Jägerin des Herzens
hatte. Er hatte gedacht sie hätte Nick gesagt, aber jetzt war ihre Stimme deutlicher, und er merkte, dass sie immer wieder den Namen einer Frau sagte.
»Nicole … nein … nein …« Sie weinte in trockenen Schluchzern und griff blindlings mit den Händen in die Luft, wobei sie gegen seine Brust stieß. Sie zitterte vor Angst oder vielleicht auch vor Kummer.
Alex blickte sie mit einer Mischung aus Mitleid und Neugier an. Nicole. Er hatte den Namen bei den Lawsons nie gehört. Er musste zu Lilys geheimnisvoller Vergangenheit gehören. Er strich ihr über die Haare und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Lily, wach auf! Schscht! Es ist alles gut!«
Sie zuckte zusammen und hörte auf zu atmen, als habe jemand sie niedergeschlagen. Alex zog sie an sich und nahm sie in die Arme. Plötzlich brach sie in Tränen aus. Das hatte er nicht erwartet dieses jämmerliche Schluchzen, das von einem Kummer zeugte, der zu groß für Worte war. Er erstarrte. »Lily.« Er versuchte, sie zu beruhigen, und seine Hände glitten über ihren zitternden Körper. Ihr Weinen war seltsam beängstigend. Er hatte noch nie so gebrochene Laute gehört. Er hätte alles gegeben, ihr die Sonne und den Mond versprochen, wenn sie nur aufhören würde. »Lily«, wiederholte er verzweifelt »um Gottes willen, wein doch nicht so.«
Erst nach langer Zeit beruhigte sie sich und drückte ihr tränennasses Gesicht an seine Brust. Alex versuchte, mit ihr zu reden, eine Erklärung von ihr zu verlangen, aber sie stieß nur einen erschöpften Seufzer aus und schlief so plötzlich ein, als hätten die Tränen ihr den letzten Rest an Kraft genommen. Verwirrt starrte er auf das Bündel in seinen Armen. »Wer ist Nicole?«, flüsterte er, obwohl er wusste, dass sie ihn nicht hören konnte. »Was hat sie dir angetan?«
Ihr Kopf ruhte schwer in seiner Armbeuge. Er strich über ihre dunklen Haare und merkte, wie seine eigene Anspannung nachließ. Aber sie wurde durch etwas viel Verwirrenderes ersetzt. Es erstaunte ihn, wie sehr sie seine Beschützerinstinkte ansprach. Er wollte für sie sorgen, für diese eigensinnige Frau, die so deutlich gemacht hatte, dass sie von niemandem Hilfe wollte oder brauchte. Er hatte sein Herz an sie verloren. Sie hatte sein ganzes Leben umgekrempelt. Sie hatte alles verändert.
Er liebte sie. Die Wahrheit war erschreckend, aber nicht zu leugnen. Glühend presste er seine Lippen auf ihr Haar.
Er wollte sie mit Versprechen und Worten an sich binden, sie mit allem halten, was ihm zur Verfügung stand. Mit der Zeit würde sie vielleicht auch ihn lieben lernen – er war bereit, das Risiko einzugehen. Wenn er klug wäre, würde er zuerst versuchen, mehr über sie herauszufinden und in ihre Vergangenheit einzutauchen, bis sie ihm nicht mehr so ein Rätsel war. Aber er war nicht klug, er war verliebt und er wollte sie so, wie sie war. Er war sein ganzes Leben lang vorsichtig und verantwortungsbewusst gewesen, aber jetzt würde er einmal alle Vernunft beiseitelassen und das tun, was sein Herz ihm befahl.
Lily räkelte sich wohlig. Sie blickte zu der zartblauen Decke mit den weißen Wolken, die von der Morgensonne beschienen wurde. Langsam drehte sie den Kopf und merkte, dass Alex sie unverwandt anblickte. Sie wollte sich die Decke über ihre entblößten Brüste ziehen, aber er hinderte sie daran. Fröhlich grinsend wünschte er ihr einen guten Morgen und fragte, wie sie geschlafen habe.
»Ganz gut«, erwiderte Lily misstrauisch. Sie hatte seltsame, wirre Träume gehabt und fragte sich, ob sie ihn wohl gestört hatte – und sie fragte sich, warum er ihr keine Fragen stellte.
»Ich hatte Angst, du wärst schon wieder weg, bevor ich aufwache«, sagte Alex.
Schuldbewusst schlug sie die Augen nieder, weil ihr einfiel, wie sie sich gestern Morgen heimlich davongeschlichen hatte. »Ich habe ja nichts zum Anziehen«, murmelte sie.
»Natürlich.« Entschlossen schlug er die Decke zurück. »Es ist entschieden von Vorteil, wenn ich dir nichts zum Anziehen gebe.«
Unsicher versuchte Lily, die Decke wieder hochzuziehen. »Es wäre nett von dir, wenn du jemanden zu mir nach Hause schicken würdest damit er mir ein Kleid und ein paar andere Sachen holt … meine Zofe Annie wird schon wissen, was sie mitgeben soll … und …« Ihre Würde schwand schlagartig, als er das weiße Leintuch wieder zurückzog und ihr die Beine spreizte. »Alex«, sagte sie schwach.
Seine Hände fuhren leicht über ihren Körper. »Ich liebe es, wenn du
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