Jägerin des Herzens
du denn, ich würde halsbrecherisch über jede Hürde setzen?
Du weißt doch, mein Liebster, dass gesunder Menschenverstand eine meiner hervorstechendsten Tugenden ist.
Außerdem weißt du auch, dass es unmöglich ist, mir etwas auszureden, wenn ich es mir erst einmal in den Kopf gesetzt habe.« Caroline seufzte melodramatisch. »Warum musst du nur so schwierig sein?«
»Weil ich dich liebe.«
»Dann lieb mich eben nicht. Zumindest nicht morgen früh …«
Alex schüttelte heftig den Kopf und versuchte, die traurigen Erinnerungen zu vertreiben. Gott, würde es immer so bleiben? Seit ihrem Tod waren zwei Jahre vergangen, und immer noch wurde er davon gequält.
Die Vergangenheit hielt Alex in einer unsichtbaren Fessel gefangen. Er hatte versucht sich davon zu befreien, aber nach ein paar vergeblichen Versuchen hatte er gemerkt dass er nie von Caroline loskommen würde. Natürlich gab es noch mehr Frauen wie sie, geistreich, leidenschaftlich und schön, aber er wollte diese Frauen nicht mehr.
Caroline hatte einmal zu ihm gesagt sie glaubte, dass ihm nie jemand genug Liebe würde geben können. Er hatte zu lange ohne die liebevolle Fürsorge einer Frau gelebt.
Seine Mutter war im Kindbett gestorben, als Alex noch ein Junge war. Ein Jahr später starb auch sein Vater. Es hieß, er habe den Tod gesucht. Er hinterließ zwei Söhne und einen Berg von Verpflichtungen. Seitdem er achtzehn war, kümmerte Alex sich um die geschäftlichen Angelegenheiten, die Pächter und Landagenten, das Haushaltspersonal. und die Familie. Er hatte einen Besitz in Herefordshire, mit fruchtbaren Weizen- und Maisfeldern und Flüssen voller Lachse und einen Landsitz in Buckinghamshire, der in einer herben Landschaft voller steiler Kalkhügel lag.
Alex widmete sich voller Hingabe der Erziehung seines jüngeren Bruders Henry. Seine eigenen Bedürfnisse stellte er völlig hintenan, und als er dann eine Frau kennen lernte, die er liebte, überwältigten ihn die Gefühle, die er all die Jahre verdrängt hatte. Der Verlust Carolines hatte ihn beinahe umgebracht. Und einem solchen Schmerz würde er sich nie wieder aussetzen.
Deshalb hatte er ganz bewusst um Penelope Lawsons Hand angehalten. Sie war ein scheues blondes Mädchen, und ihre sanfte Art hatte ihn auf den zahlreichen Gesellschaftsbällen in London angezogen. Penelope war genau das, was er brauchte. Es war an der Zeit zu heiraten und Erben zu zeugen. Penelope war völlig anders als Caroline. Sie würde sein Bett teilen, seine Kinder gebären, mit ihm gemeinsam alt werden, alles voller Sicherheit und Frieden, aber sie würde nie ein Teil von ihm werden. Alex fühlte sich, wohl in Penelopes anspruchsloser Gesellschaft. In ihren hübschen braunen Augen war kein Funkeln und keine Lebhaftigkeit, und ihre Kommentare waren nicht von scharfem Witz geprägt. Nichts drohte sein Herz auf irgendeine Weise zu berühren. Sie würde nie mit ihm streiten oder ihm widersprechen. Sie schien genauso wenig wie er die distanzierte Freundlichkeit die zwischen ihnen herrschte, durchbrechen zu wollen.
Plötzlich wurden Alex’ Gedanken durch einen bemerkenswerten Anblick unterbrochen. Eine Frau ritt an der Menge vorbei, eine junge Frau auf einem großen, weißen Zelter. Alex wandte sofort den Blick wieder ab, aber das Bild hatte sich trotzdem in seinem Kopf festgesetzt und er runzelte unwillkürlich die Stirn. Wie eine Amazone war sie aus dem Nichts aufgetaucht. Sie war jungenhaft schlank, außer der leichten Wölbung ihrer Brüste. Ihr kurzes, lockiges schwarzes Haar wurde von einem Band aus der Stirn gehalten. Ungläubig sah Alex, dass sie wie ein Mann auf dem Pferd saß und Reithosen unter ihrem Reitkleid trug. Brombeerfarbene Reithosen. Und doch schien niemand sie so erstaunlich zu finden wie er. Die meisten Männer schienen sie zu kennen und tauschten lachend Kommentare mit ihr aus, angefangen von dem milchgesichtigen Lord Yarborough bis in zu dem lüsternen alten Lord Harrington. Ausdruckslos beobachtete Alex, wie die Frau in den brombeerfarbenen Reithosen um die Lichtung herum ritt wo der Fuchs losgelassen werden sollte. Es war etwas seltsam Vertrautes an ihr.
Lily unterdrückte ein befriedigtes Lächeln, als sie bemerkte, wie Wolverton sie anstarrte. Sie war ihm aufgefallen.
»Mylord«, sagte sie zu Chester Harrington, einem kräftigen, älteren Gentleman, der schon seit Jahren zu ihren Bewunderern gehörte, »wer ist der Mann, der mich so unverschämt anstarrt?«
»Das ist der Earl von
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