Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin
hineingedeutet. Das aber bedeutet noch lange nicht, dass sich Tiere ihrer selbst oder ihrer Handlungen bewusst sind.«
»Aber Herr Bormann, es gibt Untersuchungen, dass beispielsweise Schimpansen sich im Spiegel erkennen. Man hat das als wissenschaftlichen Beweis ausgelegt, dass sie sich ihrer selbst bewusst sind«, sagte jemand aus der hinteren Reihe.
»Na, ich weiß nicht. Ich erkenne mich morgens manchmal auch nicht selbst im Spiegel«, warf ein Witzbold von links ein.
»Es hat ja auch noch nie jemand behauptet, dass du mehr bist als ein dressiertes Pantoffeltierchen, Kevin«, bemerkte eine andere, und alles lachte. Sogar Grünchen. Aber die sorgte dann gleich wieder für Ruhe.
»Als gültiger Beweis für ein Bewusstsein erscheint mir das allerdings auch zu wenig«, ließ Pfarrer Bormann sich vernehmen. »Dazu gehört weit mehr als das Wiedererkennen im Spiegel. Kommunikationsfähigkeit, die Gabe, eigene Taten zu reflektieren, antizipatives Verhalten …«
»Herr Bormann, mein Hund kann sehr wohl mit mir kommunizieren«, sagte ein Mädchen. »Er kennt meine Worte und meine Körpersprache, und ich kann sein Bellen, Jaulen, Kläffen und so weiter auch ganz gut unterscheiden.«
»Blindenhunde und Spürhunde können ebenfalls auf sehr hohem Niveau kommunizieren«, warf ein anderer ein.
»Ohne Zweifel sind Tiere lernfähig«, gab der Pfarrer zu. »Man kann ihnen beeindruckende Leistungen andressieren. Aber das repetitiv Erlernte darf man doch nicht mit eigener Erkenntnis gleichsetzen.«
»Von uns wird aber auch verlangt, dass wir Fakten und Regeln und Vokabeln auswendig lernen.«
»Eben, aber Sie wenden sie anschließend selbstständig an, um eine mathematische Aufgabe zu lösen oder eine fremde Sprache zu sprechen. Ein Hund, der einen Puschen zu apportieren lernt, wird seinem Herren nie ein paar neue Hausschuhe kaufen, wenn die alten verschlissen sind.«
»Ist ja wohl auch nicht seine Aufgabe – als Hund, meine ich. Jetzt sind Sie derjenige, der menschliches Verhalten auf Tiere überträgt.«
»Wer sagt Ihnen denn, dass Tiere nicht ihre Taten reflektieren? Nur weil wir ihre Form der Kommunikation nicht kennen.«
»Reflektieren der Taten würde ein moralisches Gewissen voraussetzen, und das ist etwas, das nur dem Menschen eigen ist. Nur der Mensch erkennt den Unterschied zwischen Gut und Böse. Und damit die Sünde.«
»Und im Gegensatz zu den Menschen glauben die Tiere nicht an Gott!«
»Die heilige Lotti«, fauchte Feli leise und umklammerte das Ankh an ihrem Hals.
»Sie will sich doch nur bei dem schönen Dornenvogel einschleimen.«
»Bei dem Förster hat sie damit nicht gepunktet.«
Feli merkte, wie ihr Puls sich beschleunigte. Lotti hatte sie schon häufiger verärgert. Sie hatte so eine besserwisserische Art, anderen zu erklären, was Gottes Wille war. Eine richtige Halleluja-Schwester, die ihr mit ihrem Gutmenschengehabe auf die Nerven ging.
»Trink Wasser, Feli!«
Kris schob ihr die Flasche zu.
Feli schüttelte den Kopf.
Der Pfarrer nahm auch sogleich Lottis Argument auf und bekräftigte es.
»Das ist natürlich ein weiterer Effekt, den man beachten sollte. Nur der sich selbst erkennende und reflektierende Mensch ist sich einer Herkunft bewusst und seiner unsterblichen Seele. Religio – die Rückverbindung zum Göttlichen – dazu ist ein Tier nicht in der Lage.«
»Tiere haben also keine Seele, Herr Pfarrer?«, fragte jemand.
»Nun, Mensch und Tier unterscheiden sich durch den Geist, das heißt, der Mensch hat dem Tier seinen Willen und seine Vernunft voraus. Darum ist der Mensch in der Lage, zu denken und zu lernen. Dagegen bleiben die Tiere auf der Stufe des triebhaften, unbewussten Lebens.« Der Pfarrer sah sich siegesgewiss um. »Ein weiteres Merkmal des menschlichen Geistes ist das Gewissen. Wenn Tiere ein anderes Tier umbringen, um zu überleben, empfinden sie keine Gewissensbisse. Dagegen können Gewissensbisse den Menschen in den Wahnsinn treiben. Daraus können wir schließen, dass das Tier keine Seele nach der Art des Menschen besitzt. Es kann Schmerz, möglicherweise auch Freude empfinden, ist aber von seinen Instinkten und Trieben gelenkt. Nichtsdestotrotz sollten wir immer daran denken: ›Quäle nie ein Tier aus Scherz, denn es fühlt wie du den Schmerz!‹«
Feli hatte nun doch einen Schluck Wasser getrunken, aber das Herzklopfen hörte nicht auf. Noch einmal umfasste sie das Ankh, und dann hörte sie sich plötzlich selbst sprechen.
»Menschliche Babys können
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