Jagdfieber

beeindruckend, das Einzige, was den Eindruck absoluter Vollkommenheit Lügen strafte, war die winzige Lücke zwischen seinen blendend weißen Schneidezähnen, die er durch sein freches Lächeln bloßlegte. Der Abstand war nicht so ausgeprägt wie bei dieser französischen Schauspielerin, deren Namen sie sich nicht merken konnte, aber auch nicht zu übersehen. Fasziniert setzte sie die Musterung fort und blieb an seinen dichtbewimperten Augen hängen. Tiefliegend, mit violetten Iriden. Nicht blau, nein, violett. Er gefiel ihr. Sehr sogar. Aber er war nun mal nicht Victor.
    Erschrocken gebot sie sich Einhalt. Soweit kam es noch, dass sie anfing, attraktive Männer abzuweisen, nur weil sie einem einzelnen hinterhertrauerte. Nichts dergleichen würde sie tun! Sie hatte sich einen attraktiven Kerl herbeigewünscht und voilà … hier stand er.
    „Sind Sie immer so schweigsam, oder ist das ein Teil Ihrer mysteriösen Persönlichkeit“, raunte der Schönling mit entwaffnendem Charme.
    Paige wollte ihm ein einladendes Lächeln schenken, ihm sozusagen den Freifahrtschein gewähren, um sie anzumachen, doch ihre Mundwinkel hoben sich nur schwerfällig. Es ging nicht. Egal, wie gutaussehend er sein mochte, bevor sie nicht die mentale Fernbedienung fand, um Victor gedanklich auszuknipsen, war es sinnlos, sich mit anderen trösten zu wollen. Jason zu vergessen war überraschend leicht gewesen, bei Victor erschien ihr das unmöglich.
    Der Fremde fing indessen ihr bedauerndes Lächeln auf, sein eigenes bekam einen kapitulierenden Zug.
    „Ich habe wohl keine Chance, bei Ihnen zu landen. Stimmt’s?“
    Das kam so trocken über seine Lippen, dass sie unwillkürlich lachen musste. Er war erfahren genug, um ihre stumme Abfuhr sportlich zu nehmen, immerhin liefen hier sicher zwei Dutzend Frauen rum, die ihn liebend gern über diese Enttäuschung hinwegtrösten würden.
    „Wollten Sie denn bei mir landen?“, neckte sie ihn in flirtendem Tonfall.
    „Ist es nicht offensichtlich, dass ich Sie überaus attraktiv finde?“, staunte er nun in gespieltem Entsetzen. „Ich muss wohl an meiner Mimik arbeiten, sonst könnten Sie sehen, wie unglaublich anziehend ich Sie finde.“
    Er war wirklich charmant, und während sie ihn so betrachtete, kam ihr ein ganz und gar egoistischer Gedanke. Wie würde Victor auf einen Mann an ihrer Seite reagieren, der selbst Brad Pitt blass aussehen ließ? Paige konnte sich lebhaft vorstellen, wie dieser Bursche mit seinen charmanten Lachfältchen und dem leicht arroganten Zug um die Lippen die ganze Londoner Damenwelt bezirzte.
    „Nun, es ist in jedem Fall sehr schmeichelhaft für mich, dass Sie mich attraktiv finden“, meinte sie.
    Auf seinem Gesicht breitete sich ein manipulatives Lächeln aus. Es war der pure Sex, und für ein paar Sekunden schaffte er es sogar, Victor aus ihrem Kopf zu verbannen. Dieser Zustand dauerte aber nur solange an, bis sie in der Menge seine beeindruckende Gestalt ausmachen konnte. Geschmeidig bewegte er sich auf ein älteres Pärchen zu, blieb vor ihnen stehen und unterhielt sich. Paige hatte einen guten Ausblick auf sein Profil, beobachtete, wie sich seine Lippen bewegten, und fühlte zu ihrem Entsetzen, dass er von Neuem sein magisches Lasso auswarf, um sie einzufangen.
    „Um ehrlich zu sein, ich finde Sie sogar ausnehmend attraktiv“, hörte sie ihr Gegenüber sagen.
    Paige blinzelte ertappt. Sie war so in Victors Anblick versunken gewesen, dass sie ihren neuen Verehrer vollkommen vergessen hatte. Er kam näher, stützte eine Faust neben ihrem Kopf an der Wand ab und sah auf sie hinunter.
    „Sind Sie wirklich sicher, dass ich keine Chancen bei Ihnen habe? Vielleicht überlegen Sie es sich noch anders.“
    Sie hatte wirklich Mühe, sich seinem magnetischen Blick zu entziehen. Allerdings fing sie sich überraschend schnell wieder und legte ihr schönstes Lächeln auf.
    „Was, wenn nicht?“, fragte sie herausfordernd.
    Er machte einen weiteren Schritt auf sie zu, bis sie zwischen ihm und der Wand gefangen war. Der Geruch, den er verströmte, war betäubend, würzig, mit einer angedeuteten süßen Note, die einfach jeden süchtig machen musste. Sein Atem streifte warm ihre Wange, als er zu sprechen begann: „Sie brechen mir das Herz, wenn Sie mir einen Korb geben, und machen damit Hunderte von Frauen unglücklich, weil Sie mich in ein frühes Grab treiben.“
    Paige lachte belustigt. Er war wirklich unmöglich! Viel zu selbstbewusst, aber dabei durchaus witzig. Eine