Jagdfieber
Schritte ertönten hinter ihrem Rücken. Schnell drehte sie sich um und versuchte, in seinem Gesicht zu lesen, was in ihm vorging, doch seine Miene ließ nach außen hin nichts von seinem Gemütszustand erkennen. Ohne ihr auch nur einen Blick zu schenken, lief er auf den kleinen Kamin zu und ging davor in die Hocke. Ihre Augen kletterten von den Sohlen seiner Reitstiefel aufwärts, direkt zu seiner nassen Reithose, die sich über seinem muskulösen Hintern spannte. Blinzelnd wandte sie den Kopf zur Seite und starrte wie blind auf den Herd. Erst als sich ihre Pulsfrequenz wieder einigermaßen normalisiert hatte, traute sie sich wieder ihn anzusehen. Sie ging unauffällig ein paar Schritte seitwärts, sodass sie sein Profil erkennen konnte, betrachtete seine konzentrierte Miene, als er ein paar dicke Holzscheite im Kamin zusammenschob und ein Feuerzeug aus der seitlich hängenden Ledertasche kramte. Neugierig beobachtete sie, wie er mithilfe von kleinen Wachskügelchen ein wärmendes Feuer entzündete. Seine Handgriffe wirkten routiniert, er machte das nicht zum ersten Mal, und sie fragte sich unwillkürlich, ob er Charlotte schon mal vor diesem Kamin geliebt hatte. Eifersucht fraß sich in ihre Eingeweide wie das Feuer in das Holz. Ihre Gedanken wurden immer düsterer, je heller und höher die Flammen im Kamin flackerten. Der dunkle Raum lichtete sich merklich, und sie zwang sich, nicht an Victor und seine Geliebte zu denken. Um wenigstens irgendetwas zu tun, trat sie näher ans Feuer heran, rieb sich die Hände und sah sich um. Übertrieben genau scannte sie ihre Umgebung. Die Einrichtung war einfach, aber zweckmäßig. Ein quaderförmiger Tisch stand in der Nähe des Fensters, flankiert von zwei einfachen Holzbänken, auf denen locker jeweils drei bis vier Personen Platz gefunden hätten. Ein altmodischer Backofen war in der anderen Ecke platziert, ein langes Rohr bog sich nach oben in den Winkel. Das Ende steckte in einer eingelassenen Lücke und führte nach außen, um den Rauch ins Freie zu befördern. Seitlich vom Herd ruhte ein Korb mit schmalen Holzstücken, die wahrscheinlich zur Befeuerung des Ofens dienen sollten. Über der winzigen Kochstelle prangte ein schmales Holzregal, darauf standen einige verschlossene Behälter, etwas tiefer befand sich leicht versetzt eine Kommode mit zwei Schubladen und zwei Klapptüren. Bestimmt wurde dort Geschirr aufbewahrt, möglicherweise auch ein paar Lebensmittel. Ihre Augen wanderten neugierig weiter, während Victor noch immer am Kamin herumhantierte. Sie betrachtete den hohen zweitürigen Schrank, der einen Großteil der Rückwand verdeckte.
„Was ist in dem Schrank?“
Victor, der gerade die Luftzufuhr im Kaminofen drosselte, sah auf und runzelte die Stirn, während er das verschlossene Möbelstück betrachtete.
„Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung“, gab er zu, erhob sich aus seiner kauernden Stellung und streckte sich zu seiner vollen Größe aus. Auf einmal kam ihr der ohnehin nicht sonderlich große Raum noch winziger vor. Victors Präsenz war einfach überwältigend, sein Geruch, verstärkt durch die Nässe seiner durchgeweichten Kleidung, hatte eine betäubende Wirkung auf sie. Er kroch ihr wabernd in die Nase, benebelte ihre Sinne. Paige atmete ihn tief ein, wollte sofort mehr davon. Verdammt, am liebsten wäre sie in ihn hineingekrochen und nie wieder rausgekommen. Dennoch gelang es ihr, sich einigermaßen zusammenzureißen.
„Du weißt nicht, was du in deinen Schränken hast?“, hakte sie nach und tat so, als wäre dies ungeheuerlich.
Er schüttelte lediglich den Kopf, ein leichtes Lächeln auf den Lippen, das ihn ungemein sexy aussehen ließ. Sie bohrte ihre Fingernägel in ihre Handflächen, um nicht nach ihm zu greifen.
„Ich bin sonst nie hier draußen“, erklärte er ruhig. „Die Hütte wird nur noch selten genutzt. Mein Verwalter sieht hier ab und an nach dem Rechten.“ Er sah sich kritisch um. „Eigentlich sollte man das Ding abreißen, aber wie du siehst, hat sich dieses kleine Holzhäuschen noch als recht nützlich erwiesen.“
Er lächelte erneut, ihre Blicke trafen sich für scheinbar endlose Sekunden, in denen sie in den Augen des anderen versanken. Paige fühlte sich wie benommen von seinem schillernden eisblauen Blick und hatte Mühe, sich aufgrund der Schwäche, die in sanften Strömen durch ihren Körper pulste, aufrecht zu halten. Er beobachtete sie ganz genau, sein Wangenmuskel zuckte unkontrolliert, während sie sich
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