibt? Was, wenn es wirklich nur um Abigail geht?«
»Du meinst, sie ist vielleicht gar nicht so hochwohlanständig, wie ihre Herkunft vermuten lässt?«
»Sie wohnt immerhin nur einen Häuserblock von den heißesten Bars und Clubs der Stadt entfernt. Ich bezweifle, dass sie wegen der Stadtbücherei hergezogen ist.« Ihre Stimme triefte förmlich vor Sarkasmus.
»Hast du denn irgendeine Theorie?«
»Eine Vermutung«, sagte sie und löste sich vom Fenster. »Wollen wir die doch gleich mal überprüfen. Geh ins Bad und schau, ob du irgendwelche Pillen findest! Mal sehen, was sie sich so eingeworfen hat.«
Ich hatte schon so eine Ahnung, wonach wir Ausschau hielten, behielt den Gedanken aber für mich, während ich ihr aus dem Wohnzimmer in den Flur folgte. Mira ging links ins Schlafzimmer, während ich nach rechts ins Bad abbog. James folgte mir auf dem Fuße.
Das Bad war klein, mit winzigen weißen Fliesen ausgelegt, und hatte blaue Wände. Die Badewanne aus emailliertem Stahl stand auf riesigen Löwenklauen und nahm die ganze Wand ein. Passend dazu gab es einen Waschtisch aus weißem Porzellan. Zwei Wandleuchten mit tulpenförmigen, mattierten Abdeckungen spendeten warmes Licht. Alles war aufgeräumt und sauber. Pflegeprodukte für Frauen standen überall herum, die ich mir lieber nicht allzu genau ansah.
Über dem Waschbecken hing ein klassisches verspiegeltes Medizinschränkchen. Hinter der Spiegelfront verbarg sich das übliche Sortiment von Pflastern, Salben, Cremes und Schmerztabletten. Die Vitamine machten mich stutzig. Acht Fläschchen, davon zwei frei verkäufliche Eisenpräparate. Diese Nahrungsergänzungsmittel fanden sich vor allem bei Menschen mit Herzproblemen oder Blutarmut. Mir schien, dass Mira genau nach so etwas gesucht hatte.
Ich schnappte mir eine der Flaschen mit dem Eisenpräparat, schloss die verspiegelte Schranktür und schaltete das Licht wieder aus, bevor ich über den Flur ins Schlafzimmer ging. Mira stand vor der Kommode, hatte eine Schublade herausgezogen und fluchte leise auf Italienisch. Sie beherrschte die Sprache fast fließend und war erstaunlich einfallsreich.
»Gute Neuigkeiten?«, erkundigte ich mich.
»Halstücher«, murmelte sie. »Eine ganze Schublade voll.« Zur Demonstration hielt sie eine Handvoll in die Höhe. Sie ließ die durchscheinenden Stoffstücke durch die Finger gleiten und in die Schublade fallen wie einen Regenbogen aus Seide.
»Ein Nachtwandler kann die Bisswunden heilen, die er verursacht«, erklärte sie und schloss die Schublade. »Aber wenn man sich ein Schoßtier hält, verzichtet man darauf, damit jeder sofort sehen kann, dass der entsprechende Mensch schon vergeben ist. Leider muss der Mensch den Biss dann tagsüber natürlich verbergen. Halstücher sind ein beliebtes Hilfsmittel.«
»Vielleicht findet sie sie ja einfach bloß schick«, überlegte James. Mira richtete die dunklen Augen auf mich.
»Glaubst du das?«
»Nein«, antwortete ich und warf ihr das Fläschchen zu. Sie warf einen kurzen Blick
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