Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin
putzen würde.
»Warum überlassen sie uns die Laube?«
»Botenprivileg. Wir bekommen überall Essen, Wasser, Ruheplatz, und wir haben Immunität. Wir dürfen alle Grenzen überschreiten. Wir tragen wichtige Nachrichten, die schnell von einem Ort zum anderen gelangen müssen. Oder eskortieren wichtige Persönlichkeiten.«
Finn hätte ob der letzten Bemerkung geschmeichelt sein können, war es aber nicht. Stattdessen war er neugierig geworden.
»Schon klar, aber es könnte doch jeder ›Futterprivileg‹ brüllen und den anderen die Beute wegfressen.«
»Das sollte mal einer versuchen«, sagte der Bote und grinste. »Der würde vermutlich bald schneller laufen als wir!«
»Ja, aber woher wissen die anderen, wer ein Bote ist?«
Der Kater fegte mit der Pfote über sein gespaltenes Ohr.
»Unser Abzeichen.«
»Autsch. Das hat wehgetan.«
»Ja, hat es. Deshalb wird auch keiner ohne Not sein Ohr so zerfetzen lassen. Außerdem kennt man uns. Und wer uns behindert oder gar angreift, dem droht die Todesstrafe. Und nun schlaf, Finn. Im Morgengrauen geht es weiter.«
Und die Sonne ging viel schneller auf, als sie unterging.
Zumindest fand Finn das.
Noch einmal erhielten sie Futterprivileg, dann soff er einen halben Bach leer, und mit gluckerndem Magen erreichte Finn schließlich die liebliche Ansiedlung am Lind Siron.
Amun Hab lag auf dem Ratsfelsen und sonnte sich. Bei ihm lag ein anderer schwarzer Kater, der Finn vage bekannt vorkam, die wuschelige dicke Che-Nupet saß aufrecht da und blinzelte mal mit dem einen, mal mit dem anderen Auge. Sie wirkte wie eine gigantische Eule mit Sehstörungen. Aber vermutlich übte sie schon wieder irgendeinen Blödsinn.
Und dann sah er sie!
Er blinzelte auch, aber mit beiden Augen.
»Felina?«, krächzte er. »Du?«
Das konnte doch nicht wahr sein? Hatte man sie ebenfalls entführt? Verdammt, das Ankh, das er ihr geschenkt hatte. Ogottogottogott! Was hatten sie ihr angetan?
»Finn?« Felina hob eine Hand vor dem Mund und erstickte ein Lachen.
Nichts hatten sie ihr angetan. Sie lachte schon wieder über ihn. Warum mussten Frauen ihn immer so niedermachen?
»Geh runter und begrüße ihn, Nefer«, sagte die tiefe Stimme des Weisen, und der schwarze Kater sprang mit einem geschmeidigen Satz von der Felsplatte.
»Finn, erkennst du mich nicht?«
»Oh, Mann! Mann, bist du gewachsen.«
»Meine innere Größe hättest du auch damals schon erkennen können.«
»Da fand ich dich nur niedlich.«
»Vergiss nett und niedlich«, grollte Nefer.
»Warst du doch«, sagte Feli und kam ebenfalls zu ihm hinunter. »Hi, Finn. Wie – ähm – wie fühlst du dich denn so?«
»Eigentlich ganz gut. Also, es hat hier auch Vorteile, weißt du?«
»Das musst du mir später erzählen. Aber ich glaube, wir haben hier jetzt erst mal ein Problem.«
»Sieht ganz so aus.«
Amun Hab befahl sie alle auf den Ratsfelsen. Der Bote war bereits wieder verschwunden, und wenngleich einige bekopftuchte Würdenträger in einiger Entfernung um den Platz strichen, achtete man offensichtlich sehr streng darauf, die Versammlung nicht zu stören. Finn erfuhr also erst einmal, was es mit dem Ankh auf sich hatte, warum er entführt worden war und weshalb Felina nun ebenfalls in Trefélin weilte. Er hatte im Verlauf des vergangenen Monats so viele Unglaublichkeiten für real annehmen müssen, dass ihn diese Erklärungen nun auch nicht mehr sonderlich überraschten.
»Was uns wirklich zu denken gibt, Finn, ist, dass der Durchgang gesperrt war. Amun Hab hat uns erklärt, dass nur sehr wenige Katzen die Gabe haben, und noch weit weniger dieses spezielle Wissen, solche Sperren zu errichten.«
»Dann, Amun Hab, wäre es doch sicher leicht, diejenigen zu befragen, die dazu in der Lage sind«, meinte Finn lässig.
»Und du glaubst, derjenige, der dafür verantwortlich war, wird es umgehend gestehen?«
»Äh – nein. Aber wenn ihr doch wisst, wer es gewesen sein könnte, dann sollte man den vielleicht beschatten oder so.«
»Zu viele Geheimdienst-Thriller gelesen, was, Finn?«
»Dann mach doch einen besseren Vorschlag, Super-Feli!«
»Streitet nicht. Jene, die das Wissen haben, kenne ich. Ich selbst achte auf sie«, sagte Amun Hab.
Che-Nupet räkelte sich neben Feli und drehte wieder den Bauch nach oben.
»Sooo viele Probleme mehr«, gurrte sie und schloss wie von Erschöpfung übermannt die Augen.
Felina sah sie an und kraulte ihr das Kinn.
»Mhrrrr!«
»Könnt ihr beiden euch nicht mal auf den Ernst der
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