Jagd in der Tiefsee (Cryptos)
durch die Schwingtür.
Marty und sein Gegenüber wären fast aus den Latschen gekippt.
Mikrokameras, dachte Marty und ließ seinen Blick über die Decke schweifen. Winzige Kameras wie in der Libelle. Absolut unsichtbar, wenn man nicht genau weiß, wo sie sich befinden. Joe oder Roy müssen Alf angepiept und ihm berichtet haben, dass es in der Kombüse Zoff gibt.
»Nichts ist los, Mr Ikes«, sagte der Küchenchef. »Ich habe dem Jungen nur erklärt, dass er hier nicht einfach reinplatzen und uns herumscheuchen kann, nur weil er Dr. Wolfes Neffe ist. Wir haben nämlich gerade alle Hände voll zu tun die Crew zu verköstigen. Na ja, und das hat dem Bürschchen nicht gefallen und da fing er an herumzupöbeln.«
Das war eine unverfrorene Lüge, aber Marty widersprach nicht. Er war neugierig, wie weit Alfs Überwachungsmöglichkeiten gingen, und dies hier war eine gute Gelegenheit, es herauszufinden.
Alf starrte den Küchenchef an. »Wir beide, Sie und ich, Theo, wissen ganz genau, dass das nicht stimmt.«
Also heißt der Küchenheini Theo, dachte Marty. Und Alf kann bis ins letzte Detail sehen und hören, was wir an Bord treiben.
»Und ob das stimmt«, widersprach Theo. »Das Früchtchen hier denkt, ihm gehöre das Schiff. Will einen Kuchen backen, und zwar auf der Stelle. Das muss man sich mal vorstellen!« Er schoss Marty einen vernichtenden Blick zu. »Als könnte einer wie der backen. Außerdem haben wir nicht mal ’ne Backmischung an Bord. Wir haben ja abgelegt, bevor die Vorräte ankamen. Wir können von Glück sagen, wenn wir bis Neuseeland nicht alle verhungern.«
»Ich verwende keine Backmischungen«, sagte Marty. »Ich pflege meinen Kuchenteig selbst anzurühren.«
»Ja, ja, schon klar«, brummte Theo.
Marty beachtete ihn nicht weiter, sondern wandte sich Alf zu. »Ich dachte, Bertha wäre hier zuständig fürs Kochen.«
»Planänderung«, kommentierte Alf. »Bertha und Phil stoßen erst später zu uns. Sie müssen noch einige Dinge auf der Insel erledigen. In ein paar Tagen landen neue Hausangestellte auf Cryptos, ein gewisses Ehepaar Hickock und ihr Sohn Dylan. Phil und Bertha weisen sie ein, bevor sie ihnen die Insel überlassen.«
Martys Blick wanderte zurück zu Theo. »Also sind Sie, bis Bertha übernimmt, so ’ne Art provisorischer Küchenchef?«
»Und? Was dagegen?«, blaffte Theo. »Solange sie nicht hier ist, habe ich nun mal das Sagen.«
»Und ich habe nun mal einen Kuchen zu backen«, beharrte Marty. »Eine Backmischung brauche ich, wie gesagt, nicht. Und Mehl, Milch, Zucker, Eier und Butter dürften Sie ja wohl dahaben, oder?«
»Was glaubst du wohl?«, fragte Theo streitlustig.
»Schluss jetzt!«, rief Alf. »Ich will, dass Sie Marty, sobald er hier aufkreuzt, entgegenkommend behandeln.« Er machte eine kurze Pause und ließ seinen Blick über die Anwesenden schweifen. »Das gilt für alle hier. Und zwar nicht, weil Marty Travis Wolfes Neffe ist, sondern weil ich es anordne.« Er fixierte wieder Theo und senkte seine Stimme. »Und wenn Sie mich noch einmal anlügen, Theo, dann werfe ich Sie persönlich über Bord.«
Alf Ikes war nun wirklich die allerletzte Person, von der Marty Unterstützung erwartet hätte.
»Ich behalte Sie im Blick, Theo«, warnte er leise. »Marty war nicht ruppig zu Ihnen, als er hier reinkam. Und Grace ist nicht naseweis.«
Anders als Marty mochte Grace Alf Ikes und kam gut mit ihm aus, was Marty bis zu diesem Moment absolut nicht hatte nachvollziehen können.
Theo wirkte hochgradig verwirrt. Ganz offensichtlich ahnte er nichts von den Überwachungskameras, mit denen das Schiff gespickt war. Und Marty würde es ihm ganz sicher nicht auf die Nase binden.
»So, und jetzt leg los und backe deinen Kuchen«, sagte Alf, schon im Rausgehen.
Theo stieg, mit leicht zittrigen Beinen, zurück auf seinen Schemel und wies seine Leute an, sich wieder an die Arbeit zu machen. Aber sein Ton war nicht mehr annähernd so harsch wie zuvor.
Und Marty backte seinen Geburtstagskuchen – mit selbst gerührtem Teig.
Dreizehn Kerzen
Die Geburtstagsparty fand im Speiseraum des Kapitäns statt.
Wolfe, Luther, Marty und Grace saßen rund um einen großen Tisch aus Teakholz und stocherten in dem sogenannten »Festessen« herum, das Theo ihnen vorgesetzt hatte. Nur dass dieses Festessen nichts anderes war als der übliche Kantinenfraß – auf hübsches Porzellan geklatscht. Die Teller waren alle unterschiedlich bemalt, mit Kryptiden aus verschiedenen Erdteilen. Wolfe
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