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Jagd in die Leere

Jagd in die Leere

Titel: Jagd in die Leere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K.M. O'Donnell
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Nicht viele Trauben haben eine spitze Form.
    »Nein, danke«, sagte Rogers. »Ich kann nicht essen.«
    »Es ist ganz gut. Du wirst es mögen.« Das Wesen nahm einen Bissen und schluckte geistesabwesend. »Ich esse das immer. Bei jedem Anlaß.«
    »Laß es dir schmecken.«
    »Bist du gerne hier? Was stellst du mit der ganzen Zeit an, die du hast?«
    »Ich denke«, erwiderte Rogers. »Meistens.«
    »Das würde ich auch tun«, sagte das Wesen. »Aber worüber denn?«
    »Über weniger als du dir vorstellst. Was machst du an diesem Ort?«
    »Oh, ich dachte, ich komme mal rüber und sag guten Tag. Freundlich zu sein ist nichts Schlimmes. Warum sollten wir – aufgrund von Mißverständnissen – Feindseligkeiten zwischen uns wachsen lassen; das habe ich auch denen dort drüben gesagt. Deshalb sagten sie, wenn du willst, dann geh hinüber und sei freundlich.«
    »Das meine ich nicht«, sagte Rogers. »Ich meine, was machst du hier auf dieser Sonne? Oder ist es ein Planet?«
    »Oh«, sagte das Wesen gewollt herzlich. »Das ist etwas anderes. Wir warten nur, nichts weiter. Wir warten darauf, daß diese Sache geschieht.«
    »Und was soll das sein?«
    »Dasselbe, worauf auch du wartest.«
    »Ja. Aber worauf warte ich denn?«
    Das Wesen biß wieder in die Traube/Backpflaume. »Oh, dessen sind wir uns noch nicht sicher«, sagte es. »Sie haben es uns noch nicht gesagt. Aber es wird angenommen, daß es etwas Großes ist; etwas, worauf sich wirklich zu warten lohnt. Wir werden es wissen, wenn es soweit ist.«
    »Mit wem soll diese Sache geschehen?« fragte er.
    »Nun«, erwiderte das Wesen, indem es die Reste der Frucht in seine winzigen Hände einschloß und sie geschickt in einer Spalte seiner Robe unterbrachte, »man nimmt an, daß es mit dir geschehen wird. Wenn du schon mal danach fragst.«
    »Das habe ich mir gedacht.«
    »Es ist eine der Hauptattraktionen unserer Besichtigungsreise. Deshalb haben wir hier unseren ersten Aufenthalt eingelegt. Andererseits können wir hier nicht ewig warten, weißt du? Deshalb hoffe ich stark, daß es bald passiert.«
    »Wer wird es tun?«
    Das Wesen schien ein böses Gesicht zu machen. »Das wissen wir einfach nicht«, sagte es dann. »Das ist ja der ganze Schlamassel. Sie sagen einem auf diesen Besichtigungsreisen überhaupt nichts. Nachdem man für das Ticket bezahlt hat, packen sie einen und nehmen einen mit. Für einen einzelnen gibt es keine Extrawurst.«
    »Nun, und was geschieht, wenn diese Sache nicht stattfindet? Wenn alles ein übler Scherz ist? Bekommt ihr dann eine Rückvergütung?«
    »Du meinst, man könnte in uns falsche Vorstellun gen über das, was uns erwartet, geweckt haben?«
    »So ähnlich.«
    »Du meine Güte, ich hoffe nicht. Ich weiß einfach nicht. Ich glaube, wir würden es dann selbst machen müssen. Aber ich bin mir nicht sicher. Ich habe mit dem Arrangement nichts zu tun. Ich bin nur ein Verbraucher.«
    »Wer ist für diese Arrangements verantwortlich?« bohrte Rogers weiter.
    »Niemand, den du hier siehst. Es sind die Arrangeu re der Besichtigungsreise. Aber sie sind alle zu Hause.«
    »Und wo ist dieses Zuhause?« Er hielt die Frage für sehr raffiniert. »Ist es hier irgendwo in der Nähe? Oder ist es weiter draußen?«
    »Oh, nein«, sagte das Wesen. »Ich werde bestimmt nicht mit dir darüber reden. Sie haben mich gewarnt. Sie sagten, wir sollten von dir wegbleiben, weil du immer Fragen und noch mehr Fragen stellen würdest.«
    »Und was ist mit dir? Stellst du etwa keine Fragen? Wo bleibt hier die Gerechtigkeit?«
    »Aber ich habe das Recht dazu«, sagte das Wesen verdrießlich. »Ich bin auf einer Besichtigungsreise.« Es wandte sich ab. »Ich muß jetzt gehen. Wiedersehn.«
    »Du willst nicht hierbleiben?«
    »Oh, nein. Abgesehen davon, wollen sie alle wissen, wie du bist; deshalb muß ich jetzt zurück und es ihnen erzählen.«
    »Alle wollen das wissen?«
    »Wir haben Lose gezogen«, sagte das Wesen. »Ich habe verloren.« Dann schlich es auf Zehenspitzen weg von ihm.
    Danach war es für Rogers fast unmöglich, in sich den Heiligen, den Seligen, den Nachfolger des wahren Erlösers zu sehen.
    Es war schwerlich möglich, an dieser Art Anschauung festzuhalten, wenn er bloß ein Ausstellungsstück war. Dieser erschreckenden Selbstsicherheit beraubt, glaubte er im selben Augenblick, wahrhaftig verrückt geworden zu sein; sein ganzes Weltbild geriet ins Wanken, nur die Besuche erfolgten jetzt regelmäßig. Als das erste der Wesen ihn besucht hatte, war eine

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