Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin
weiter Weg. Wenn ihr sie ein Stückchen tragen würdet, wäre es leichter für sie.«
»Ja, das könnten wir wohl. Aber erst mal muss ich die Wunden versorgen.«
»Che-Nupet wird dir helfen. Sie ist ziemlich gut darin.«
Felina senkte ihren Blick, und Nefer betrachtete seinen Schwanz. An der Spitze fehlte ihm Fell. Blut tropfte von ihm. Es war vermutlich keine schlechte Idee, Che-Nupet um Hilfe zu bitten. Und dann kam ihm die Erklärung – klar, die Dicke war eine Heilerin. Heilerinnen legten wenig Wert auf Statussymbole wie Kopftücher. Sie hatte es wohl nur angelegt, um unbehelligt das Revier der fel’Derva betreten zu können. Ja, das war es wohl.
Auch der giftige Neid legte sich.
»Lass mich machen«, brummelte Che-Nupet auch schon neben ihm. »Ist nicht schlimm. Nur Kratzer, ne?«
»Ja, nur Kratzer. Aber Finn hängt noch im Baum.«
»Den holt Feli.«
Und dann schlappte die weiche Zunge über seine Wunden und zog den Schmerz heraus.
Über die Behandlung war er eingedöst, und als er die Augen wieder aufschlug, saß Finn neben ihm.
»’tschuldigung.«
»Schon gut.«
»Feli sagt, wir sollen die Menschel tragen. Die Kameraden sind bereit.«
»Gut. Ich auch.«
Ein junges Weibchen krabbelte auf seinen Rücken und hielt sich kichernd an seinem Hals fest. Die anderen Katzen trugen je zwei von den Menscheln, aber Che-Nupet meinte, die Kratzer müssten bei ihm erst noch heilen. Dann setzte sich die Truppe aus zehn Katzen, achtzehn Menscheln und Feli, die neben ihnen herging, in Bewegung.
Unterwegs ließ Nefer seinen Gedanken freien Lauf. Sie wanderten wieder zu seiner eigenen Karriere. Die zweite Prüfung hatte er noch nicht bestanden, und daran würde er in der nächsten Zeit zu arbeiten haben. Denn seit er es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die Königin nach Trefélin zurückzubringen, war verdammt viel schiefgelaufen. An einigem davon trug er Schuld. Es war idiotisch gewesen, Sem, Pepi und Ani mitzunehmen. Durch sie hatte er viel zu viel Zeit verloren. Er war auf das falsche Ankh hereingefallen und hatte im entscheidenden Moment die Kontrolle verloren. Nur deshalb war Finn nun als Kater hier in Trefélin. Gut, er hatte dann das richtige Ankh aufgetrieben und sogar in Feli, die wunderbarerweise bereits von dem Land Trefélin gehört hatte und einen der kostbaren Ohrringe besaß, eine Helferin gefunden.
Aber auch sie war in Gefahr geraten; heiliger Sphinx – fast wäre sie von den Panthern getötet worden.
Wieder zuckte ein seltsamer Gedanke durch seinen Kopf.
Che-Nupet war bei ihr gewesen.
Zwei Panther waren zerrissen worden.
Feli hatte nicht gesagt, wer sie verteidigt hatte oder wie sie gerettet worden war.
Nefer äugte zu der Kätzin hin, die links von ihm gleichmütig mit zwei Menscheln auf dem Rücken dahintrabte. Mäuseschiss – sie und Feli mussten vorgestern nach ihnen aufgebrochen sein. Wie hatten sie es so schnell bis zum Grenzfluss geschafft?
So ganz langsam beschlich ihn die Erkenntnis, dass er Che-Nupet möglicherweise unterschätzt hatte. Er nahm sich vor, sich in der nächsten Zeit hier und da vorsichtig nach ihr zu erkundigen. Und sie etwas genauer zu beobachten.
»Machen wir eine Rast!«, rief Felina. »Ich hab Hunger. Und die Menschel brauchen auch was zu futtern.«
Außerdem lahmte Finn ziemlich stark, bemerkte Nefer und stimmte zu. Sie hatten eine ordentliche Strecke zurückgelegt und befanden sich bereits unterhalb des Roc’h Nadoz. Die Menschel halfen Feli, einen Kreis aus Steinen zu richten, sammelten trockene Äste und Kräuter und etliches an Wurzeln und Gemüse. Ani und Pepi gingen auf Jagd und kamen schon bald mit ein paar Rebhühnern zurück, ein anderer Kater meldete, dass eine Herde Wildrinder in der Nähe graste, worauf der Trupp loszog, um sich zu verköstigen.
Nefer und Finn blieben bei den Menscheln, Che-Nupet schleppte nach und nach drei Kaninchen für sie an, während Feli die Beute zerlegte und das Fleisch an Stecken briet. Sehr zur Freude der Menschel, die das verbrannte Zeug offensichtlich genauso köstlich fanden wie Felina.
Finn verhielt sich sehr schweigsam, verzehrte sein Kaninchen roh, streckte sich dann aus und starrte zu den Bergen hin.
Ja, der Übergangsfelsen ragte wie eine spitze Nadel dort auf. Vermutlich dachte er an seine Heimkehr.
Doch plötzlich spürte Nefer, wie Finn sich anspannte. Ein Zucken ging durch sein Fell.
»Da stimmt doch was nicht. Nefer, schau mal!«
Er sah genauer hin. Richtig, da war etwas, das da nicht sein
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