Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin
Nichte vor, sich uns anzuschließen. Sie hat auf mich einen interessierten Eindruck gemacht.«
»Felina – ja, eine gute Idee. Sie ist viel zu lange verhätschelt worden. Ich werde es ihr ans Herz legen.«
Iris stand auf und sah zum Schrank hoch. Majestät zog sich noch etwas weiter hinter den Reif zurück.
»Das ist eine Schamanentrommel da oben, nicht wahr?«
»Ja.«
»Und das dort eine Rassel.«
»Ja.«
Nathan wurde aber sehr einsilbig. Iris registrierte das auch.
»Ich nehme nicht an, dass Sie zum Stamm der Wannabees gehören.«
Ein trockenes Lachen antwortete ihr.
»Nein.«
»Sie sind ein interessanter Mann, Nathan.«
»Nicht mehr oder weniger als andere, Iris.«
»Ich habe einige Trekkingtouren durch sehr abgelegene Gebiete gemacht und eine Reihe außergewöhnlicher Menschen kennengelernt. Ich achte ihre Fähigkeiten.«
»Ich auch.«
Jetzt lachte Iris leise auf.
»Und ich bin eine neugierige Frau, Nathan.«
»Sie wollen wissen, wie ich zu diesen Instrumenten gekommen bin, ohne ein Wannabee zu sein?«
»Ja.«
»Eine unrühmliche Geschichte. Aber wenn sie Sie unbedingt hören wollen …«
»Will ich.«
Majestät spitzte ebenfalls die Ohren.
»Ich war nicht eben ein netter Junge. Meine Eltern hatten reichlich Ärger mit mir.«
»Dazu gehören immer zwei Seiten.«
»Sicher. Meine Mutter war Lehrerin, mein Vater Finanzbeamter.«
»Was nichts aussagt. Ich habe sowohl aufgeschlossene Lehrer als auch kreative Finanzbeamte kennengelernt.«
»Soll es geben. Meine Eltern gehören nicht dazu. Sie sind konservativ bis zur Verknöcherung. Sie leben jetzt in Südspanien, ich sehe sie selten. Aber ich habe es ihnen auch nicht leicht gemacht. Als Jugendlicher habe ich beständig gegen sie rebelliert. Iris, Sie haben neulich diesen Müll an dem Hügelgrab gesehen, den die Vandalen hinterlassen haben. Mit ähnlichen Gesellen bin ich auch herumgezogen. Wir fanden uns großartig, wenn wir getrunken hatten, und haben groben Unfug angestellt. Ich bin ein paarmal auffällig geworden, habe Verwarnungen und Strafen kassiert. Es hat mich alles wenig beeindruckt.«
»Junge Männer müssen sich austoben. Nicht dass ich diese Art gutheiße, aber es steckt in ihrer Natur.«
»Ja, in gewisser Weise war man nachsichtig mit mir. Meine Eltern jedoch nicht.«
»Sagte ich ja, zwei Seiten.«
»Einsicht, Iris, wird weder durch Nachsicht noch durch Strafe und Repressalien bewirkt. Ich brauchte eine Katastrophe dazu.«
»Wenn man sie überlebt, ist das meist wirkungsvoll.«
»Oh ja. Ich hätte sie beinahe nicht überlebt. Wir hatten uns wieder einmal zu einem Besäufnis im Wald getroffen. Nicht hier. In meinem Heimatort. Es war ein trockener Sommer, das unprofessionelle Lagerfeuer geriet außer Kontrolle. Der Wald brannte. Ich wurde eingeschlossen.«
»Ein traumatisches Erlebnis.«
»Feuerwehrleute retteten mich, wie, weiß ich nicht mehr. Der Rauch hatte mich bereits bewusstlos werden lassen. Ich verbrachte Wochen im Krankenhaus, ohne Stimme, von Brandwunden übersät, mit Medikamenten vollgepumpt. Und in ständigen Albträumen gefangen. Das war schlimmer als die Schmerzen. Sie brachten mich fast um den Verstand.«
»Nicht über das Erlebnis sprechen zu können, macht die Verarbeitung schwer.«
»Das und das Bewusstsein der Schuld.«
»Wie alt waren Sie damals?«
»Siebzehn.«
»Wie Felina jetzt auch. Aber sie ist das Gegenteil von einem Rebellen. Ich wünschte manchmal, sie würde etwas mehr Initiative ergreifen. Aber das ist eine andere Geschichte. Wie ist ein siebzehnjähriger Brandstifter zu der Schamanentrommel gekommen?«
»Indem er seine Sachen gepackt und mit achtzehn ohne große Abschiedsschmerzen sein Elternhaus verlassen hat. Ich war zu dem Schluss gekommen, dass nur Wiedergutmachung mich möglicherweise von meinen furchtbaren Träumen erlösen konnte. Wiedergutmachung weit entfernt von allem, was ich kannte. Ich kam bis nach Kanada. Ich jobbte, um mir meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Vor allem aber versuchte ich, dort in den Wäldern Arbeit zu finden. Ich wurde kräftiger, konnte zupacken, wurde Handlanger bei einem Trupp Waldarbeiter, die es mit der Arbeitserlaubnis nicht so ernst nahmen. Körperliche Erschöpfung half gegen die Träume von Feuer und Tod, aber eben nicht immer. Eines Tages lernte ich einen Mann kennen, der mein Problem erkannte. Er schickte mich auf die Reise. Und als ich zurückkam, konnte ich mit den Träumen umgehen.«
»Das Letzte war eine bemerkenswerte
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