Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin
wurde von oben bis unten nassgespritzt.
»Igitt!«
»Siehste!«
Damit packte Che-Nupet den Rucksack und trabte los. Feli zog ihre Schuhe wieder an und folgte ihr. Die diversen Verletzungen hatten aufgehört zu schmerzen, und selbst ihr Kopf wurde wieder frei. Leider war die Unterhaltung mit ihrer Begleiterin nicht möglich, da die das Maul voll Rucksack hatte. Darum vertrieb sie sich die Zeit damit, die Landschaft zu betrachten, durch die sie wanderten, und im Geiste mit dem Plan zu vergleichen, den sie mit Nefers Hilfe erstellt hatte. So wie es aussah, stieg rechts von ihnen der Ausläufer des Mittelgrats auf, die Westseite des Gebirges, das die Wirbelsäule der sitzenden Katze bildete. Die weite Ebene musste das Laubental sein, die blühenden Gehölze, die kunstvoll gezogenen Unterkünfte der Bewohner. Hier und da sah sie einige der großen Katzen in der Sonne liegen oder gemächlich zwischen den Lauben wandeln. Einmal aber jagte eine schlanke Katze in weiten Sprüngen über die Wiesen Richtung Süden. Che-Nupet legte ihre Last ab und sah ihr nach.
»Bote.«
»Bote?«
»Mhm. Die sind wichtig. Amun Hab wird sie ausgesandt haben.«
»Wegen mir?«
»Weiß ich nicht.«
»Nein, vermutlich nicht. So wichtig bin ich nicht.«
»Weiß ich auch nicht.«
Feli musste schon wieder kichern.
»Und was weißt du, Che-Nupet?«
»Och – dies und das.«
»Ja, das denk ich mir.« Damit zauselte sie die rotbraune Kätzin zwischen den Ohren, bückte sich, um noch einen Energieriegel aus der Tasche zu nehmen, und meinte dann: »Gehen wir weiter, damit wir rausfinden, was wichtig ist.«
»Gut.«
33. Majestät am Dolmen
»Was machst du denn wieder hier, Ehrwürdigste?«, fragte Silvester Majestät, die trübsinnig auf dem Hügelgrab hockte.
»Mich ärgern.«
»Ja, das tue ich auch. Dieser verdammte Kater hat hier überall seine Marken hinterlassen. Wenn ich den treffe, dann zieh ich ihm den Pelz vom Schwanz!«
»Den wirst du nicht mehr treffen.«
Silvester grollte vor sich hin und setzte auf Nefers Marken seine eigenen. Sie rochen sehr durchdringend.
»Und du, Ehrwürdigste?«
Sehr ehrerbietig hörte sich das nicht an.
»Ich weiß nicht.«
Majestät hatte keinen Biss mehr. Majestät war in eine dunkle Wolke gefallen und blies Trübsal.
»Ich brauche mein Revier für den Nachwuchs.«
»Ja, ich weiß. Ich verschwinde auch wieder.«
»Und sag dem Kater, dass er sich hier nicht mehr blicken lassen soll. Er, und dieses Menschenmädchen auch nicht!«
»Menschenmädchen?« Jetzt merkte Majestät doch auf.
»Menschenmädchen. Er hat sich an sie rangeschleimt. Widerlich, so was.«
»Groß, dünn, braunes Kopffell, grüne Augen, kleinen Klecks über der Lippe?«
»So ungefähr. Kennst du die etwa auch?«
»Flüchtig.« Aber das erklärte den anderen Geruch hier am Felsen. Gesas Enkelin, zusammen mit Nefer. Majestät ging es etwas besser.
Aber nicht viel.
Silvester grollte noch ein wenig herum, trollte sich aber, als sie keine weiteren Antworten gab. Die Ehrwürdigsten hatten den Ruf, etwas verschroben zu sein, und wirklich vertreiben würde er sie wohl nicht.
Sie sann weiter über das Desaster nach, das sich seit der Silbermondnacht vorgestern für sie aufgetan hatte. Zunächst schien alles glatt zu gehen. Sie hatte sich bei Nathan auf ihre Weise bedankt, indem sie ihm zwei schöne Mäuse brachte. Dann hatte sie ihm noch einmal ein langes Schnurren geschenkt und war in der Dämmerung Richtung Dolmen gelaufen.
Dort hatte sie die Nachrichten gefunden. Gut, sehr detailliert waren die Duftmarken nicht, sie dienten mehr der Revierabgrenzung, den Durchgangszeiten und ähnlichen praktischen Themen. Aber hier war eine überdeutliche Warnung hinterlassen worden, und als Majestät sich vorsichtig dem Eingang des Hügelgrabs näherte, wurde ihr mit jedem Schritt klarer, dass irgendetwas nicht stimmte. Sie fluchte herzhaft darüber, dass sie das Ankh nicht bei sich hatte. Selbst ein simpler Verständigungsring hätte ihr mehr Aufschluss gegeben. Aber alles in allem hatte sie sowieso beschlossen, den Übergang ohne jedes Hilfsmittel zu wagen, sollte sich kein Helfer einfinden.
Es kam kein Helfer, und als der Mond sein Licht auf den Dolmen warf, hatte sie sich ein Herz genommen und den ersten Schritt ins Dunkel gewagt.
Und war prompt zurückgeprallt.
Zu!
Noch zweimal hatte sie versucht, die Barriere zu durchdringen, dann hatte sie es aufgegeben. Seither saß sie oben auf dem Hügelgrab und gab sich unheilvollen Gedanken
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