Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin
Volkes. Bei ihnen in Trefélin verließen die Jungkatzen das Mutterrudel nach sieben Jahren, bereit, mit einem Rudel Gleichaltriger ein eigenes Revier innerhalb der Clangrenzen zu suchen und zu verteidigen. Viele ließen es dabei, andere suchten sich nach einiger Zeit besondere Aufgaben. Und einige wenige beschlossen, sich weiter ausbilden zu lassen. So wie er und seine drei Begleiter. Dann verließ man seinen angestammten Clan und seine Heimat, um sich dem Weisen oder dem Hofstaat anzuschließen.
Finn war erst jetzt bereit, sein Geburtsrevier zu verlassen und sich eine Aufgabe zu suchen, und was er so recht wollte, wusste er augenscheinlich noch nicht. Nun, das war nicht Nefers Problem.
Er musste ein wenig eingedöst sein, denn die Sonne hatte sich bedenklich dem Horizont zugeneigt, als er seinen Namen rufen hörte. Nefer sprang vom Dach und setzte sich auf einen Palettenstapel, um auf Augenhöhe mit Pepi zu sein.
»Wir fahren jetzt zum Wald, Nefer. Willst du in den Korb oder in den Rucksack?«
»Lieber in den Korb. Ist Finn bereit mitzukommen?«
»Klar. Allerdings will er nicht mit seinem Roller fahren. Er sagt, das mag der Förster nicht. Er hat deswegen schon mal Stress mit ihm gehabt. Also haben wir für ihn auch ein Rad geliehen.«
»Geliehen?«
»So heißt das hier.«
Sie erreichten den Platz im Wald ohne Hindernisse, und da sie mit den menschlichen Gepflogenheiten vertraut waren, hatten Ani, Sem und Pepi für ausreichend Vorräte gesorgt. Erdbeerpflücken machte hungrig, und die Verpflegung, die der Bauer reichte, war nicht ganz ausreichend für junge Männer. Und erst recht war es der kalte Tee nicht, den er ihnen als Getränk anbot. Nefer war zwar ein wenig nervös und hatte Probleme damit, seinen aufgeregten Schwanz unter Kontrolle zu halten, der ständig hin und her peitschen wollte. Aber noch verlief alles so, wie sie es geplant hatten, und wenn der Mond den Zenit erreicht hatte, würden sie aufbrechen.
Eigentlich konnte er stolz auf sich sein, befand Nefer. Trotz der anfänglichen Schwierigkeiten hatte er die Aufgabe hervorragend gemeistert. Fehlte nur noch Majestät. Hin und wieder sog er prüfend den Atem ein, ob er eine Spur von ihr entdecken konnte. Aber bisher lag nichts in der Luft. Allerdings, das fiel ihm jetzt ein, mochte Majestät die Ansammlung von männlichen Jungmenschen auch wohl eher misstrauisch betrachten. Vermutlich würde sie erst im allerletzten Moment auftauchen.
»Komm, Nefer, für dich einen Happen Käse?«
Finn hielt ihm ein Stückchen Camembert hin. Das Zeug war erste Sahne, wirklich. Und es konnte nicht schaden, davon ein wenig zu naschen. Es würde lange genug dauern, bis er wieder einen solchen Leckerbissen zwischen die Zähne bekam.
Er bekam auch noch einen zweiten und dritten Happen, und das Schälchen Eierlikör schlappte er auch noch aus. Das besänftigte wenigstens seinen nervösen Schwanz.
Sem, Pepi und Ani hielten sich, wie er bemerkte, gehorsam mit den Getränken zurück, so wie er es befohlen hatte. Nur Finn schenkten sie immer weiter nach.
Nefer riskierte ein zweites Schälchen Eierlikör. Es schmeckte etwas strenger als das erste, und eine gewisse Leichtigkeit machte sich in ihm breit. Ja, geradezu eine lässige Verantwortungslosigkeit. Es würde schon alles gut gehen. Er machte sich immer viel zu viele Sorgen.
Finn hatte ihn auf den Schoß genommen und kraulte ihm den Nacken. Auch das war etwas, das er ungeheuer genoss. Mochte einem zu Hause auch jemand das Fell bürsten, das Kraulen menschlicher Finger war damit nicht zu vergleichen.
Nefer schnurrte beglückt.
Und schlappte noch ein Schälchen Eierlikör.
Danach verschob sich die Realität ein wenig für ihn.
17. Majestät auf der Flucht
Majestät saß am Rand der Autobahn und warf einen kritischen Blick zum Himmel. Es wurde Zeit.
»Wir müssen vorsichtig sein, Bastet Merit«, sagte Scaramouche. »Sie sind so ungeheuer schnell. Es muss wirklich eine große Lücke sein. Und wir dürfen nicht stehen bleiben.«
»Das leuchtet mir ein. Nur – wann kommt hier mal so eine Lücke?«
»Abwarten. Irgendwann.«
»Irgendwann. Ich habe keine Zeit bis irgendwann.«
Es hatte sowieso verdammt lange gedauert, bis sie eine Gelegenheit gehabt hatten, aus diesem Tierheim zu entkommen. Majestät murrte vor sich hin, befand aber, dass sie ungerecht war. Ohne Scaramouche hätte sie es überhaupt nicht geschafft.
Sie bewunderte seine Art, wie er mit den Katzengeborenen umging. Sie erkannten ihn meist sofort
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