Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin
haben?«
»Rudi schon.« Finn grinste.
»Ja, klar.« Und Seba begann haltlos zu kichern, was Finns Gefühle wieder in Aufruhr versetzte. Vorsichtig wagte er es, seinen Arm um ihre Schultern zu legen. Keine Kralle fuhr über seine Hand, im Gegenteil, Seba schmiegte sich dichter an ihn, und das Kichern wurde zu einem verheißungsvollen Gurren.
Finn schöpfte Hoffnung.
Sie erfüllte sich.
20. Gartenidylle mit Katzen
Feli fühlte sich unerklärlich fahrig. Eigentlich hätte sie ihren freien Tag genießen sollen. Es war ein sonniger, fast sommerlich warmer Samstag, die Tierarztpraxis hatte geschlossen, Tante Iris war mit einer ihrer Wandergruppen auf Wochenendtrip, für die Schule zu lernen gab es nichts mehr, ein Stapel ungelesener Bücher wartete in ihrem Zimmer, im Chat tummelten sich einige ihrer Bekannten, aber ihre Ruhelosigkeit bewirkte, dass sie sich irgendwie auf nichts richtig konzentrieren konnte. Sie tigerte durch das Haus, füllte Katzenfutter auf, machte sich selbst ein Brot und trug es mit einem Glas Saft hinaus auf die Terrasse. Dort stand seit einiger Zeit ein Schaukelstuhl, den Iris angeschafft hatte. Feli hatte ihn spöttisch als Omasessel bezeichnet, aber heute nahm sie selbst darauf Platz. Das Schaukeln und das Essen beruhigten sie ein wenig. Sie beobachtete, wie sich die drei Katzen im Garten vergnügten. Pu-Shen schien wieder mutiger geworden zu sein, er hatte den kleinen Birnbaum erklommen und belauerte Che-Nupet, die versuchte, auf den Hinterbeinen zu laufen, was ausgesucht komisch aussah. Sie fiel dabei auch immer wieder nach drei, vier Schritten auf die Nase. Chipolata tänzelte ebenfalls auf den Hinterpfoten, allerdings um einen Schmetterling zu fangen. Er entwischte ihr jedoch. Che-Nupet bemerkte das, setzte sich aufrecht hin, begann zu schielen, und der weiße Falter strebte auf ihre Nase zu. Dort setzte er sich flügelschlagend nieder.
Chip starrte fasziniert auf das Arrangement.
Che-Nupet nieste, der Falter flog auf. Aber er entfernte sich nicht, sondern begann, um die Ohren der Katze zu kreisen. Ein zweiter und ein dritter gesellten sich dazu.
Feli lachte in sich hinein. Schmetterlinge anziehen war eine von Che-Nupets kleineren Kunststücken, um andere von ihren sonstigen Fähigkeiten abzulenken. Feli selbst beherrschte es inzwischen auch, allerdings mehr als drei Falter kamen nicht zu ihr. Um Che-Nupet tanzten nun schon sechs – drei weiße und drei gelbe.
Am gestrigen Abend hatte sie ihrer Katzenfreundin von dem Zoobesuch berichtet und auch von dem eigenartigen Gefühl, das der Puma in ihr ausgelöst hatte. Che-Nupet hatte sie lange angesehen und sich dann gründlich die Ohren geputzt.
»Ist komisch, ne? Panther ignorieren dich. Das ist gut. Puma nicht. Waren aber keine Pumas da in Trefélin.«
Dann hatte sie ihren Schwanz gebürstet, und Feli war allmählich ungeduldig geworden. Doch bevor sie nachhaken konnte, begann Che-Nupet zu erzählen.
»Warst du im Land unter dem Jägermond, Feli«, sagte sie ganz leise. »Hast du Sechmet gesehen, ne?«
»Die Frau mit dem Löwenkopf? Ja. Sie war ungehalten.«
»Bewacht sie den Felsen mit dem Wasser.«
Che-Nupet leckte sich mit verdrehtem Kopf über den Nacken.
»Wenn du mir nichts darüber sagen darfst, dann schweig, Schnuppel.«
»Darf ich. Muss ich.«
Und dann hatte sie erzählt. Über das Land unter dem immerwährenden Vollmond, in dem die katzenköpfige Bastet und ihre Schwester Sechmet herrschten. Beide waren die Beschützerinnen der Katzen in allen Welten. Doch Bastet kümmerte sich um die domestizierten Katzen und die Trefélingeborenen, Sechmet um die Wildkatzen. In ihrem Land unter dem Jägermond gab es einen tiefen See, in dessen Wasser die beiden das Leben ihrer Schützlinge wie in einem Spiegel verfolgten.
»Kann sein, dass sie dich beobachtet«, sagte Che-Nupet. »Kann sein durch den Cougar.«
»Cougar?«
»Nennt man Berglöwen so. Puma, ne. Gibt Menschen, die verehren ihn. Manche glauben, er springt über den Himmel.«
Mehr aber wollte Che-Nupet dann nicht sagen. Oder konnte es nicht sagen. Sie hatte geschwiegen und dabei einen Zungenzipfel aus dem Mäulchen hängen lassen.
Feli war das Gehörte zunächst unheimlich gewesen, aber da sie sich damit abgefunden hatte, dass es ein Land wie Trefélin gab und Katzen, mit denen sie sprechen konnte, hatte sie es einfach als weiteres Geheimnis auf sich genommen, das sie zu hüten hatte. Es fiel ihr leichter, seit Che-Nupet bei ihr war. Auch hatte sie in der Nacht
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