Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin
nicht doch davon erzählen, Junge?«
»Es ist nichts. Vergiss es.«
»Du weißt, dass ich dir helfen kann.«
»Ich brauche keine Hilfe.«
»Dein Großvater, Tanguy, hat mir geholfen.«
»Ein schamanischer Quacksalber.«
»Ein weiser Mann. Einer, den ich geachtet und geliebt habe, Tan.«
»Ich will damit nichts zu tun haben.«
Tanguy merkte selbst, dass seine Stimme panisch klang. Was sollte er Nathan auch erklären? Dass er oft das Gefühl hatte, seinen menschlichen Körper zu verlieren, sich in einen Berglöwen zu verwandeln? In dieses Tier, das ihn angefallen hatte? Das er mit letzter Kraft getötet hatte? Dass er seither gerufen wurde?
»Cougar!«, hatte es in dem Dolmen gewispert. »Cougar!«
»Ich mache dir einen Tee, Tan.«
»Lass, Nate. Es ist schon gut. Ich komm damit klar. Es sind nur diese verdammten Flashbacks.«
»Na gut.«
Nathan verließ den Raum, und Tanguy starrte zum Fenster, von dem aus er den Mond über den Wipfeln der Bäume sehen konnte.
Was war nur mit ihm los?
Draußen rief ein Nachtvogel, und ganz in der Nähe maunzte eine Katze. Vielleicht eine von Nates Waldkatzen.
Die Anspannung und Panik fiel von ihm ab, und endlich konnte er wieder einschlafen.
35. Fehlschlag
Der Namenlose trug den Ohrring nun seit einiger Zeit, und in seinem stumpfen Blick glomm hin und wieder so etwas wie Bewusstsein auf. Doch es war mühselig, ihn zum Handeln zu überreden. Immerhin hatte er ihm die Schlangengrube gezeigt, und so hatte er selbst noch einen weiteren Ausgang frei gescharrt. Bedauerlich, dass er die Auswirkungen auf die Bewohner des Landes nicht miterleben konnte.
Noch bedauerlicher aber war es, dass das Menschenweibchen dem Anschlag entkommen war. Und er tatenlos zusehen musste, wie sie die Verletzte durch die Grauen Wälder begleitete. Er hätte sie gerne angegriffen, sie in den Schwarzen Sumpf gejagt, aber gerade als er sie hinterrücks anfallen wollte, waren die Grenzwächter aufgetaucht. Er hatte sie ziehen lassen müssen.
Nachdem seine Wut darüber abgeklungen war, begann er nachzudenken.
Sie waren nach Trefélin gegangen, das er nicht betreten konnte, ohne sich der höchsten Strafe auszusetzen. Seine Identität als Mensch hatte er aufgeben müssen, was ihn jedoch nicht sonderlich berührte. Eine neue anzunehmen war nicht besonders schwierig. Besser aber wäre es, wieder als Kater Erkundigungen einzuziehen. Über den Menschenjungen. Er hatte von dem Heldenwasser getrunken, und er trug einen Ring.
Welche Kraft hatte ihm das verliehen? Wusste er überhaupt, welche Fähigkeiten er damit erworben hatte?
Es war wohl an der Zeit, sich in der Welt der Katzengeborenen umzusehen.
36. Kopftücher und Leberwurst
Feli streckte sich. Krallen in das Mooslager, Rücken hoch, Rücken lang, Rücken rund. Dann sprang sie von dem Lager und schlenderte aus der Laube, um aus dem Bächlein, das dahinter floss, einige Schlucke Wasser zu schlabbern. Es nieselte ein wenig, und eine graue Wolkendecke lag über dem Land. Die Feuchtigkeit war ihr unangenehm, sie schüttelte sich, trabte in die Unterkunft zurück und übte sich darin, das Fell abzulecken. So richtig vertraut mit der Katzenwäsche war sie noch nicht, aber sie hatte oft genug anderen dabei zugesehen und schüttelte energisch den Widerwillen ab, sich mit der Zunge am ganzen Körper zu putzen. So machte man das als Katze eben.
Während sie bürstete und schabte, verfiel sie in Träumerei. Angenehme Erinnerungen, ja, sogar erheiternde Szenen fielen ihr dabei ein. Sie hatte, nachdem die Krisensitzung nach ihrem Eintreffen vorüber war, ihre Bekanntschaft mit Mima und Kuri erneuert. Die Menschel gehörten der Heilerin Anat, die sich sehr bemühte, die beiden zu verstehen. Es schien auf eine ähnliche Weise zu funktionieren, wie sie, Feli, sich mit Pu-Shen verständigen konnte – durch Beobachten und liebevolle Aufmerksamkeit. Anat hatte die beiden sanft angestupst und sie in ihre Richtung geschoben. Feli hatte sie freundlich angeschnurrt und dann zu den zwei Rucksäcken geleitet. Nach einem kurzen Palaver hatte Mima offensichtlich verstanden, dass sie sie öffnen sollten. Inzwischen hatten sich gut zwei Dutzend neugieriger Katzen an Majestätens Ratsfelsen versammelt, und als die Menschel die Tücher herausholten, vibrierte die Luft von freudigem Schnurren. Feli wühlte vorsichtig in den bunten Seiden und förderte das rosa Kitty-Tuch zutage, nahm es zwischen die Zähne und legte es Amun Hab zu Füßen.
»Für deinen Sohn, oh Weiser!«,
Weitere Kostenlose Bücher