Jägerin des Herzens
konnte natürlich zu Penelopes Zimmer gehen. Das würde ihr nicht gefallen. Sie würde protestieren und weinen, aber Alex wusste, dass er sie seinem Willen unterwerfen könnte. Er konnte sie dazu zwingen, ihn in ihr Bett zu lassen. Schließlich würden sie in ein paar Wochen heiraten.
Die Idee war gar nicht so schlecht. Zumindest erfüllte sie ihren Zweck. Aber der Gedanke daran, mit Penelope zu schlafen …
Davor schreckte er zurück.
Natürlich würde es ihm Erleichterung bringen.
Nein. Das wollte er nicht. Er wollte sie nicht. Was, zum Teufel, ist nur los mit dir? fragte sich Alex wütend und sprang aus dem Bett. Er riss die Vorhänge beiseite, so dass der Mond ins Zimmer schien. Dann trat er zu der Waschschüssel, die auf einem dreibeinigen Gestell stand, und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Seit Tagen schon konnte er keinen klaren Gedanken mehr fassen, seitdem er Lily kennen gelernt hatte. Wenn er doch nur das Feuer in seinem Inneren löschen könnte. Wenn er doch nur wieder klar denken könnte.
Er brauchte etwas zu trinken. Cognac. Nein, etwas von dem guten HighlandWhiskey, den sein Vater immer gelagert hatte und der nach Rauch und Heidekraut schmeckte. Er brauchte etwas, das ihm heiß in der Kehle brannte und die Gedanken auslöschte, die ihn quälten. Alex zog sich einen gesteppten blauen Morgenmantel an und trat aus dem Schlafzimmer. Dann ging er durch die Säulenhalle, die den Ostflügel mit dem großen Treppenhaus verband.
Seine Schritte wurden langsamer, als er das verräterische Knarren der Treppenstufen hörte. Wartend blieb er in der Dunkelheit stehen. Da war es wieder. Irgendjemand ging die Treppe hinunter. Und er wusste auch, wer.
Ein grimmiges Lächeln glitt über sein Gesicht. Jetzt hatte er die Gelegenheit Lily bei ihrem heimlichen Treffen mit einem der Diener zu erwischen. Er würde das als Vorwand nehmen, um sie hinauszuwerfen. Und wenn Lily weg war, würde alles wieder seinen gewohnten Gang gehen.
Leise schlich Alex zum Geländer. Lily war unten in der Eingangshalle angekommen. Der Saum ihres dünnen weißen Nachthemds schleifte hinter ihr her, während sie über den Marmorboden ging. Sie traf sich mit ihrem Liebhaber, und es kam ihm so vor, als schwebe sie. Ein bitteres Gefühl durchschoss ihn wie Gift. Bei dem Gedanken daran, was Lily mit einem anderen Mann tun wollte, erwachte in ihm der Wunsch, sie zu bestrafen.
Alex trat zur Treppe und erstarrte.
Was tat er da? Der Earl von Wolverton, bekannt für seine gemäßigte, vernünftige Art, schlich im Dunkeln durch sein Haus. Fast verrückt vor Eifersucht – ja, Eifersucht – wegen der Ränke einer kleinen Verrückten und ihren mitternächtlichen Eskapaden.
Wie Caroline gelacht hätte. Zum Teufel mit Caroline. Zum Teufel mit allem. Er würde Lily Einhalt gebieten.
Verdammt sollte er sein, wenn sie heute Nacht Vergnügen haben sollte. Leise ging er die Treppe hinunter und trat zu dem kleinen Tisch in der Eingangshalle, auf dem eine Lampe stand. Er zündete sie an, und die Halle wurde in ein weiches Licht getaucht. Dann schlich er Lily in Richtung der Küchentüre nach. Als er an der Bibliothek vorbeikam, hörte er leises Flüstern durch die angelehnte Tür. Wütend zog er, die Brauen zusammen, als Lily etwas murmelte, das klang wie »Nick … Nick …«
Er riss die Tür auf. »Was geht hier vor?« Es war jedoch niemand im Zimmer außer Lily, die zusammen gerollt im Sessel saß. Sie hatte die Arme um sich geschlungen. »Miss Lawson?« Er trat näher. Das Lampenlicht warf einen goldenen Schimmer auf Lilys Haut und enthüllte die Umrisse ihres Körpers unter ihrem Nachthemd. Sie zuckte, und ihre Lippen formten stumme Worte.
Alex schnaubte verächtlich. Sie hatte wahrscheinlich gemerkt, dass er ihr gefolgt war. »Kleine Schurkin«, murmelte er. »Dieses Schauspiel ist sogar unter Eurer Würde.«
Sie tat so, als hörte sie ihn nicht. Ihre Augen waren halb geschlossen, als befinde sie sich in Trance.
»Jetzt reicht es«, sagte Alex und stellte die Lampe auf ein Tischchen. Mit wachsendem Ärger stellte er fest dass sie ihn offenbar ignorieren wollte, bis er wieder verschwand. »Wenn es nötig sein sollte, trage ich Euch hier hinaus, Miss Lawson! Hofft Ihr darauf? Eine Szene?« Als sie ihn noch nicht einmal ansah, war seine Geduld am Ende. Er packte sie an den Schultern und schüttelte sie. »Ich sagte, es reicht!«
Sie reagierte so heftig, dass Alex sich erschreckte. Lily stieß einen durchdringenden Schrei aus, schlug
Weitere Kostenlose Bücher