Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin
musste er sich hier mit einem senilen Weisen und einer hochnäsigen Chefin herumschlagen, während einfache Scholarenanwärter es sich in der Menschenwelt gut gehen lassen konnten? Und er saß hier, in einem fremden Revier ohne Freunde und Vertraute.
Sogar die dicke Che-Nupet war mit ihnen gegangen.
Als er an dieser Stelle seiner grauschwarzen Gedanken angekommen war, ging ihm plötzlich ein Licht auf.
Che-Nupet!
Zeckenbiss und Rattenschwanz!
Sie kannte sich in den Grauen Wäldern bestens aus. Das hatte er inzwischen herausgefunden. Sie würde sicher etwas über die Schlangengruben wissen. Oder die Stellen, an denen die widerlichen Tiere nach Trefélin durchschlüpften.
Wieder dachte Nefer nach.
Es gab nur noch eine Stelle, von der aus man von Trefélin in dieses zwielichtige Grenzgebiet gelangte. Über den Roc’h Nadoz. Und der befand sich auf der anderen Seite des Gebirges, das man Mittelgrat nannte. Dass Schlangen sich von dort über die Berge begeben konnten, war so gut wie unmöglich.
Früher, so hatte er gelernt, hatte es in jedem Revier mindestens eine Stelle gegeben, von der aus man die Grauen Wälder betreten konnte. Meistens waren es bestimmte Felsformationen, aber er hatte auch gehört, dass gewisse Baumanordnungen solche Stellen kennzeichneten. Über die vielen Jahrhunderte hinweg aber waren diese Einschlüpfe nach und nach verschlossen worden, denn die Trefélin-Katzen schätzten ihre Isolation. Außerdem hatte es sich als immer gefährlicher erwiesen, das Zwielicht zu betreten. Manch eine unbedarfte Katze war darin verloren gegangen, musste von den Pfadfindern gesucht und wieder zurückgeführt werden. Irgendwann hatte man dann beschlossen, dass dieses Gebiet nur als der Aufenthaltsort für die Namenlosen geeignet war. Jene Katzen, die sich eines Verbrechens schuldig gemacht hatten. Ihnen wurde der Name und damit auch die Erinnerung genommen, und man schickte sie in das Schattenreich, wo sie ihre Buße taten. Nicht auf ewig. Nach einer im Strafmaß festgelegten Dauer wurden sie wieder zurückgeholt, und man betrachtete sie als rehabilitiert. Wer einmal seine Zeit in den Grauen Wäldern verbracht hatte, wollte niemals wieder dorthin zurück, sodass die verhängten Strafen sich als wirkungsvolle Abschreckung bewährt hatten.
Auch aus diesem Grund waren die Übergangsstellen verschlossen worden. Aber konnte es nicht sein, dass bestimmte Umstände dazu geführt hatten, dass sich hier und da wieder Spalten aufgetan hatten? Vieles vom alten Wissen war verloren gegangen oder über die Jahrtausende verfälscht worden. Die Grauen Wälder hatten ihr Eigenleben entwickelt. So hatten sich in den letzten Jahren in der festen Umfassung des Schwarzen Sumpfes Risse gebildet, und die gefährliche Brühe war in einem kleinen Rinnsal herausgesickert. Bastet Merit wusste darum, und auch Amun Hab, der Weise an ihrer Seite. Beide sannen darüber nach, wie man diese Stellen abdichten konnte.
Schlangen. Schlangengruben. Versiegelungen.
Es war etwas im Gange. Und zwar nichts Gutes. Ob es die Grauen Wälder selbst waren oder Katzen, vielleicht sogar Menschen – eines davon hatte eine Veränderung bewirkt.
Noch einmal dachte Nefer nach. Die erste tote Katze hatte er am Roc’h Uhel gefunden, die zweite in einiger Entfernung von ihm an einem Gehölz. Der Roc’h Uhel war ein allein stehender Felsen, nicht ganz so hoch wie der Roc’h Nadoz und nicht ganz so spitz, aber die Ähnlichkeit war gegeben. Sollte dort früher einmal ein Übergang gewesen sein?
Nefers trübe Stimmung verflog.
Es war nicht weit bis dorthin. Er konnte die Gegend einmal gründlich in Augenschein nehmen.
14. Katzengespräche
Sem hatte ein Fahrrad aufgetrieben – woher, das wollte Finn eigentlich gar nicht so genau wissen. Diese Katzen waren Meister darin, sich Dinge zu beschaffen. Auf jeden Fall aber war das eine vernünftige Idee, da sie ihn auf seinem Reviergang durch den Wald begleiten wollten. Er selbst borgte sich Kristins pinkfarbenes Modell aus. Beide Räder hatten Körbe vorne am Lenker, und in die sprangen Pepi und Ani unaufgefordert hinein, als sie sich auf den Weg machten.
Sem trat mächtig in die Pedale, Finn musste sich anstrengen, ihm zu folgen, und sich dabei die anfeuernden, nicht eben schmeichelhaften Bemerkungen von Pepi anhören.
»Los, du lahmer Affengeborener! Hau rein. Ich will nicht Sems Staub schlucken!«
»Du läufst gleich auf deinen eigenen Pfoten hinterher. Dann schluckst du auch noch den Staub, den ich
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