Jagd auf Roter Oktober
geschickt; eine Glanzleistung für einen jungen Kommandanten. Der Flottenkommandant honorierte sie mit einer Beförderung: Ramius bekam ein Boot der neuen Charlie-I- Klasse.
Es waren Männer wie Ramius, die die Amerikaner und Briten herauszufordern wagten. Marko gab sich nur wenigen Illusionen hin. Die Amerikaner hatten, wie er wusste, lange Erfahrung in der Seekriegführung. Die Fähigkeit ihrer U-Boot-Kommandanten war Legende, und Ramius sah sich den letzten Amerikanern mit Weltkriegserfahrung gegenüber. Doch ganz ohne Siege blieb er nicht.
Nach und nach lernte Ramius, nach amerikanischen Regeln zu spielen, und bildete seine Offiziere und Männer sorgfältig aus. Selten waren seine Männer so kompetent, wie er es sich gewünscht hätte, aber wo andere Kommandanten ihre Leute wegen ihrer Mängel verfluchten, half Marko ihnen auf die Beine. Bald war sein erstes Charlie- Boot als die »Akademie« bekannt, denn Offiziere kamen halb ausgebildet zu ihm und verließen ihn reif für eine Beförderung und später ein Kommando. Dies galt auch für die Matrosen. Schikanen und Brutalitäten ließ er nicht zu. Er sah es als seine Aufgabe an, aus Wehrpflichtigen Seeleute zu machen, und erreichte eine größere Zahl von freiwilligen Weiterverpflichtungen als jeder andere U-Boot-Kommandant. Ein ganzes Neuntel der Mitschmani auf den U-Booten der Nordflotte waren von Ramius ausgebildete Profis. Jeder Kommandant nahm nur zu gerne seine Starschini an Bord, von denen nicht wenige zur Offiziersschule gingen.
Nach achtzehn Monaten harter Arbeit und eifrigen Übens waren Marko und seine »Akademie« zu einem Katz-und-Maus-Spiel bereit.
Bei Norwegen kam er USS Triton in die Quere und hetzte das Boot zwölf Stunden lang gnadenlos. Später sollte er mit nicht geringer Zufriedenheit erfahren, dass Triton kurz darauf außer Dienst gestellt worden war, da das übergroße Boot, wie es hieß, nicht mehr in der Lage sei, es mit neueren sowjetischen Baumustern aufzunehmen. Die dieselgetriebenen U-Boote der Norweger und Briten, die ihm gelegentlich in den Weg kamen, verfolgte er rücksichtslos und ließ sie oft seine Sonar-Peitsche spüren. Einmal ortete er sogar ein amerikanisches Raketen-U-Boot und hielt fast zwei Stunden lang Kontakt, bis es wie ein Gespenst im schwarzen Wasser verschwand.
Seine Erfolge als Kommandant führten zu seiner Berufung als Dozent an die Militärakademie. Und diese Ehre, für die sein hoch gestellter Vater nicht verantwortlich war, hatte er sich aus eigener Kraft verdient.
Der Leiter der Marineabteilung stellte Marko gerne als »Testpilot unserer U-Boote« vor. Seine Vorlesungen wurden zu einer Attraktion, nicht nur für die Marineoffiziere an der Akademie, sondern auch für viele andere, die eigens kamen, um sich seine Ausführungen über U-Boot-Operationen und Seestrategie anzuhören. An den Wochenenden, die er in der Dienst-Datscha seines Vaters im Dorf Schukowa verbrachte, verfasste er Handbücher zur Bedienung von U-Booten und der Ausbildung ihrer Mannschaften und arbeitete Spezifikationen für das seiner Ansicht nach ideale Angriffs-U-Boot aus. Manche seiner unkonventionellen Vorschläge verprellten Gorschkow, seinen ehemaligen Gönner, der inzwischen Oberkommandierender der Marine geworden war – aber ungehalten gab sich der alte Admiral nicht.
Ramius schlug vor, U-Boot-Offiziere sollten über Jahre hinaus in der gleichen Klasse oder, besser noch, auf dem gleichen Boot dienen, damit sie ihr Handwerk und die Fähigkeiten ihrer Boote besser beherrschten. Fähige Kapitäne, argumentierte er, sollten nicht auf Schreibtischposten gezwungen werden. Er lobte die Praxis der Roten Armee, einen Feldkommandeur so lange auf seinem Posten zu belassen, wie er wollte, und stellte dies in betonten Gegensatz zu der bei den imperialistischen Marinen üblichen Rotationspraxis. Manche seiner Vorschläge stießen beim Oberkommando auf offene Ohren, andere aber nicht, und Ramius musste sich mit der Tatsache abfinden, dass er wohl nie Admiral werden würde. Doch das kümmerte ihn inzwischen nicht mehr. Er liebte seine U-Boote zu sehr, um sie für das Kommando über eine Schwadron oder gar eine Flotte zu verlassen.
Nach der Akademie wurde er tatsächlich zum Testpiloten der Unterseeboote. Marko Ramius, mittlerweile Kapitän Ersten Ranges, fuhr mit dem Prototyp jeder neuen Klasse aus, um ihn auf seine Stärken und Schwächen zu prüfen und Bedienungsprozeduren und Ausbildungsleitlinien zu entwickeln. Die ersten Alfas kamen in
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