Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin
abbeißen?«, schlug Pepi hilfreich vor. Aber auch wenn sie kräftige Zähne hatten, das Glas hielt ihnen Stand.
»Abbrechen?«
Das gelang. Wein schwappte über den rosa Morgenmantel.
»Und jetzt?«
»Brauchen wir eine Schale.«
Schon hatte Ani die Vogeltränke ausgeleert, und Sem goss den Inhalt der Flasche hinein. Nefer versuchte vergeblich, sie von ihrem Tun abzuhalten, aber die verrückten Kerle knieten schon vor der Schale und schlappten sie mit Begeisterung leer.
»Mehr davon!«, grölte Ani und stolperte zum Schuppen.
Die zweite Flasche wurde geköpft.
Und dann geschah das Unfassbare.
Vier Männer stürmten auf die Terrasse, sagten: »Polizei!«, und alles geriet völlig außer Kontrolle.
Das Einzige, was Nefer tun konnte, war, die Jungs anzuzischen: »Sagt nichts. Sagt kein Wort. Ihr versteht sie einfach nicht!«
Und flehentlich hoffte er, dass das in die trunkenen Hirne seiner Begleiter noch eindringen würde. Dann hetzte er hinter den Polizeifahrzeugen her.
9. Das falsche Ankh
»Natürlich musst du dir die Zehennägel lackieren. Jetzt, wo man wieder Sandalen anziehen kann.«
»Ich zieh keine Sandalen an.«
»Aber du läufst barfuß.«
»Im Garten, da interessiert’s keinen.«
Kristin kicherte. »Doch, die Marienkäfer. Ich mach dir auch schwarze Pünktchen drauf.«
Bei der Vorstellung, Marienkäfer mit ihren Zehennägeln zu betören, musste Felina nun doch lachen.
Sie saß mit ihrer Nachbarin und Freundin Kristin in ihrem Zimmer und hatte eigentlich ein Referat vorbereiten wollen, aber Feli war nicht bei der Sache, weil sie sich auf unbestimmte Weise unglücklich fühlte. Zum einen fehlte ihr ihre Großmutter. Klar, sie hatte gewusst, dass sie krank war und sich schon seit Monaten mehr und mehr in sich zurückgezogen hatte. Aber nun war sie fort. Endgültig. Ein Häufchen Asche in einer Urne.
Und dann waren da ihre Eltern, die ihr, seit sie aus China eingetroffen waren, tagein, tagaus in den Ohren lagen, dass sie sich wieder untersuchen lassen sollte, sich endlich für eine Ausbildung entscheiden müsse, sich nicht überanstrengen dürfe und so weiter und so weiter.
Und ihre Tante, die ihr ständig im Nacken hing und ihr erklärte, dass sie mehr für sich tun müsse, nicht so schlaff rumhängen dürfe, mehr Gemüse essen solle.
Dagegen war Kristin mit ihren Schmink- und Frisurtipps sogar noch erträglich. Vor allem bemerkte die wenigstens, dass sie sich nicht so gut fühlte.
»Sag mal, Feli, wie geht es jetzt eigentlich mit dir weiter? Ich meine, musst du jetzt in ein Internat oder so?«
»Das wenn ich’s wüsste. Auf jeden Fall bleibe ich noch bis zu den Ferien hier. Wär ja auch bescheuert, jetzt die Schule zu wechseln.«
»Genauso bescheuert, das letzte Jahr an einer anderen Schule zu verbringen.«
»Mhm.«
»Ich frag Nerissa, ob du bei uns bleiben kannst.«
Noch immer zuckte Feli leicht zusammen, wenn Kristin von ihrer Mutter als Nerissa sprach. Aber die hatte das so von ihren Kindern verlangt. Vermutlich hoffte sie, dann als ältere Schwester durchzugehen. Nerissa war schon etwas speziell. Aber Kristins Angebot war lieb gemeint.
»Wenn’s ganz dicke kommt, Kristin, dann werd ich dein Angebot wohl annehmen.«
Feli spielte mit der kleinen Katzenstatue, die sie aus Gesas Zimmer zu sich genommen hatte. Es beruhigte sie immer ein bisschen, wenn sie sie in der Hand hielt.
»Die ist putzig, diese Katze«, meinte Kristin plötzlich und streckte die Hand aus.
»Eigentlich nicht wirklich putzig, eher majestätisch«, meinte Feli und reichte sie ihrer Freundin.
»Ja, das stimmt wohl. Und – guck mal, die trägt auch so ein komisches Kreuz um den Hals, genau wie du. Seit wann hast du das eigentlich? Bist du heimlich zu den Bekehrten übergewechselt?«
»Kulturbanausin!«
»Wie das denn nun schon wieder?«
»Das ist ein ägyptisches Henkelkreuz. Das war früher mal ein Zeichen der Unsterblichkeit.«
»Ah, bist du einem Unsterblichen begegnet? Zeig mal deinen Hals!«
Wieder musste Feli lachen.
»Nein, kein Blutsauger an meiner Seite. Auch wenn die dem Vernehmen nach tolle Kerle sind.«
»Seufz!«, sagte Kristin und stellte die Katze wieder auf den Tisch.
»Weit toller, als der, der mir das gegeben hat.«
»Huch – und wer war das?«
»Dein lieber Bruder.«
»Finn? Hat dir einen Anhänger geschenkt?«
»Man kann es nicht eben schenken nennen. Du weißt doch, wie maulfaul der sein kann. Der hat mir das bei Omas Beerdigung wortlos zugesteckt.«
»Mhm.« Kristin
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