Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin
Finns Gefängnis.
27. Majestät schließt Freundschaft
Majestät schlich zum Tisch. Nathan hatte sich Brote gerichtet, aber dann hatte das Telefon geklingelt, und er war aus der Küche gegangen, um ein Gespräch zu führen. Eigentlich, das wusste Majestät, war es entwürdigend, was sie hier tat, aber der Duft war so verlockend, dass ihr der Geifer sich im Maul sammelte. Also gab sie der Gier nach, sprang auf den Tisch und beugte sich über den Teller. Ihre raue Zunge raspelte gründlich die Leberwurst vom Brot.
Köstlich.
Die Scheibe Schinken nahm sie dann auch noch mit, sprang wieder nach unten und verzehrte sie mit leisem Schmatzen unter dem Stuhl. Dann putzte sie sich ausgiebig.
»Ich glaub es nicht!«
Ups – das hörte sich nicht freundlich an.
Kalte graue Augen fixierten sie.
Sie starrte zurück. Stand ihr doch zu, oder? Was hatte er seine Beute auch verlassen?
Er starrte weiter, und sein Blick fühlte sich an, als ob er ihr Gehirn durchdringen wollte. Höchst unangenehm. Aber Majestät unterdrückte gewaltsam ein entschuldigendes Schnurren.
»Gierschlund!«
Heiliger Sphinx, es klang verächtlich.
Aber sie starrte weiter. Es konnte nur einen geben!
Plötzlich lächelte Nathan, und unwillkürlich zwinkerte sie.
Rattenschiss, verloren!
Hatte aber trotzdem gut geschmeckt.
Das Zusammenleben mit Nathan war, bis auf derartige Niederlagen, verhältnismäßig angenehm. Majestät verbrachte den Tag meistens im Wald, so wie er auch, doch in ganz anderen Gebieten. Sie hatte herausgefunden, dass eine der Waldkätzinnen vier Junge geworfen hatte und sie in einer Baumhöhle großzog. Sehr vorsichtig hatte sie sich ihr genähert, wohl wissend, dass die Mutter ein Recht auf ihre Ruhe hatte. Aber da die Kätzin noch nicht jagen konnte, hatte sie ihr eine Waldtaube geschlagen und ganz in die Nähe ihres Lagers gebracht. Die Taube war, bis auf ein paar Federn, am nächsten Tag verschwunden gewesen, und die Kätzin hatte freundlich gebrummt. Seither versorgte sie sie jeden Tag mit etwas Wild.
Die drei Waldkatzen lebten in den unzugänglicheren Gebieten des Waldes, und Majestät hielt sich, von ihnen geduldet, auch lieber fern von den Spazier- und Wirtschaftswegen auf. Weder Wanderern mit Hunden noch Forstarbeitern mit Sägen wünschte sie zu begegnen.
Abends aber kam sie mit Nathan zurück und erhielt ihr Futter. Er sagte wenig, zog sich meist in sein Büro zurück; später las er oder machte den Fernseher an. Dass sie sich zu ihm auf das Sofa setzte, duldete er auch ohne Worte.
An diesem Abend aber ging die Türglocke.
Nathan ließ eine Frau ein, und Majestät machte sich unsichtbar. Oben vom Schrank aus, hinter einem mit dünnem Leder bezogenen Reif, beobachtete sie lauschend die Zusammenkunft.
Die erste Überraschung erlebte sie, als Nathan seinen Gast als Frau Alderson anredete und sie ihn bat, sie Iris zu nennen.
Iris Alderson – Gesas Tochter.
Vor vielen Jahren, einige Zeit, nachdem Gesa Trefélin verlassen hatte und sie selbst bereits Königin war, hatte sie ihre Freundin noch einmal besucht. Zwei kleine Kinder hatte sie damals gehabt, einen Jungen und ein kleineres Mädchen, das gerade krabbeln lernte.
Zeit verging – das kleine Mädchen war eine stämmige Frau geworden, durch deren dunkle Haare sich erstes Grau zog. Was wollte sie hier?
Wie es aussah, Bier trinken.
Und dem Förster das Revier abschwatzen.
Schwatzen konnte sie gut, bemerkte Majestät, und Nathan hörte ihr sogar aufmerksam zu.
»Ich denke, wir können da eine Möglichkeit finden, Iris«, sagte er schließlich und faltete einen Plan auseinander. Sie sprachen über Routen und Pfade und Zeiten und Markierungen. Das war beinahe kätzisch. Auch in ihrem Land einigte man sich, wie auch die Katzengeborenen in dieser Welt, über Revierhoheiten, sprach Zeiten ab, zu denen man sie unbehelligt durchqueren durfte, vereinbarte Stellen, an denen Markierungen – Botschaften aller Art – hinterlassen wurden, legte Durchgangswege und Grenzen fest. Es sprach für Nathan und Iris, dass sie derartig intelligente Regelungen zu treffen in der Lage waren.
»Ich würde gerne in den Sommerferien mit den ersten Gruppen Führungen unternehmen. Sind Sie damit einverstanden?«
»Sprechen wir die Termine ab. Ich biete in den Ferien ebenfalls Kurse für Kinder und Jugendliche an, die einige Tage im Wald verbringen wollen.«
»Die Junior-Ranger. Ich habe die Angebote gesehen. Eine Maßnahme, die ich nur gutheißen kann.«
»Schlagen Sie Ihrer
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