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Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin

Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin

Titel: Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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hin. Jemand in ihrem eigenen Reich wollte verhindern, dass sie zurückkam. So schlicht lautete ihre Schlussfolgerung. Sie ging im Geiste ihre Gefolgschaft durch. Hatte sie sich Feinde gemacht? Hatte es eine Gruppe Intriganten gegeben? Bisher hatte sie geglaubt, dass ihre Hofdamen loyal waren, selbst wenn sie nicht immer ihre Meinung teilten. Aber einige waren ehrgeizig. So sehr, dass sie jemanden überzeugt hatten, dass ihre Rückkehr zu verhindern sei? Jemanden, der die Macht hatte, Durchgänge zu versiegeln? Das konnten nur sehr wenige.
    Oder war es noch viel schlimmer – hatten die Namenlosen eine Möglichkeit gefunden, die Übergänge zu beeinflussen? Das wäre entsetzlich. Das schwarze Rinnsal fiel ihr wieder ein.
    Sie hätte sich weit früher darum kümmern müssen!
    Düsterer und düsterer wurden Majestätens Gedanken. Sie verspürte zwar ein Hungergefühl, war aber viel zu niedergeschlagen, um zu jagen. Sie saß einfach da und quälte sich mit Schreckensszenarien und üblen, ganz üblen Schuldgefühlen. Sie hatte Verantwortung für ihr Land, für ihre Untertanen. Sie hatte versagt.
    Und sie hatte Heimweh. Schmerzhaftes, unerträgliches Heimweh.
    Sie registrierte den Hufschlag, aber sah nicht auf. Sie sah auch nicht hoch, als Nathan abstieg und sich leise näherte.
    »Hier bist du also!«, sagte er sanft. »Ich habe mir schon Sorgen um dich gemacht, Majestätchen.«
    Sie starrte weiter auf den Baumstamm vor sich.
    Die raue Hand strich über ihren Rücken.
    »Dir fehlt doch was. Bist du krank?«
    Er stand eine Weile neben ihr, und sie blickte ihn dann schließlich doch an. Er wirkte besorgt, aber unschlüssig.
    »Ich werde dich nach Hause bringen.«
    Oh ja, nach Hause.
    Sie ließ es zu, dass er sie hochhob, und als sie in seinem Arm lag, krallte sie die Vorderpfoten in seine Schulter. Er summte und brummte eine eintönige Melodie, die ihrem Schmerz die Schärfe nahm. Darum schmiegte sie ihren Kopf an seinen Hals und ließ sich von ihm tragen. Sie rührte sich auch nicht, als er sich auf das Pferd schwang, und sie rührte sich nicht, als es sich in Bewegung setzte. Er summte und brummte weiter, und erstmals seit drei Tagen wurden ihre Gedanken ein wenig ruhiger.
    Dann wurde sie ins Haus getragen und auf ihre Decke auf dem Sofa gelegt.
    Nathans Hände tasteten ihren Leib ab. Dann griff er ihr an den Kiefer. Sie fauchte.
    »Schon gut. Noch alle drin, nichts entzündet.«
    Er verschwand in der Küche, und sie roch das Futter, das er in ihren Napf füllte. Sie roch auch die Sahne in dem Schälchen. Aber sie konnte sich nicht aufraffen, etwas zu fressen. Sie fühlte sich so dermaßen schlapp.
    Nathan drängte sie nicht, sondern kümmerte sich draußen um was immer er sich zu kümmern hatte. Der Tag neigte sich dem Ende zu; er kam zurück, setzte sich wieder zu ihr und streichelte ihren Rücken.
    »Kein Appetit?«
    Nein, keinen.
    Er ließ sie in Ruhe, aß selbst etwas, las die Zeitung.
    Die Türglocke ging, und er stand auf, um zu öffnen.
    »Ah, Nathan, ich hatte gehofft, Sie zu Hause anzutreffen.«
    »Kommen Sie rein, Iris. Ihre erste Wandertour war erfolgreich?«
    »Sehr, und dabei sind mir noch ein paar Ideen gekommen, die ich mit Ihnen durchsprechen wollte. Haben Sie Zeit, oder störe ich?«
    Nathan hielt ihr die Tür zum Wohnzimmer auf.
    »Ich habe Zeit.«
    »Danke. Ich muss mich auch für Felina entschuldigen. Sie hat es vorgezogen, in die Fremde zu ziehen, statt an Ihrem Projekt teilzunehmen.«
    »Verständlich, oder?«
    »Vermutlich. Sie ist mit einer Jugendgruppe auf einer Wandertour durch Österreich. Dummerweise hat sie ihr Handy in ihrem Zimmer vergessen. Ich habe es erst vorhin bemerkt.«
    »Kids vergessen ihr Handy nicht. Aber machen Sie sich deshalb keine Sorgen. Sie wird ihre Unabhängigkeit ausprobieren wollen.«
    »Dazu habe ich sie immer bringen wollen, aber jetzt ist mir nicht wohl dabei.«
    »Es ist eine geführte Wanderung durch ein zivilisiertes Land, Iris.«
    »Ja, ja, schon gut. Oh, und Sie haben eine Katze!«
    »Sie ist mir zugelaufen. Schon vor einigen Wochen. Als Sie neulich hier waren, hat sie sich dort oben hinter der Trommel versteckt.«
    »Aber nun ist sie zutraulicher geworden?«
    »Nein. Ich denke, sie ist krank. Ich habe sie vorhin im Wald gefunden. Drei Tage war sie fort.«
    Majestät blieb in sich gekehrt, als Gesas Tochter sich neben sie setzte. Iris hatte aber gute Manieren. Sie reichte ihr die Finger mit nach unten gedrehter Handfläche, sodass sie daran schnuppern konnte.

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