Jägerin des Herzens
nicht hereinlegen.«
Lily überhörte seine spöttische Bemerkung. »Ist er so reich, wie behauptet wird?«
Derek nickte nachdrücklich. »Reicher.«
»Irgendwelche Familienskandale? Geheimnisse, frühere Affären, irgendwelche Missetaten, die ein schlechtes Licht auf seinen Charakter werfen? Kommt er dir kalt und grausam vor?«
Derek stützte sich mit seinen gepflegten Händen auf der Balustrade ab und blickte hinunter auf sein kleines Königreich. »Er ist ruhig. Bleibt für sich. Vor allem, seit die Frau, die er liebte, vor ein oder zwei Jahren den Löffel abgegeben hat.«
»Den Löffel abgegeben?«, unterbrach ihn Lily amüsiert und entsetzt zugleich. »Musst du so vulgär sein?«
Derek ignorierte ihren Vorwurf. »Miss Caroline Whitmore, Whitfield, irgendwas in der Art. Es heißt, sie hat sich auf der Jagd den Hals gebrochen. Verdammte kleine Närrin, würde ich sagen.«
»Auf der Jagd«, wiederholte Lily, irritiert von seinem vielsagenden Blick. Sie liebte es, bei Jagden mitzureiten, aber selbst Derek schätzte solche gefährlichen Aktivitäten bei Frauen nicht. »Ich bin nicht wie andere Frauen. Ich kann genauso gut reiten wie jeder Mann. Besser als die meisten Männer.«
»Es ist dein Hals«, erwiderte er gleichmütig.
»Genau. Nun, das kann doch nicht alles sein, was du über Wolverton weißt. Ich kenne dich doch. Du verschweigst mir etwas.«
»Nein.« Derek sah sie so eindringlich an, dass Lily von der kühlen Tiefe seiner grünen Augen ganz gefangen war.
Seine Augen funkelten spöttisch, aber es lag auch eine Warnung darin. Wieder einmal wurde sie daran erinnert, dass ihr Derek trotz ihrer Freundschaft nicht helfen würde, wenn sie sich selbst in Schwierigkeiten brachte. Seine Stimme klang ernst und ruhig wie selten. »Hör mir zu, Gypsy. Lass die Finger davon – von der Hochzeit, von allem. Raiford ist nicht grausam, aber er ist auch kein Schwächling. Halte dich fern von ihm. Du hast genug Probleme, mit denen du fertig werden musst.«
Lily dachte über seinen Rat nach. Derek hatte natürlich Recht. Sie sollte ihre Kräfte sparen und nur daran denken, Nicole zurückzubekommen. Aber aus irgendeinem Grund nagte diese Ungewissheit über Wolvertons Charakter in ihr, und sie würde erst Ruhe geben können, wenn sie ihn kennen gelernt hatte. Sie dachte daran, wie gefügig Penny immer gewesen war. Nie hatte sie sich schlecht benommen oder die Entscheidungen ihrer Eltern in Frage gestellt.
Penny hatte niemanden, der ihr helfen konnte. Zacharys flehendes Gesicht fiel ihr ein. Sie schuldete ihm das. Lily seufzte. »Ich muss Wolverton kennen lernen, damit ich ihn selbst beurteilen kann«, sagte sie eigen sinnig.
»Dann fahr diese Woche auf die Jagd nach Middleton«, erwiderte Derek. »Wahrscheinlich ist er da.«
Alex wartete mit den anderen bei den Stallungen darauf, dass die Knechte die Pferde brachten. Erregung lag in der Luft, denn alle Beteiligten wussten, dass es ein besonderer Tag werden würde. Es war kühl und trocken, der Kurs würde eine Herausforderung sein, und die Meute von Middleton war berühmt für ihre Qualität.
Alex blickte in den heller werdenden Himmel, und seine Mundwinkel zuckten vor Ungeduld. Die Jagd war auf sechs Uhr angesetzt. Sie würden zu spät starten. Noch nicht einmal die Hälfte der Jagdgesellschaft war auf die Pferde aufgestiegen. Er überlegte, ob er mit irgendjemandem ein Gespräch anfangen sollte. Die meisten Männer kannte er, einige waren ehemalige Klassenkameraden. Aber er war eigentlich nicht in der Stimmung, um sich zu unterhalten. Er wollte reiten und sich in der Jagd verlieren, bis er zu müde war, um nachzudenken oder etwas zu empfinden.
Er blickte über das Feld auf den kühlen Dunst, der über dem gelben Gras lag und bis an den dunklen, graugrünen Wald reichte. Auf einmal stieg die Erinnerung in ihm auf …
»Caro, du wirst nicht an der Jagd teilnehmen …«
Seine Verlobte, Caroline Whitmore, lachte und verzog schmollend den Mund. Sie war ein reizendes Mädchen mit pfirsichfarbenem Teint und hellbraunen Augen und Haaren von einem dunklen Honigton. »Liebling, du würdest mir doch nie einen solchen Spaß verderben, nicht wahr? Es ist überhaupt nicht gefährlich, und ich bin eine hervorragende Reiterin …«
»Du weißt nicht, wie es ist, in einem Pulk über Hindernisse zu springen. Es gibt Zusammenstöße und bockende Pferde, oder du könntest abgeworfen und niedergetrampelt werden …«
»Ich werde so vorsichtig wie möglich reiten. Glaubst
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