Jagd auf Roter Oktober
Kontrolle über sich ergehen lassen.
»Guten Morgen, Dr. Ryan.«
»Hi, Nancy.« Ryan lächelte. Nancy Cummings war seit zwanzig Jahren hier Sekretärin, hatte acht DDIs gedient und vermutlich ein ebenso gutes Gespür für Geheimdienstangelegenheiten wie die von Politikern ernannten Herren im Büro nebenan. Das war in jeder großen Firma so – die Bosse kamen und gingen, aber eine gute Chefsekretärin hält sich ewig.
»Sie können gleich rein, Dr. Ryan.«
»Danke, Nancy.« Ryan drehte den elektronisch geschützten Türknopf und betrat das Büro des DDI.
Vizeadmiral James Greer saß zurückgelehnt in einem hohen Richtersessel und blätterte in einer Akte. Sein riesiger Mahagonischreibtisch war mit säuberlich gestapelten Kladden bedeckt, die rot gerändert und mit Codenamen beschrieben waren.
»Hi, Jack!« rief er durchs Zimmer. »Kaffee?«
»Ja, danke, Sir.«
James Greer, sechsundsechzig, Marineoffizier jenseits des Pensionsalters, hielt seine Stellung ähnlich wie einst Admiral Hyman Rickover nur dank brutaler Kompetenz. Er war ein »Mustang«; ein Mann, der als Matrose zur Marine gekommen war und sich erst die Marineakademie und dann über vierzig Jahre hinweg eine Flagge mit drei Sternen verdient hatte, erst als Kommandant von U-Booten, dann als Geheimdienstspezialist. Greer war ein anspruchsvoller Chef, aber einer, der für Leute sorgte, die ihn zufrieden stellten. Zu diesen gehörte Ryan.
Zu Nancys Kummer zog Greer es vor, sich seinen Kaffee mit der Maschine selbst zu brauen, in Reichweite seines Arbeitsplatzes. Ryan goss sich einen Marinebecher ohne Henkel ein. Auch der Kaffee schmeckte nach Marine – stark, mit einer Prise Salz.
»Was zu essen, Jack?« Greer zog einen Behälter aus einer Schreibtischschublade. »Ich hab hier was Süßes.«
»Gerne, Sir. Im Flugzeug konnte ich nicht viel zu mir nehmen.« Ryan nahm sich ein Stück und eine Papierserviette.
»Immer noch Angst vorm Fliegen?« Greer war amüsiert.
Ryan setzte sich gegenüber hin. »Langsam sollte ich mich ja dran gewöhnen. In der Concorde fühle ich mich wohler als in den Großraumjets. Da braucht man nur halb so lange zu zittern.«
»Was macht die Familie?«
»Danke, alles in Ordnung. Sally gefällt es in der ersten Klasse. Und der kleine Jack läuft schon.«
Der Admiral setzte sich auf. »Nun, was führt Sie hierher?«
»Bilder vom neuen sowjetischen Raketenboot Roter Oktober«, merkte Ryan beiläufig an.
»Oho! Und was verlangen unsere britischen Vettern dafür?«, fragte Greer misstrauisch.
»Einen Blick auf Barry Somers’ Bildauflösungsprozess. Nicht die eigentlichen Geräte, sondern vorerst das Endprodukt. Ich halte das für einen fairen Tausch, Sir.« Ryan wusste, dass der CIA kein Bild des neuen U-Bootes besaß. Es fehlte ein Agent auf der Werft in Swerodwinsk und ein zuverlässiger Mann beim Stützpunkt Polyarniji. »Wir haben zehn Photographien, Schrägaufnahmen, jeweils fünf von Bug und Heck, eine aus jeder Perspektive unentwickelt, die Somers von Grund auf bearbeiten kann. Wir haben uns zwar nicht festgelegt, Sir, aber ich sagte zu Sir Basil, Sie würden es sich durch den Kopf gehen lassen.«
Der Admiral grunzte. Sir Basil Charleston, Chef des britischen Geheimdienstes, war ein Meister des quid pro quo, der gelegentlich Quellen mit seinen reicheren Vettern teilte und einen Monat später eine Gegenleistung verlangte. Bei den Geheimdiensten ging es oft zu wie auf einem Bazar. »Für das neue System brauchen wir die Kamera, mit der die Aufnahmen gemacht wurden, Jack.«
»Ich weiß.« Ryan zog den Apparat aus der Jackentasche. »Es ist ein modifiziertes Kodak-Disk-Modell. Sir Basil meint, das sei die Spionage-Kamera der Zukunft, schön klein und flach. Diese hier war in einem Tabaksbeutel versteckt.«
»Woher wissen Sie eigentlich, dass wir die Kamera brauchen?«
»Weil Somers Laser benutzt, um –«
»Ryan!«, schnappte Greer. »Was wissen Sie davon?«
»Moment, Sir. Im Februar war ich hier bei einer Besprechung über die neuen SS-20-Stellungen an der chinesischen Grenze. Auch Somers war dabei, und Sie baten mich, ihn zum Flughafen zu fahren. Unterwegs fing er an, von der tollen neuen Idee zu schwatzen, an der er arbeitete. Viel verstanden habe ich nicht, aber es scheint, als schicke er Laserstrahlen durch die Kameralinse, um ein mathematisches Modell des Objektivs zu erstellen. Mit dessen Hilfe, nehme ich an, kann er das Bild auf dem Negativ in die – äh, Lichtstrahlen zerlegen, die es bei der Aufnahme
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