Jägerin des Herzens
Spielsalon.«
»In der Schule habe ich mit meinen Freunden oft darüber geredet wann wir endlich zu Craven’ s gehen dürfen und dort spielen und uns die Frauen ansehen können. Das dauert natürlich noch jahrelang. Aber eines Tages werden wir so viel Spaß haben …« Henry brach sehnsüchtig seufzend ab.
»Warum eines Tages?«, fragte Lily leise. »Warum. nicht jetzt?«
Er blickte sie verwirrt an. »Ich käme gar nicht erst durch die Tür. In meinem Alter …«
»Natürlich ist bisher noch kein Junge in deinem Alter im Haus gewesen«, gab Lily zu. »Derek hat strenge Regeln.
Aber er tut alles, worum ich ihn bitte. Wenn du mit mir kämst könntest du hinein, die Spielsäle sehen, französisch essen und ein oder zwei Mädchen aus dem Haus kennen lernen.« Sie grinste spitzbübisch. »Mit ein bisschen Glück könntest du sogar Derek die Hand schütteln.«
»Du machst Witze«, erwiderte Henry misstrauisch, aber seine blauen Augen leuchteten vor geheimer Hoffnung.
»Ich? Komm mit mir nach London und überzeug dich selber. Dein Bruder dürfte es natürlich nicht wissen, du müsstest dich in meiner Kutsche verstecken.« Lily zwinkerte ihm zu. »Lass uns zu Craven’ s fahren, Henry. Ich verspreche dir ein Abenteuer.«
»Alex würde mich umbringen.«
»Oh, er wäre sicher wütend. Das bezweifle ich nicht einen Augenblick lang.«
»Aber er würde mich nicht verprügeln«, meinte Henry nachdenklich. »Nicht nach all den Schlägen, die ich auf der verdammten Schule bekommen habe.«
»Was hast du also zu fürchten?«
Henry grinste sie entzückt an. »Nichts.«
»Alors, steig ein«, sagte Lily lachend. Sie senkte die Stimme. »Pass auf, dass dich der Kutscher nicht sieht Henry.
Du weißt ja nicht, wie enttäuscht ich wäre, wenn man dich erwischen würde.«
Sie war weg. Alex starrte aus dem Fenster in der Bibliothek und sah der Kutsche hinterher. Er wartete auf ein Gefühl der Erleichterung, aber es wollte sich nicht einstellen. Stattdessen empfand er nur Leere. Unruhig lief er durch das Haus wie ein Tiger im Käfig. Im Haus war es unnatürlich still. So war es jahrelang gewesen, bevor sie gekommen war. jetzt würde es keine Streitereien, keinen Ärger, keine lächerlichen Spielchen mehr geben. Gleich würde es ihm bestimmt besser gehen.
Sein schlechtes Gewissen mahnte ihn, Penelope aufzusuchen. Er wusste, dass sein betrunkener Tobsuchtsanfall sie erschreckt hatte. Alex stieg die Treppe hinauf und gelobte sich, dass er von nun an geduldig sein wollte. Er würde alles tun, was in seiner Macht stand, um Penelope zu gefallen. Er sah sein zukünftiges Leben schon vor sich – lange, kultivierte, vorhersagbare Jahre. Er lächelte freudlos. Alle würden sagen, es sei das Richtige, Penelope zu heiraten.
Als er sich ihrem Zimmer näherte, hörte er herzzerreißendes Weinen und eine Stimme, die so leidenschaftlich klang, dass er einen Moment lang dachte, es sei Lily. Aber sie sprach weicher und höher als Lily. »Ich liebe ihn, Mutter«, schluchzte Penelope. »Ich werde Zachary ewig lieben. Wenn ich doch nur so mutig wäre wie Lily. Dann würde mich nichts davon abhalten, zu ihm zu gehen.«
»Nun, nun«, erklang Tottys beruhigende Stimme. »Sag nicht so etwas. Sei doch vernünftig, Liebling. Als Lord Raifords Frau ist deine Zukunft – und die deiner Familie – für alle Zeit gesichert. Dein Vater und ich wissen, was das Beste für dich ist. Und Lord Raiford auch.«
Penelope hörte nicht auf zu schluchzen und keuchte: »Das glaube ich nicht.«
»Ich zweifle nicht daran«, fuhr Totty fort »dass das alles mit deiner Schwester zusammenhängt. Ich liebe Wilhelmina sehr – das weißt du –, aber sie hört nicht auf, bis sie alle unglücklich gemacht hat. Wir müssen uns bei Lord Raiford entschuldigen. Dieser wohlerzogene, gelassene Mann … ich kann es kaum glauben, in welchen Zustand ihn Lily gebracht hat! Wir hätten es nie zulassen dürfen, dass sie hier bleibt.«
»Sie hatte mit allem Recht«, schluchzte Penelope. »Sie wusste, wie sehr Zachary und ich uns lieben … oh, wenn ich doch nicht so ein Feigling wäre …«
Alex ballte die Fäuste und ging weg. Ein ironisches Lächeln glitt über sein Gesicht. Er hätte auch gern Lily die ganze Schuld gegeben, wie Totty es tat aber er konnte es nicht. Der Fehler lag bei ihm, weil er sich nicht hatte beherrschen können und etwas begehrt hatte, das er nie bekommen konnte.
Während der Fahrt nach London schien Henry es für nötig zu halten, ihr jede
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