Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin
Cargo-Hose steckte ein Jagdmesser, in einem kleinen Rucksack hatte er etwas Verpflegung verstaut. Lange hatte er nicht vor, sich in der Welt der Menschen aufzuhalten, und erst recht nicht in dieser ungeliebten Gestalt.
In den späten Nachmittagsstunden machte er sich auf, die Königin zu ermorden.
49. Majestät allein im Haus
Majestät tigerte unruhig auf und ab. Seit zwei Tagen hatte sie sich praktisch nicht mehr aus dem Haus begeben. Eine Bedrohung nahte, das hatte sie bei einer weiteren schamanischen Reise zusammen mit Nathan erfahren.
Da die Bilder, die sie empfangen hatte, nicht besonders konkret waren, wusste sie nicht, welcher Art die Bedrohung genau sein würde, aber sie war wachsam.
Erfreulicherweise teilte Nathan ihre Stimmung. Er war wirklich ein kluger Mann, bereit, auch solche Dinge zu akzeptieren, die Menschen normalerweise für unmöglich oder unglaubhaft hielten. Und er hatte die Gefahr ebenso wahrgenommen, wie sie selbst auch. Nur musste sie für ihn noch weit unverständlicher sein. Immerhin kam er alle paar Stunden vorbei, um nach dem Rechten zu sehen.
Das Haus war groß genug, um Majestätens Bewegungsdrang zu genügen, und hatte auch ausreichend verborgene Stellen, an denen sie sich verstecken konnte. Verschiedene Fluchtwege hatte sie ebenfalls erkundet. Zum Glück bestand Nathan nicht darauf, die Zimmertüren zu schließen.
Jetzt, am späten Nachmittag, lockte sie jedoch ein kleiner Appetit in die Küche. Dort stand immer ein Teller mit Trockenfutter bereit. Ziemlich lecker, dieses Knusperzeug. Es knurpselte noch schöner zwischen den Zähnen als die Knochen ihrer Beutetiere.
Das lustvolle Knuspern jedoch hatte sie für einen kleinen Augenblick unaufmerksam werden lassen. Erst als das Bröckchen zermalmt war, hörte sie das leise, schabende Geräusch im Nebenzimmer.
Sie spitzte die Ohren.
Da war was am Fenster.
War Wind aufgekommen? Streifte ein Zweig das Glas?
Nein.
Vorsichtig schlich sie zur Tür.
Rattenkacke!
Da war ein Mensch. Und der machte sich an dem Fensterrahmen zu schaffen.
Sie duckte sich, machte sich so klein wie möglich, um nicht gesehen zu werden, aber dennoch beobachten zu können, was dort vor sich ging.
Es klirrte.
Glas splitterte, eine Hand griff von außen an die Fensterverriegelung.
Das Fenster schwang auf, und der Mann sprang behände ins Wohnzimmer.
Grauhaarig, geschmeidig wie ein Kater. Er sah sich um und sog den Atem ein.
Und kam zielstrebig auf die Küche zu.
Majestät huschte aus der anderen Tür zur Diele.
Er kam hinter ihr her. Schweigend, lautlos.
Nur nicht in die Enge treiben lassen.
Sie hechtete nebenan ins Schlafzimmer.
Er rannte ihr nach.
Majestät auf den Kleiderschrank. Andere Seite runter, wieder ins Wohnzimmer.
Er folgte.
Sie das Regal hoch, hinter die Trommel.
Er reißt eine Decke vom Tisch. Ein Becher und zwei Bücher poltern zu Boden.
Majestät versucht unsichtbar zu werden.
Schnüffeln. Dann wird die flache Trommel weggestoßen.
Majestät fliegt. Landet auf dem Boden. Eine Glasscherbe bohrt sich in ihre Pfote.
Rattenscheiße!
Die Decke landet über ihr.
Sie entwischt. Hinkend, Vorderpfote blutet. Durch die Tür, in die Diele. Treppe hoch.
Er hinterher.
Rechts – Arbeitszimmer.
Er ihr nach, wirft die Tür zu.
Heiliger Sphinx!
Unter den Schreibtisch.
Dumm – kein Ausweg.
Er auf den Knien. Sein Gesicht, höhnisch grinsend, kommt näher.
Sie schlägt zu. Auf die Augen.
Krallen fahren durch Haut.
Er schreit.
Sie raus. An ihm vorbei. Feuer in der Pfote. Schmerz ignorieren!
Ein Messer blinkt in seiner Hand.
Auf das Bord. Da, das Fenster in der Dachschräge.
Er kommt näher. Einen Aktenordner runterwerfen.
Trifft seinen Arm.
Winziger Vorsprung.
Ein kräftiger Stoß mit dem Kopf. Das Fenster schwingt ein Stück auf. Durch den Spalt zwängen.
Er stößt es ganz auf.
Majestät das Dach hoch. Auf den First.
Einen gellenden Hilfeschrei ausstoßen.
Vielleicht hört ihn ein Freund.
Er schaut zu ihr hoch, wutverzerrt.
Irgendwo ein Antwortschrei.
Die Waldkatzen.
Er verschwindet, taucht gleich darauf auf der Loggia auf. Versucht, auf das Dach zu kommen.
Unten Hufschlag.
Majestät schreit. Und schreit. Und schreit.
Die Waldkatze auch.
Nathan springt vom Pferd. Sieht hoch zu ihr. Entdeckt den Mann. Brüllt ihn an. Verschwindet im Haus.
Unten Getöse.
Zitternd hört Majestät auf zu schreien und lauscht. Türen schlagen krachend zu, irgendwas geht zu Bruch. Dann stürmt der Mann aus dem Haus. Nathan
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