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Jagd in die Leere

Jagd in die Leere

Titel: Jagd in die Leere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K.M. O'Donnell
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wichtige Schwelle überschritten worden; von nun an kamen sie die ganze Zeit über zu ihm; wenigstens drei oder viermal am »Tag«.
    (Rogers war trotz seines Größenwahns ein rational denkender Mensch; er versuchte, in Begriffen wie Tagen zu denken; er war dazu in der Lage, weil er jeden neuen Gefühlszustand einen »Tag« nannte, da seine Gefühlszustände ihn regelmäßig und zyklisch überkamen. Wenn sein Schmerz sich in Wut verwandelte oder seine Verachtung nacktem Schrecken Platz mach te, wußte er, daß genug Zeit vergangen war, um auf sei nem inneren Kalender eine Markierung vorzunehmen. Das war der Vorteil einer labilen Gemütsverfassung).
    Sie kamen einzeln oder in Gruppen vorbei, um mit ihm zu reden. Die Unterhaltungen glichen alle mehr oder weniger der ersten – was bedeutete, daß sie ganz schön verrückt waren –, da die Fremden scheinbar irgendeiner Anordnung zufolge nichts Wesentliches über sich selbst und das Ereignis, auf das Rogers und sie warteten, enthüllen durften. Aber sie waren einigermaßen entgegenkommend. Sie verhielten sich in der Tat recht einschmeichelnd, boten ihm immer wieder die Trauben/Backpflaumen an, bis er schließlich eine nahm und herausfand, daß sie nicht schlecht schmeckten. Der Ärger war nur der, daß er nicht in der Lage war, sie zu schlucken. Nach diesem einen Mißerfolg beschloß er, nie wieder den Versuch zu unternehmen, etwas zu essen.
    Sie schienen um Rogers’ Gesundheit besorgt, wollten, daß er in guter Kondition für eine Art Finale blieb, und er stand gleichermaßen mit ihnen allen auf gutem Fuß, was besonders angenehm war. Er konnte sich nicht erinnern, jemals Schwierigkeiten wegen irgend jemandes Protektion bekommen zu haben. Die Wesen legten ihm gegenüber überhaupt keine Feindseligkeit an den Tag, obwohl ein paar darauf anspielten, die Organisatoren der Besichtigungsreise könnten eine falsche Vorstellung über das abgegeben haben, was tatsächlich mit ihm geschehen sollte und welcher Art seine Persönlichkeit war.
    »Viel Ärger und hohe Ausgaben«, sagte einmal einer von ihnen, »für – wie es aussieht – dürftige Ergebnisse. Das läßt einen die Glaubwürdigkeit der Veranstalter in Frage stellen. Trotzdem, dir kann man kaum die Schuld in die Schuhe schieben. Für etwas, das nicht stattfindet, kann man dich nicht verantwortlich machen.« Es blinzelte, eine Geste, die das Gesicht des Wesens konzentriert erscheinen ließ und ihm unbegründeterweise Form und Haltung gab und eine Absicht beinhaltete. Sie waren nicht so schlimm, wenn man ihre persönlichen, besonderen Eigenheiten kannte. Aber sie waren willkürlich austauschbar, was jegliche Frage einer persönlichen Verbindung ausschloß. Sie sahen alle gleich aus, und auch ihre Persönlichkeiten waren nahezu die selben: lustig, schlicht im Gemüt, etwas schrullig, salbungsvoll und darauf bedacht, jede Information, die ihre Vergangenheit betraf, für sich zu behalten. Und so liefen alle diese schablonenhaften Unterhaltungen auf das gleiche Ergebnis hinaus.
    Trotzdem waren sie eine Art Gesellschaft für ihn, und das seltsame an der Sache war, daß Rogers nicht allzulange brauchte, um festzustellen, daß sie ihm gefielen. Es gab im übrigen wenig zu tun – abgesehen von seinem Fieberwahn, der sich als recht eintönig herausstellte, wenn man es genauer betrachtete –, und es überraschte ihn jetzt, wie er es geschafft hatte, auf anderem Wege mit den Dingen fertig zu werden, jetzt, wo er Gesellschaft und etwas Ablenkung hatte. Kurz gesagt, sie waren erfreuliche Kreaturen, und sie schienen ihn mindestens so zu mögen wie er sie. Er mußte ganz einfach die Einbildung überwinden, sich selbst den Heiligen und seligen Erlöser zu nennen, und auch die Angewohnheit, stark religiöse Bedeutung in Dinge hineinzuinterpretieren, nur weil er verwirrt und gekränkt war. Rogers erkannte das nun immer klarer.
    Auf jeden Fall hatte er all diesen mystischen Unsinn hinter sich. Er wurde langsam erwachsen und mit sich einig: Sein Name war Rogers, und er befand sich auf einem rauhen Flecken in einem isolierten Sektor des Universums. Er war sich nicht sicher, woher er gekommen war, was er hier zu suchen hatte und was mit ihm geschehen sollte, aber trotz alledem war er immer noch ein Mensch. Was hieß, daß er eine Art Vergangenheit hatte und ebenso eine Reihe von Zielen. Und das schlug dieses ganze gebetvolle Zeug, aus welchem Blickwinkel man es auch immer betrachtete. Das wichtigste war nun, im Brennpunkt zu bleiben; das

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