Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin
war ein Glücksgriff. Er trug wahrhaftig das Ankh um den Hals. Zwar hatte er gelogen und behauptet, seine Schwester habe es ihm geschenkt, aber das ließen sie ihm durchgehen. Wenn es so weit war, würden sie es ihm schon abnehmen.
Und in dieser Nacht war es so weit.
Es war Silbermond, die Heimkehr stand kurz bevor.
Wo immer Majestät sich verborgen hielt, sie würde sich vermutlich am Dolmen einfinden. Und er selbst würde dafür sorgen, dass ihr das Ankh wieder um den königlichen Hals gelegt wurde.
Und dann hätte er seine Prüfung bestanden.
Nefer sonnte sich in dieser Vorstellung.
Sem, Pepi und Ani hatten sich auch einigermaßen anständig verhalten und gingen hier in dieser gemischten Gesellschaft als Menschen unbehelligt durch. Einzig ihre Vorliebe für alkoholische Getränke stimmte ihn etwas kritisch. Aber ab morgen würde sich das auch legen. In Trefélin gab es kein Bier, kein Wein und – mhm – leider auch keinen Eierlikör. Das Zeug hatte Finn für ihn besorgt, und er hatte nach den ersten zwei Schlapp durchaus ein gewisses Verständnis für die Jungs. Es machte so schön warm im Bauch, und all die Sorgen und Probleme wurden mit so einem matten Schleier überzogen. Aber gesund war das nicht.
Nein, es war deutlich besser, wenn er seine Sinne beisammenhielt. Vor allem in den nächsten Stunden.
Sie waren hier eine ordentliche Strecke von dem Dolmen entfernt, ein Fußmarsch für Menschen von gut drei Stunden. Daher hatten sie beraten, wie man am schnellsten dort hinkommen konnte. Nefer hatte vorgeschlagen, Finn schon in der Nacht zuvor das Ankh abzunehmen und sich zu verdrücken, aber das hatte nicht geklappt. Er war aufgewacht, und Ani hatte eine ziemlich lahme Ausrede gebraucht, um zu erklären, warum er an seinem Hals herumgefummelt hatte. Also würden sie heute die allgemeine Freude an den berauschenden Getränken nutzen, um ihn so beduselt zu machen, dass er ihnen den Anhänger freiwillig gab. Wie es aussah, hatte übermäßiger Genuss alkoholischer Getränke auch die Wirkung, dass der Konsument keine klare Erinnerung an die Vorgänge in Trunkenheit mehr hatte. Das war ein wesentlicher Vorteil dieses Plans, hatten seine drei Begleiter argumentiert.
Eine Abschiedsfeier wollten sie veranstalten, da sie am morgigen Tag abreisen mussten.
So weit war das also nicht hergeholt.
Außerdem hatten sie sich Fahrräder beschafft. Wie, das wollte Nefer lieber nicht so genau wissen. Aber eines davon hatte einen Korb vorne am Lenker, und in den hatte, trotz seiner lauten Proteste, Finn ihn gesteckt und war mit ihm über die Feldwege gehetzt. Zuerst hatte er, für einen schwarzen Kater kaum vorstellbar, schreckensbleich die Augen geschlossen in Erwartung von Tod oder Verstümmlung. Doch dann war ihm der Wind durch den Pelz gezogen, ganz so, als ob er selbst mit höchster Geschwindigkeit über die Steppe gerannt wäre. Er hatte die Augen geöffnet, und – tja – es genossen, dass ihm die Ohren nach hinten gedrückt wurden und die Barthaare flatterten. Finn beherrschte diese Maschine offensichtlich, und Sem, Ani und Pepi hatten es auch ziemlich schnell heraus, damit umzugehen. Kurz war Nefer versucht, sich zu verwandeln, und den Spaß auch zu genießen.
Aber die Vernunft siegte.
Mit diesen Fahrrädern würden sie heute Abend zum Dolmen fahren.
Die Sonne war vorangeschritten, und Nefer suchte sich einen weniger schattigen Platz. Noch war die Luft verhältnismäßig kühl. Auf der Garage, in der die großen Maschinen standen, fand er ein passendes Eckchen, von dem aus er einen guten Überblick hatte.
Die Arbeitszeit näherte sich dem Ende, die Pflücker auf den Feldern stellten ihre Körbe an den Sammelstellen ab und schlenderten zu den Containern. Sie würden sich anschließend mit Wasser begießen, sich ihr Essen in der Küche holen und dann ihren Vergnügungen nachgehen.
Nefer beobachtete, wie Finn mit seinen drei Freunden alberte.
Er war ein anständiger Kerl, wenn auch noch sehr jung und unbedarft. Das war vermutlich sein Problem. Immerhin, Majestät hatte er bei dem Überfall auf sie am Dolmen gerettet, und das rechnete er ihm hoch an. Er war nur zwei Jahre jünger als er selbst, doch Nefer fühlte sich bei Weitem überlegen. Menschen brauchten so lange, um erwachsen zu werden. Trefélingeborene waren zwar langsamer als Katzengeborene dieser Welt – die Kleinen mussten schon nach sechs Monaten selbstständig für sich sorgen –, aber deren Leben war auch bedeutend kürzer als das seines
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