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Jagd auf Mrs. Pollifax

Jagd auf Mrs. Pollifax

Titel: Jagd auf Mrs. Pollifax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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ihre Gesichter gerichtet, und hinter ihrem blendenden Schein konnte Mrs. Pollifax die Umrisse eines stämmigen Mannes und seines schlappen, breitkrempigen Hutes sehen.
    »Ich heiße Willie«, sagte er, ohne weitere Begrüßung. »Kommen Sie mit, aber passen Sie auf, wo Sie hintreten.« Er führte sie quer über die Wiese zu den vielen Lichtern. Vor ihnen ragte, wie ein riesiges Spinnennetz, ein Riesenrad auf, das immer langsamer wurde und schließlich anhielt, was die Besucher, die in der Gondel ganz oben saßen, zu Schreien und lautem Lachen veranlaßte. Doch nicht einmal das ließ den ständigen Lärm unten vergessen, der Mrs. Pollifax an das Summen verärgerter Immen in einem Bienenhaus erinnerte. Aber mehr als das Riesenrad konnte sie von dem Rummel nicht sehen, weil dicht aneinandergedrängte Wohnwagen davor standen. Zu einem davon führte Willie sie. Als sie den schwach beleuchteten Kreis zwischen den Wagen betraten, blieb Willie kurz stehen, und jetzt konnte Mrs. Pollifax zum ersten Mal sein Gesicht sehen. Mitten im Gähne n klappte ihr Mund erstaunt zu. Es war ein breites, slawisches Gesicht mit hohen Wangenknochen, glatten, harten Muskeln und einer Haut so dunkel wie die von Zigeunern. Ein Mann, mit dem man besser keinen Streit anfing, dachte sie. In seinen ausgewaschenen Jeans und dem alten Hemd sah er nicht sehr repräsentativ aus, doch auf der Tür, zu der er mit ihnen ging, stand groß und deutlich DIREKTOR zu lesen. Er öffnete, trat zur Seite und ließ seine Besucher eintreten.
    Sie kamen in ein warmes, mit alten Möbeln und Trödel vollgestelltes Wohnzimmer. Mrs. Pollifax sah zwei Couches, erstaunlich viele Lampen und Polstersessel, an einer Wand ein schreiend buntes Werbeplakat für Willies »Wanderrummel«, daneben Elvis Presley auf schwarzen Samt gemalt.
    Willie nickte der völlig benommen wirkenden Kadi zu und sagte zu Mrs. Pollifax: »Ihre Tochter kann hier warten. Darf ich Sie bitten, mit mir in mein Büro zu kommen?« Er sprach mit schwachem Akzent, den sie nicht einordnen konnte, der ihr jedoch vertraut vorkam. Sie kannte ihn von irgendwoher. Wenn sie sich nur erinnern könnte, wo sie ihn gehört hatte!
    »Sie ist nicht meine Tochter«, erklärte Mrs. Pollifax. »Sie heißt Kadi - K-a-d-i.«
     
    Er blickte sie scharf an. »Ein afrikanischer Name, nicht wahr?«
    »Ja«, bestätigte das Mädchen überrascht. Auch Mrs. Pollifax staunte und sah ihn plötzlich in einem neuen Licht.
Er ging ihr voraus in sein Büro, wo er ihr einen Stuhl neben dem großen Schreibtisch zurechtrückte, hinter dem er Platz nahm. Ihren erstaunten Blick erwiderte er mit ironischem Lächeln. »Ich werde Sie nicht lange aufhalten, es ist schon fast zwei, und in wenigen Minuten schließt der Rummel.«
»Aber - ein Rummel?«, rief sie ungläubig. »Vom Department organisiert und gemanagt?«
Er verzog das Gesicht. »Sagen Sie das nie! Wenn uns der Bankrott droht, hilft immer Willies reicher Onkel aus. Kein Department, keine Namen. Willies reicher Onkel! Bitte merken Sie sich das.«
    »Ja«, sagte sie gehorsam und unterdrückte ein neuerliches Gähnen. »Aber das ist wirklich sehr originell.«
    Er musterte sie eingehend und runzelte die Stirn. »Man hat mir gesagt, Sie hätten Erfahrung. Doch so sehen Sie nicht aus«, brummte er, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. »Willies reicher Onkel will, daß Sie uns helfen.«
    »Wie liebenswürdig von Bish..., Willies reichem Onkel. Was meinen Sie mit ›helfen‹?« fragte sie scharf.
    »Es hat hier einen Unfall gegeben. Wenige Minuten vor Mitternacht. Zu spät, Sie anderswo hinzubringen, Sie waren bereits unterwegs. Ich mußte Baltimore anrufen ...« Armer Bishop, dachte Mrs. Pollifax. Gleich zweimal aus dem Schlaf gerissen. »... wegen des Unfalls.«
    »Unfall«, wiederholte sie, während sie ein weiteres Gähnen unterdrückte.
»Ein sehr suspekter! Es wurde vorgeschlagen, daß Sie helfen, da Sie ohnehin hier sind.«
    So schläfrig war Mrs. Pollifax nun auch wieder nicht, daß sie die Anspielung überhörte. »Oh«, sagte sie, »aber ich kann nicht bleiben. Es ist Kadi, die sich in Gefahr befand. Wir sind uns erst heute vormittag - nein, gestern vormittag - begegnet, und dank Bishop ...«
    »Willies reichem Onkel«, korrigierte er sie.
»Nein, BISHOP!« widersprach sie nun verärgert. »Dank Bishop wurde uns aus einer gefährlichen Lage geholfen, nur so etwas hatte ich nicht erwartet. Ich bin lediglich an Kadis Sicherheit interessiert. Ich meine ...« Sie unterbrach sich und

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