Jägerin des Herzens
wild um sich und sprang auf. Sie taumelte gegen den Tisch und stieß dabei fast die Lampe um. Geistesgegenwärtig hielt Alex sie fest. Aber ihre Panik ließ nicht nach, und sie kratzte und schlug um sich. Sie war zwar nicht groß, aber Alex hatte Mühe, sich ihrer zu erwehren. Schließlich drückte er sie an sich und hielt ihr so die Arme fest. Sie zuckte zusammen und wurde ganz starr. Ihr Atem kam stoßweise und keuchend. Alex streichelte ihre dichten Locken und drückte ihren Kopf an seine Schulter. Fluchend versuchte er, sie zu beruhigen. »Himmel, Lily, ist schon gut. Lily. Beruhige dich … beruhige dich.«
Er hielt sie so fest an sich gedrückt dass sie sich kaum bewegen konnte. »Ich bin es nur«, murmelte er. »Alex.
Alles ist gut. Ruhig …«
Langsam kam Lily wieder zu sich, als ob sie aus einem Traum erwachte. Als Erstes merkte sie, dass sie festgehalten wurde. Ihre Wange und ihr Kinn lagen am Ausschnitt eines gesteppten Morgenmantels, und drahtige Härchen kitzelten ihre Haut. Ein angenehmer männlicher Duft hüllte sie ein. Alex Raiford hielt sie in seinen Armen. Erstaunt hielt sie die Luft an. Mit der Hand strich er langsam über ihren Rücken. Sie war nicht daran gewöhnt, von jemandem auf so vertraute Art berührt zu werden, und ihr erster Gedanke war, sich ihm zu entwinden. Aber die Berührung tat ihr gut und löste die Spannung in ihrem Körper.
Alex spürte, wie sich Lily seiner Umarmung ergab. Sie zitterte noch immer, und ein seltsames Gefühl stieg in ihm auf. Die Stille im Zimmer schien sie einzuhüllen.
»Wolverton?«
»Ruhig. Ihr seid immer noch nicht ganz bei Euch.«
»W-was ist geschehen?«, krächzte sie.
»Ich habe die alte Maxime vergessen«, erwiderte er trocken. »Dass man Schlafwandler nicht aufwecken soll.«
Er hatte es also herausgefunden. 0 Gott was würde jetzt geschehen? Er musste ihre Angst gespürt haben, denn er begann, ihr wieder über den Rücken zu streichen, als ob sie ein erschöpftes Kind sei. »Das ist auch in den anderen Nächten so gewesen, nicht wahr?« Beruhigend strich seine Hand über ihre Wirbelsäule. »Ihr hättet es mir sagen sollen.«
»Damit Ihr mich in eine Irrenanstalt einweisen lasst?«, erwiderte sie mit zitternder Stimme und wollte sich von ihm lösen.
»Seid still. Ihr wart von Sinnen.«
Seine Stimme hatte noch nie so sanft geklungen … sie hörte sich gar nicht wie seine Stimme an. Lily blinzelte verwirrt. Sie war noch nie zuvor so gehalten worden. Giuseppe war zwar stürmisch und leidenschaftlich gewesen, aber als er mit ihr schlief, hatte er sie nicht einmal im Arm gehalten. Sie fühlte sich unbehaglich und hilflos. Die Situation ging über ihre Vorstellungskraft. Alex Raiford im Morgenmantel. Und doch wirkte er stark und unbesiegbar. Er brauchte vor niemandem Angst zu haben.
»Möchtet Ihr etwas trinken?«, fragte Alex rasch. Er musste sie loslassen, sonst würde er gleich mit ihr auf den Teppich sinken. Er befand sich am Rand der Katastrophe.
Sie nickte. »Brandy.« Irgendwie brachte sie die Kraft auf, sich von ihm zu lösen. Sie setzte sich in einen ledernen Armsessel, während Alex zu dem Eckschrank trat in dem die Flaschen standen. Er goss ein wenig Cognac in ein Glas. Im Schein der Lampe schimmerte sein Haar golden. Lily biss sich auf die Unterlippe. Bisher kannte sie ihn nur als hochmütigen, selbstgerechten Mann, und er war der letzte, von dem sie jemals Hilfe annehmen würde. Aber einen erstaunlichen Moment lang hatte sie sich von seiner Stärke getragen gefühlt. Sie hatte sich sicher und beschützt gefühlt.
Er war ihr Feind, rief sie sich ins Gedächtnis, als er näher trat. Sie musste daran denken, immer daran denken …
»Hier.« Alex drückte ihr das Glas in die Hände und setzte sich neben sie.
Lily trank einen Schluck. Der Brandy schmeckte leicht, anders als die Cognacsorten, die Derek ausschenkte. Der weiche Geschmack hatte eine beruhigende Wirkung auf sie. Lily trank langsam und blickte Alex an, der sie nicht aus den Augen ließ. Sie brachte nicht den Mut auf, ihn zu fragen, ob er jemandem von den Ereignissen dieser Nacht berichten wollte.
Anscheinend konnte er ihre Gedanken lesen. »Weiß jemand davon?«
»Wovon?«, entgegnete sie.
Ungeduldig presste er die Lippen zusammen. »Passiert es oft?«
Schweigend drehte sie ihr Cognacglas in den Händen.
»Ihr müsst mit mir sprechen, Lily«, sagte er grimmig.
»Ihr dürft mich Miss Lawson nennen«, gab sie zurück. »Und ich bin zwar sicher, dass Ihr Euch sehr
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