Jagd auf Roter Oktober
Zehn Minuten später lag er auf seinem Feldbett und war eingeschlafen.
Roter Oktober
Alle zwei Tage sammelte der Starpom die Strahlungsdosimeter ein, und zwar im Rahmen einer allgemeinen Inspektion. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass die Stiefel jedes Besatzungsmitglieds blank poliert, die Kojen ordentlich gemacht und die Spinde vorschriftsmäßig aufgeräumt waren, nahm der stellvertretende Kommandant die zwei Tage alten Dosimeter, teilte neue aus und ermahnte die Matrosen, sich zusammenzureißen und gute Sowjetmenschen zu sein. Borodin hatte diese Prozedur perfektioniert. Auch heute dauerte die Inspektion genau zwei Stunden. Als er fertig war, trug er an der linken Hüfte einen Beutel mit alten Dosimetern und an der rechten einen leeren, der die neuen enthalten hatte. Den vollen Beutel trug er zum Schiffsarzt.
»Genosse Petrow, ich habe Ihnen etwas mitgebracht.« Borodin stellte dem Arzt den Lederbeutel auf den Schreibtisch.
»Gut.« Der Doktor lächelte zum stellvertretenden Kommandanten auf. »Unsere Männer sind so gesund, dass ich nur meine Fachzeitschriften zu lesen brauche.«
Borodin verließ den Raum, und Petrow ging an die Arbeit. Erst sortierte er die Dosimeter, die flachen, viereckigen Broschen glichen, nach ihren dreistelligen Nummern. Die erste Ziffer stand für die Serie, damit im Fall einer Strahlungsverseuchung der Zeitpunkt festgestellt werden konnte. Die zweite Ziffer zeigte, wo der Matrose arbeitete, die dritte, wo er schlief.
Der Entwicklungsprozess war einfach. Zunächst schaltete Petrow das Licht aus und eine rote Dunkelkammerleuchte an. Dann schloss er die Tür ab. Anschließend nahm er einen Filmhalter von der Wand, brach die Kunststoffkapseln der Dosimeter auf, entnahm ihnen die Filmstreifen und klemmte sie an den Filmhalter.
Petrow trug den Filmhalter ins Laboratorium nebenan und hängte ihn an den Griff eines Karteischrankes. Dann füllte er drei große Schalen mit Chemikalien. Silbernitrat kam in Schale Nummer eins, ein Fixiermittel in Schale Nummer zwei, Wasser in Nummer drei.
Petrow stellte den Kurzzeitwecker auf fünfundsiebzig Sekunden ein und tauchte die Filmstreifen in die erste Schale. Auf das Zeitsignal hin nahm er sie wieder heraus, schüttelte sie sorgfältig, senkte sie dann in die zweite Schale und stellte wieder den Wecker. Nachdem es geschellt hatte, kamen sie in Bad drei. Petrow nahm dann den Filmhalter heraus und hielt ihn gegen einen Röntgenschirm.
»Nitschewo!«, hauchte Petrow. Der Filmstreifen aus seinem Dosimeter war geschwärzt. Seine Nummer lautete 3-4-8: Serie drei, Negativ vierundfünfzig (Schiffsarzt, Kombüsensektion), Offiziersunterkünfte achtern.
Die zwei Zentimeter breiten Filmstreifen waren in Abschnitte von unterschiedlicher Strahlungsempfindlichkeit aufgeteilt. Mit Hilfe von zehn vertikal angeordneten Säulen ließ sich das Ausmaß der Bestrahlung feststellen. Petrow sah, dass sein Streifen bis zu Säule vier geschwärzt war. Bei den Männern aus dem Maschinenraum wurde Säule fünf erreicht, und bei der Torpedomannschaft, die sich nur im Bug aufhielt, lediglich Segment eins.
»Verflucht noch mal!« Die Empfindlichkeitsgrade kannte er auswendig. Dennoch schlug er im Handbuch nach. Er war zwölf rad ausgesetzt gewesen, die Ingenieure zwischen fünfzehn und fünfundzwanzig. Zwölf bis fünfundzwanzig rad in zwei Tagen, gefährlich war das noch nicht. Trotzdem … Petrow ließ die Filme im Labor zurück, ging in sein Zimmer und ans Telefon.
»Kapitän Ramius? Hier Petrow. Könnten Sie bitte einmal kommen?«
»Schon unterwegs, Doktor.«
Ramius ließ sich Zeit. Er wusste, worum es ging. Am Tag vor dem Auslaufen, als Petrow an Land den Bestand seines Medizinschranks aufgefüllt hatte, waren Borodin und er an das Röntgengerät gegangen, um die Dosimeter zu kontaminieren.
»Ja, Petrow? Was gibt’s?« Ramius machte die Tür hinter sich zu.
»Kapitän, wir haben ein Strahlungsleck.«
»Ausgeschlossen. Unsere Instrumente hätten das sofort angezeigt.«
Petrow holte die Filme aus dem Laboratorium und zeigte sie dem Kapitän. »Bitte, sehen Sie selbst.«
Ramius hielt sie ins Licht und runzelte die Stirn. »Wer weiß davon?«
»Nur Sie und ich, Kapitän.«
»Sagen Sie niemandem etwas.« Ramius machte eine Pause. »Besteht die Möglichkeit, dass die Filme – dass Sie beim Entwickeln einen Fehler machten?«
Petrow schüttelte entschieden den Kopf. »Nein, Kapitän. Nur Sie, Genosse Borodin und ich haben Zugang zu ihnen. Und wie
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