Jagd auf Mrs. Pollifax
ertappter Taschendieb. Ein Glückspieler mit Pechsträhne, der alles auf eine Karte gesetzt und verloren hat - kommt aber nicht oft vor.«
»Sie glauben also«, begann Mrs. Pollifax.
Doch er unterbrach sie, indem er aufstand. »Ich habe keine Beweise für das, was ich glaube. Falls es jemand von außerhalb war, der ihn hierher verfolgte, könnte er inzwischen wieder weg sein. Aber wie konnten sie Laszlo finden! Wenn es bei Willies reichem Onkel eine undichte Stelle gibt, ist das etwas anderes. Doch wenn in meiner Show ein faules Ei ist, falls jemand bei mir eingeschleust wurde...« Seine Augen funkelten. Jedenfalls wußte jemand genug über uns, um ›He, Rube‹ zu brüllen. Ich kann nicht überall gleichzeitig sein, und man hat mir versichert, daß Sie gute Augen und Instinkte haben.«
Als auch Mrs. Pollifax aufstand, wurde er ärgerlich: »Sie können doch gewiß ein paar Tage abzweigen, trotz der Gefahr?«
»Gefahr?«
»Was sonst? Für Sie und das Mädchen. Falls Laszlos Tarnung aufgeflogen ist, weiß jemand bereits zu viel über eine bestimmte Verbindung zu Willies reichem Onkel, so daß er auch diese Tarnung auffliegen lassen kann. Vielleicht wurde der Hubschrauber gehört, und, weiß Gott, Sie sehen wahrhaftig nicht wie eine vom Rummel aus! Sie werden auffallen wie ein Hund im Ententeich.«
»Ja«, murmelte sie und spürte, daß ihre Kiefermuskeln vom vielen Gähnen bereits schmerzten.
Er musterte sie kritisch. »Nun, Willies reicher Onkel hält Sie für geeignet. Ich werde Gertie bitten, Ihnen was Altes zum Anziehen zu geben. Können Sie Karten legen?«
Mrs. Pollifax blinzelte bestürzt. »Ich habe es noch nie versucht.«
»Uns wird schon was einfallen. Das Mädchen ist zierlich. Der Professor kann für seine Zaubershow ein kleines Mädchen zum Auseinandersägen brauchen.« Mit einer Hand an der Tür drehte er sich noch einmal um. »Aber das hat alles Zeit bis morgen. Jetzt zeige ich Ihnen erst mal, wo Sie schlafen. Wie heißen Sie gleich?«
»Mrs. Pollifax, Emily Pollifax.«
Er schüttelte den Kopf. »Nicht hier. Wir nennen Sie lieber Emmy - irgendwas. Emmy Smith? Jones?«
Da sie mit Cyrus Reed verheiratet war, sagte sie trocken: »Wie wär's mit Reed?«
»Okay. Emmy Reed.« Er öffnete die Tür zum Wohnzimmer, wo Kadi geduldig wartete.
Als sie Mrs. Pollifax sah, sprang sie auf. »Alles in Ordnung?«
Mrs. Pollifax nickte. »Alles okay, Kadi. Zumindest fast alles. Wir werden ein paar Tage hierbleiben, wenn Sie nichts dagegen haben. Nur um sicherzugehen.«
Kadi nickte. »O ja, ich möchte sichergehen.«
Der Lärm draußen war nicht mehr so groß. Das Riesenrad hatte angehalten, ebenso das Karussell. Willie führte sie an zwei hellbeleuchteten Wohnwagen vorbei zu einem kleinen, schäbigen, aus dem kein Licht fiel. Er holte einen Schlüssel aus seiner Hosentasche, schloß auf und öffnete die Tür. »Schlafen Sie sich aus, hier steht niemand vor zehn oder elf Uhr auf. Wir werden noch einen Tag und eine Nacht hierbleiben, dann bauen wir alles ab und ziehen zur nächsten Stadt weiter. Das gibt Ihnen Zeit, sich mit den Tatsachen vertraut zu machen.« Er ging um Kadi herum, griff in den Wohnwagen und schaltete das Licht ein, das hell auf schäbige Wände und kaputte Jalousien fiel.
Kadi seufzte. »Betten!«
Sie waren auch Mrs. Pollifax nicht entgangen. Zwei einfache Feldbetten, jedes mit einer gefalteten Wolldecke an einem und einem Kopfkissen am anderen Ende. Nun, wenn ich schon vom Regen in die Traufe gekommen bin, dachte sie, kann ich mich dem, was mich erwartet, morgen zumindest ausgeruht stellen. Sie setzte sich aufs Bett, um es auszuprobieren, dann streckte sie sich abrupt darauf aus und schlief sofort ein.
Kadi blickte überrascht auf sie hinunter. Lächelnd deckte sie sie zu, dann küßte sie sie schüchtern auf die Wange. »Zikomo, Freundin«, wisperte sie.
8
Als Carstairs am nächsten Morgen in sein Büro kam, fand er Bishop an seinem Schreibtisch vor. Den leeren Tassen nach zu schließen, die neben seiner Ablage aufgereiht waren, trank er gerade bereits seine vierte Tasse Kaffee. »Eine lange Nacht?« fragte Carstairs taktvoll.
»Nicht, wie Sie meinen«, antwortete Bishop düster. »Betsey hat mich gleich zweimal abgerufen und aus tiefem Schlaf gerissen. Jetzt versuche ich, wach zu werden. Der erste Anruf kam von Mrs. Pollifax. Ich habe sie zu Willie geschickt...«
»Pollifax!« rief Carstairs erstaunt. »Zu Willie? Was ist passiert. Was, in aller Welt...«
»Der zweite«, unterbrach ihn Bishop,
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